Das in Zürich ansässige Fintech Centralway Numbrs von Martin Saidler baut ein Drittel aller Arbeitsplätze ab oder verlagert sie, wie Recherchen von finews.ch ergeben haben.
Mit erheblichem persönlichem finanziellen Einsatz und beachtlichem Erfolg bei Investoren hat der Internetunternehmer Martin Saidler in Zürich das Fintech Centralway Numbrs aufgebaut. Dabei handelt es sich um eine globale Vertriebsplattform für Bankprodukte, eine Art Supermarkt für Bankkunden im Retailsegment, die vom Kredit über die Autoversicherung bis zum Fondsprodukt alles anbietet.
«Wir haben hier ein Schweizer Technologieunternehmen mit bislang 150 hoch qualifizierten Angestellten aufgebaut», sagte Saidler noch zu Beginn dieses Jahres in einem Interview mit finews.ch.
Rund 40 Angestellte entlassen
Wie Recherchen von finews.ch nun ergeben haben, sind es künftig nur noch rund 100 Mitarbeiter. Denn in der letzten Maiwoche hat Centralway Numbrs unvermittelt rund 50 Angestellte entlassen. Betroffen sind insbesondere Programmierer und weiteres technisches Personal. Den Ausschlag für die Entlassungen geben die hohen Entwicklungs- und Personalkosten, die sich Monat für Monat aufsummieren.
Gleichzeitig erzielt Centralway Numbrs mit seiner Banking-App und der Plattform noch keine nennenswerten Erträge. Das Fintech will nun Kosten einsparen, indem es Jobs in Zürich abbaut oder diese verlagert.
Dezentrale Arbeitsplätze
Dies entspricht einem genrellen Trend auf dem Zürcher Finanzplatz, verlagert doch etwa auch die Grossbank UBS zahlreiche Dienstleistungsjobs weg von der drittteuersten Stadt der Welt.
Centralway Numbrs sieht den Abbau als eine Neustrukturierung des Unternehmens. Die Arbeitsplätze werden in Zürich zwar abgebaut. Doch gleichzeitig will das Unternehmen weiterhin Programmierer in aller Welt anstellen, die dann von zu Hause aus arbeiten – als so genannte «remote workers», wie das Unternehmen gegenüber finews.ch erklärte.
Centralway Numbrs bestätigte gegenüber finews.ch den Stellenabbau und erklärte, die Umstrukturierung stünde auch im Zusammenhang mit der Schwierigkeit des Unternehmens, Personal aus Nicht-EU-Ländern zu rekrutieren, da Arbeitsbewilligungen beschränkt seien. Ausserdem stehe Centralway Numbrs in direkter Konkurrenz zu Google und IBM, die ebenfalls ihre Firmensitze in Zürich hätten.
Neuer CEO muss sparen
Die Folgen in Zürich sind hart. Denn der Stellenabbau betrifft gemäss den Recherchen auch Personal, das erst vor kurzem aus dem Ausland hierher gezogen ist. Laut Unternehmen sind die Behörden über den Stellenabbau informiert worden.
Seit vergangenem März hat Centralway Numbrs mit Oyvind Oanes einen neuen CEO (Bild unten). Saidler gab die operative Führung ab, um sich künftig vermehrt strategischen Belangen und der Weiterentwicklung der Plattform zu widmen.
Die finanzielle Situation beim Fintech, dessen App nach wie vor erst in Deutschland erhältlich ist, hat Oanes offenbar nun zu dieser Sparmassnahmen bewogen.
Von Ackermann über Ospel zu Cohen
Das Unternehmen hatte zu Beginn dieses Jahres mit dem Staatsfonds von Dubai einen neuen potenten Investoren an Bord geholt und das Investitionskapital auf 125 Millionen Dollar erhöht. Unter den weiteren Centralway-Geldgebern figurieren so prominente Personen oder Institutionen wie die ehemaligen Grossbanker Marcel Ospel und Josef Ackermann, der Privatbankier Pierre Mirabaud, die Privatbank Lombard Odier sowie der Private-Equity-Investor Sir Ronald Cohen.
Saidler hält gemäss eigenen Angaben nach wie vor rund 70 Prozent der Aktien, womit das Fintech theoretisch eine Marktbewertung von annähernd einer Milliarde Dollar hätte und ein «Unicorn» wäre.
Keine Billiglohnbezüger
Doch offenbar schwinden die Mittel: Vier Jahre lang hat Saidler App und Plattform entwickelt, ohne einen Rappen damit zu verdienen. In dieser Zeit ist das Unternehmen zu einem KMU mit topmodernen Räumlichkeiten und hochqualifizierten Arbeitskräften aus aller Welt gewachsen; vor allem mit Ingenieuren und Programmierern, die nicht zu den Billiglohnkräften gehören.
Als Hauptaktionär hat der gebürtige Österreicher Saidler dabei einen guten Teil der Investitionen aus der eigenen Tasche finanziert. Aber offenbar sind auch die Möglichkeiten eines Internetmillionärs begrenzt. Kommt dazu, dass die übrigen Investoren regelmässig Rechenschaft über die Entwicklung ihres Investments verlangen und nach einigen Jahren auch Resultate sehen wollen.
Erst drei Partnerbanken
Centralway Numbrs hat sich erst dieses Jahr erste Ertragsquellen erschlossen: Mit der Postbank, der Norisbank sowie der SWK Bank bieten drei deutsche Finanzinstitute erste Produkte auf der Plattform an. Das ist für die angestrebte Monetarisierung der Plattform noch nicht der Durchbruch.
Das Unternehmen wird noch Jahre für den Kundenaufbau und die Internationalisierung brauchen, um die Milliarden-Unternehmensbewertung zu rechtfertigen und den Investoren ihr Kapital mit entsprechender Rendite zurückzahlen zu können.