Michael Strobaek, der Anlagechef der Credit Suisse, lässt eine Utopie neu aufleben: Das bedingungslose Grundeinkommen. Er hält dieses für tauglich, um eine Revolution zu verhindern.
Die Abstimmung über das bedingungslose Grundeinkommen hat im Sommer 2016 national wie auch international Wellen geworfen, ist dann allerdings an der Urne mit einem Nein-Anteil von 77 Prozent ziemlich klar versenkt worden.
Die Initiative hatte denn auch nicht den Hauch einer Chance. Bis auf die Grünen waren alle dagegen. Die Gegner monierten, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen völlig falsche Anreize setze und nicht zur Arbeit ansporne. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, bei dem auch die Credit Suisse Mitglied ist, bezeichnete die Initiative als «Utopie».
Alternative Guillotine
Umso mehr erstaunt es, dass sich mit Michael Strobaek nun ausgerechnet ein ranghoher Credit-Suisse-Banker diese Utopie wieder aufleben lässt. Der globale Anlagechef der Grossbank wirft sich in der aktuellen hauseigenen Publikation «Bulletin» der Credit Suisse (CS) für das bedingungslose Grundeinkommen in die Bresche.
Strobaek wählt einen drastischen geschichtlichen Vergleich. Wenn in Zukunft versäumt werde, den Millionen von Menschen zu helfen, die durch den technologischen Wandel arbeitslos würden, käme es zu einem Aufstand des Volkes «wie während der französischen Revolution, als es die Adligen zur Guillotine auf dem Place de la Concorde schleifte.»
Ob Strobaek damit meint, dass in nicht allzu ferner Zukunft das arbeitlose Volk die Profiteure der vierten industriellen Revolution aufs Schafott zerren werde, liess er offen.
Technologie schafft ein Heer an Arbeitslosen
Die Bedrohung von Millionen von Arbeitsplätzen durch technologischen Fortschritt, Automatisierung und Roboter hält Strobaek für real. Zwar würden vor allem ältere Menschen profitieren.
Doch werde grosses Problem geschaffen: Arbeitslosigkeit. «Millionen von Menschen werden ohne Arbeit sein», warnt der gebürtige Däne. Es ist dies exakt das Argument, welches damals die Grünen ins Feld führten.
Dass das Thema trotz wuchtigem Volks-Nein nach wie vor unter den Nägeln brennt zeigt ein kürzlich eingereichtes Postulat des Zürcher Gemeinderats im vergangenen November. Demnach soll ein Pilotversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen durchgeführt werden.
Schweiz, wenig kinderfreundlich
Strobaek macht in dem lesenswerten Interview eine Art «Tour d'Horizon» durch die gesellschaftlichen Probleme, welche sich aufgrund der demografischen Entwicklung und der Finanzierungslücken in der Vorsorge ergeben.
Er sieht die Existenzsicherung durch die immer älter werdende Gesellschaft in Kombination mit der tiefen Geburtenrate gefährdet. Als die AHV 1948 eingeführt worden sei, seien sechs Arbeitnehmer auf einen Pensionär gekommen, rechnet der CS-Investmentchef vor. «In dreissig Jahren wird das Verhältnis noch zwei zu eins sein».
Lösung: Investieren
Im Rundumschlag kritisiert Stroebak die Schweiz zudem scharf bezüglich Unvereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies sei in der Schweizer Politik ein Tabu-Thema, so der Vater dreier Kinder. Als Däne kennt er ganz andere Verhältnisse der Schulsysteme und staatlichen Kinderbetreuung.
Lösungsansätze hat Strobaek allerdings nur lückenhaft. Bildung sei das Mittel, um drohender Arbeitslosigkeit zu entgehen. Seinen Kindern rät er Mandarin zu lernen, da «der Westen nicht mehr viel länger die einflussreichste Macht bleiben wird». Und gegen das Problem der Finanzierungslücken in der Vorsorge? «Investieren», so Strobaek und ist damit wieder auf bekanntem Bankenterrain. «So viel wie möglich».