Bedeutete der EWR-Beitritt der Auftakt für dieses Wachstum der Kundengelder?
Er war ein zentraler Meilenstein und öffnete den hiesigen Banken den Marktzugang zu Europa. Für Liechtenstein ist der EWR ein Erfolgsmodell.
Der Finanzplatz hat zuletzt verstärkt internationale Aufmerksamkeit durch die Ansiedlung von Krypto- und Blockchain-Unternehmen geweckt. Ein Blockchain-Gesetz soll den Weg zu einer «Token Economy» ebnen. Wie ist die Haltung des Bankenverbands?
Wir begrüssen die Initiative sehr. Liechtenstein nimmt mit diesem Gesetz eine internationale Vorreiterrolle ein und schafft einen Ordnungsrahmen und damit Rechtssicherheit für die sogenannte «Token-Ökonomie», was essentiell ist.
Können Sie skizzieren, was diese «Token Economy» fürs Banking bedeutet?
Grundsätzlich schafft das Gesetz den Rechtsrahmen für das neu entstehende Universum digitaler Assets – wovon die Banken letztlich ebenfalls profitieren. Damit erleichtert das Gesetz auch eine engere Kooperation zwischen der Fintech-Welt und dem traditionellen Banking.
«Sicherlich muss die Krypto-Branche in Bezug auf das Energiethema Lösungen finden»
Ich bin überzeugt, dass die beiden Bereiche immer mehr verschmelzen werden.
Gibt es nicht einen Widerspruch zwischen der Nachhaltigkeitsstrategie des Finanzplatzes und den Ambitionen im Blockchain- und Krypto-Bereich, der punkto Energiekonsum nicht sonderlich nachhaltig ist?
Sicherlich muss die Krypto-Branche in Bezug auf das Energiethema Lösungen finden, um den Ansprüchen der Nachhaltigkeit ebenso gerecht zu werden. Aber in Bezug auf die Finanzplatz-Strategie sehe ich keinen Widerspruch – und zwar aus zwei Gründen.
Die da wären?
Erstens: Das Blockchain-Gesetz zielt nicht alleine auf Kryptowährungen und digitale Assets, sondern auf die Blockchain als Basistechnologie und umfasst das gesamte Spektrum der «Token Economy». Und die Blockchain wird meiner Meinung nach einen wesentlichen Effekt auf die gesamte Wertschöpfungskette der Finanzdienstleistungsbranche haben und sie verändern.
«Die Berichte waren in Bezug auf die Reputation nicht gerade positiv»
Zweitens: Mit der zunehmenden Digitalisierung werden in der Finanzbranche deutlich transparentere Strukturen geschaffen, auch in Bezug auf Daten und deren Qualität. Dadurch werden Finanzunternehmen in Zukunft besser in der Lage sein, nachhaltige Anlagen anzubieten, da ihnen mehr, qualitativ bessere und vor allem verlässlichere Informationen zur Nachhaltigkeit zur Verfügung stehen.
Bezüglich Reputation hat Liechtenstein zuletzt wieder Schlagzeilen gemacht. Das Whistleblower-Portal «Schwarze Schafe» hat mit der Publikation von Rechtsfällen im Trustwesen in Liechtenstein hohe Aufmerksamkeit erregt. Ist das ein Rückschlag für das saubere Image?
Natürlich sind die Berichte auf dem Portal in Bezug auf die Reputation nicht gerade positiv. Bei genauerem Hinsehen sind die erwähnten drei Fälle aber alle bereits bekannt und von Gerichten beurteilt worden. Es handelt sich also um «alte» Fälle. Bei zwei davon kam es zu Verurteilungen und bei einem zu einem Freispruch.
Wichtig ist, dass wir uns dabei nicht auf den Blog fokussieren, sondern alle sich anstrengen, damit es keine Missbrauchsfälle mehr gibt. Wir alle tragen zur Reputation des Finanzplatzes bei. Der Blog hält dem Finanzplatz Liechtenstein bloss den Spiegel vor.
Simon Tribelhorn ist seit 2010 Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands (LBV). Nach seinem Studium an der Hochschule St. Gallen war der Jurist sechs Jahre in der Bankbranche tätig, zuletzt vier Jahre als Rechtskonsulent im Bereich Legal/Compliance beim Verband der Raiffeisenbanken in St. Gallen. Er ist seit Februar 2006 ist er für den LBV tätig.
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