Ich habe mal gesagt, jeder Tag ohne Kundenmeeting ist ein schlechter Tag. Ich nehme auch in meiner heutigen Funktion an vielen Kundentreffen teil. Allein im vergangenen Jahr waren es über 200. Meinem Vorsatz will ich treu bleiben.
Jüngere Leute heuern heutzutage lieber bei einem Technologieunternehmen an oder bei einem Startup. Finden Sie noch gute Leute, die ins Banking wollen?
Es ist tatsächlich nicht immer einfach, gut qualifizierte Leute zu finden. Wir stehen da voll im Wettbewerb, einerseits mit anderen Banken, Beratungsfirmen, Fintechs, Vermögensverwaltern, aber auch mit Versicherungen und Pensionskassen, die uns im Kreditgeschäft zunehmend Marktanteile streitig machen wollen.
«Nach der Finanzkrise war die Reputation der Branche effektiv ein Challenge»
Es ist auch nicht mehr so einfach, gute Mitarbeiter aus dem Ausland zu finden, vor allem aus Drittstaaten, einerseits wegen der Kontingentierung aber auch weil viele lieber zu den grossen Techfirmen gehen.
Hat das auch mit der durchzogenen Reputation der Grossbanken zu tun?
In den Jahren nach der Finanzkrise war die Reputation der Branche effektiv ein Challenge. Seit etwa 18 Monaten ist es deutlich besser, die sichtbar erfolgreiche Umsetzung unserer Strategie hilft massiv. Wir sind als Arbeitgeber sehr gefragt und erhalten jährlich rund 110'000 Bewerbungen in der ganzen Schweiz.
Anders gesagt: Die Credit Suisse beschäftigt in der Schweiz insgesamt 17'000 Personen. Wenn man von einer Fluktuation von 10 Prozent ausgeht, dann sind das 1'700 Stellen, die in einem Jahr neu besetzt werden – bei 110'000 Bewerbungen in der ganzen Schweiz.
Was macht die Attraktivität der Credit Suisse aus?
Für junge Leute, die in Richtung Wirtschaft oder Informatik gehen wollen, ist eine Ausbildung bei einer Bank nach wie vor ein solides Fundament. Wir haben bei uns in der Schweiz 1100 Ausbildungsstellen, davon über 500 Lehrstellen. Dass wir uns als Bank für Unternehmer verstehen, gilt nicht nur für unsere Kunden, sondern auch für unsere Mitarbeiter. Wir sind international, sehr unternehmerisch und gestalterisch unterwegs – man kann seine Ideen einbringen und umsetzen. Das ist es, was die Kultur der Bank ausmacht.
Mit dem überraschenden Abgang von Marco Illy, hat die Credit Suisse unlängst ein Urgestein verloren. Illy war im Investmentbanking einst sogar Ihr Chef. Nun wechselt er ausgerechnet zur Erzrivalin UBS. Wie finden Sie das?
Marco Illy hat mich tatsächlich eingestellt im Jahre 1999 und wir hatten bis am Schluss ein gutes Einvernehmen. Per Januar 2017 setzen wir um, was bereits im Jahre 2015 abgemacht wurde, nämlich dass Jens Haas die operative Führung im Schweizer Investmentbanking der Credit Suisse übernehmen würde. Marco Illy stieg gleichzeitig in die Chairman-Rolle und konzentrierte sich auf eine gewisse Anzahl von Kunden.
«Ich freue mich, demnächst mit Marco Illy im Wettbewerb zu stehen»
Es war die richtige Entscheidung, denn Jens Haas ist für mich zweifelsohne der beste Investmentbanker in der Schweiz; er ist der wahre Dealmaker der CS Schweiz. Zudem arbeitet er mit einem hoch kompetenten und sehr erfahrenen Team zusammen in den Unterbereichen M&A, ECM und DCM, deren Leiter wiederum je über 20 Jahre Erfahrung haben. Schliesslich bringen sowohl Didier Denat (Head Corporate & Investment Banking) als auch ich signifikante Investment Banking Erfahrung mit, da wir beide früher in unserer Karriere grössere europäische Investmentbanking-Teams aus London geleitet hatten.
Wenn Marco Illy demnächst zur UBS wechselt, werden wir im Wettbewerb zueinander stehen. Ich freue mich darauf.
Vor kurzem hiess es, die Credit Suisse wolle sich auch an der Konsolidierung in der Schweizer Bankbranche beteiligen. Davon hat man bis jetzt aber nicht viel gesehen.