Jahrelang war Hongkong für Schweizer Banken ein lukrativer Markt. Angesichts der jüngsten Turbulenzen in der asiatischen Metropole zeigen sich die Institute allerdings verängstigt.
Hongkong ist eine reiche Stadt: 500'000 Dollar-Millionäre leben in der chinesischen Sonderverwaltungs-Zone. Die wirtschaftlichen Aussichten für diese Wohlhabenden ist allerdings düster.
«Es ist die härteste Phase seit Sars», sagt einer der lokalen Tycoons gegenüber finews.ch. Die Bewohner der Stadt seien seit dem Ausbruch der lebensbedrohlichen Lungenkrankheit im Jahr 2003 nicht mehr so pessimistisch gewesen.
Sars-Boom für Banken
Damals schnappten sich diejenigen mit Geld und Mumm die besten Immobilien im Geschäftsviertel Central und im Einkaufsdistrikt Causeway Bay. Als die Epidemie vorbei war und die Preise kletterten, explodierte die Zahl frischgebackener Millionäre, um die sich wiederum die Banken stritten.
«Für Banken wie die UBS waren das Boom-Jahre», sagt ein Branchen-Veteran. Dank des Versprechens, das Geld «offshore» in Sicherheit zu bringen, sprudelten damals die Kundengelder zu den globalen Banken.
Alles ist anders
Die aktuelle Unsicherheit angesichts der anhaltenden Proteste der Bevölkerung von Hongkong gegen die Zentralregierung in Peking ist mit derjenigen im Jahr 2003 vergleichbar. Damit enden die Gemeinsamkeiten aber bereits. Die Anzahl Immobilien-Transaktionen sind um 48 Prozent gefallen, Superreiche, die Immobilien für mehr als 10 Millionen Dollar kaufen, schreiben eher eine Anzahlung ab, als einen Kauf zu riskieren.
Selbst die global tätigen Grossbanken, die in der letzten Krise zur Stelle waren, geben sich zurückhaltend.
«Die Industrie wird dieses Jahr schrumpfen. Nicht aufgrund der Marktsituation, sondern weil die Banken nicht mehr so aggressiv sind wie früher», sagt der Banker, der anonym bleiben möchte. Doch weshalb halten sich die Banken zurück, statt von der Situation zu profitieren?
Zu hoher Einsatz?
«Die Schweizer Banken haben zu viel Angst», sagt ein anderer Tycoon aus Hongkong, der die lokale Wirtschaft sehr gut kennt.
Ihre grossen Investitionen in Onshore-Lizenzen und -Plattformen in China machen die Schweizer Institute verwundbar gegenüber Peking, glaubt er. Während der Sars-Epidemie zu investieren, wurde als willkommene Unterstützung angesehen. Nun von den Protesten zu profitieren, wäre dagegen (aus chinesischer Sicht) ungehörig.
«Der Einsatz ist zu hoch», ist der einzige Kommentar, der sich einem Schweizer Banker dazu entlocken lässt.
Banken wie die UBS dominieren in Hongkong die Skyline (siehe Bild unten). Namentlich die anglo-chinesischen Institute HSBC und Standard Chartered, für die in der Region ebenfalls viel auf dem Spiel steht, versuchen mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen die Wogen zu glätten. In diesen rufen sie zu einer friedlichen Einigung zwischen der Regierung in Hongkong und den Protestierenden auf.
Ins Kreuzfeuer geraten
«Keine Bank will erneut ins Kreuzfeuer geraten», sagt ein Banker. Den Fall von HSBC muss er dabei nicht explizit erwähnen: Die Bank musste sich in China gegen den Vorwurf wehren, sie sei an der Verhaftung der Finanzchefin von Huawei in Kanada schuld, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) im Juni berichtete. Um nicht in diplomatische Schwierigkeiten geraten, verhalten sich die Banken deshalb lieber still.
«Wenn eine Familie oder ein Land entzweit sind, profitieren nur die Banken.» Diesen Spruch habe er früher gern gebracht, sagt der Tycoon zu finews.ch. «Vor allem die Schweizer Banken waren gut darin, an beiden Seiten eines Konflikts Geld zu verdienen. Diesmal weichen sie aber vor der Krise zurück, anstatt darauf zuzusteuern.»