Der Fall um die verspekulierten Millionen des ehemaligen georgischen Premierministers Bidjina Ivanishvili wird immer verworrener – und für die Credit Suisse immer unangenehmer.
Anfänglich war von 100 Millionen Dollar die Rede – mittlerweile spricht der georgische Ölmilliardär und ehemalige Premier der einstigen Sowjetrepubik Georgien Bidzina Ivanishvili von weit mehr Geld, das er als Kunde der Credit Suisse verloren haben soll – und immer energischer zurückfordert.
Tatsache ist auch: Tiflis, die Hauptstadt Georgiens, ist weit weg von den Teppichetagen der Credit Suisse am Paradeplatz – und die Sitten und Bräuche sind entsprechend unterschiedlich.
Ivanishvili (im Bild oben in der Mitte) spricht gerne Klartex. «Ich war Banker in Russland und hatte Sympathien für die Credit Suisse,» erklärte er unlängst an einer Pressekonferenz in Tiflis, wie auch die Webseite «Democracy & Freedom Watch» berichtet. «Aber ich kann der Bank ernsthaften Schaden zufügen, wenn wir über die ganze Angelegenheit sprechen.»
Neue Front im Osten?
Banker, Russland und Schaden – das sind Wörter, die der Schweizer Grossbank dieser Tage besonders wenig Freude bereiten dürften. Dann angesichts der diversen anderen Baustellen im Konzern kann es sich die CS nicht leisten, im Osten noch eine neue Front zu eröffnen.
Der Fall an sich ist nicht neu: Ende Januar 2016 wurde in Genf ein Kundenberater der Credit Suisse verhaftet, wie auch finews.ch berichtete. Der Mitarbeiter – von dem sich die Bank in der Zwischenzeit getrennt hat – betreute unter anderem Gelder von Ivanishvili und soll mit seinen Fehlspekulationen einen Verlust von gegen 100 Millionen Franken erlitten haben.
Neue Dimensionen
Anfang Mai dann weitete die Staatsanwaltschaft in Genf ihre Ermittlungen auf drei weitere ehemalige Angestellte der CS aus, unter anderem wegen des Verdachts auf Geldwäscherei.
Neu ist nun aber die Dimension des Schadens, den Ivanishvili erleidet haben soll. In den Unterlagen schreiben seine Anwälte, dass er auf Grund des Missmanagements der Bank und ihrer Angestellten einen Schaden von 554 Millionen Dollar erlitten haben soll, also fünfeinhalb Mal mehr als bisher bekannt war.
Klagewelle rollt
Laut weiteren Angaben hat er auf den Bermudas gegen die Credit Suisse Life (Bermuda) und die CS in Genf eine Klage eingereicht. In einer zweiten Klage, auf den British Virgin Islands, verlangt Ivanishvili zudem von den Direktoren der Meadowsweet Assets die Eröffnung von rechtlichen Schritten gegen die Credit Suisse und ihre Tochter auf den Bermudas.
Gemäss Informationen georgischer Journalisten hatte Ivanishvili im Jahr 2011 rund 480 Millionen Dollar in Meadowsweet, einem Offshore-Fonds, investiert. Diesen kontrolliert indirekt eine Firma, die wiederum Ivanishvili gehört.
Kampfansage an die Credit Suisse
Ivanishvili ist überzeugt, dass er zu seine Recht kommen wird: «Ich habe dieses Geld nicht verloren. Die Bank hat es verloren. Das Geld ist von meinem Konto verschwunden, und die Bank muss es mir ersetzen. Meine Anwälte arbeiten daran. Ich bin nicht besorgt, da die Credit Suisse für den Fehler verantwortlich ist», gibt er sich kämpferisch.
Auf Anfrage von finews.ch betonte eine CS-Sprecherin, dass Ivanishvili – als einstiger Banker – in Finanzangelegenheit durchaus erfahren sei und sehr wohl gewusst habe, was seine Bevollmächtigten taten.
«Der Kunde verfügte über umfassende Erfahrung und über umfangreiches Fachwissen im Finanzbereich. Er kannte sich mit einer breiten Palette von Investitionsaktivitäten und den damit verbundenen Risiken ausgezeichnet aus», so die Sprecherin. Seinem Anlageprofil zufolge sei Ivanishvili auch bereit gewesen, Risiken einzugehen.
Strafbare Handlungen
Wie schon früher gemeldet, kooperiert die CS vollumfänglich mit der Genfer Staatsanwaltschaft. Die Schweizer Grossbank bestätigte überdies, dass der ehemalige Kundenberater gegen interne Vorschriften und Schweizer Recht verstossen, und dass er strafbare Handlungen begangen habe, um das Kontrollsystem der Bank zu täuschen.