Den Konkurrenzkampf um die schweizerische Standardlösung für mobiles Bezahlen hat Twint für sich entschieden – an sich eine logische Folge der bisherigen Entwicklung auf dem Markt. Nun geht es gegen Apple Pay.
Twint werde der Schweizer Standard für mobiles Bezahlen, hatte CEO Thierry Kneissler Ende 2015 selbstbewusst erklärt. Paymit werde der Schweizer Standard für mobiles Bezahlen, hatte Urs Rüegsegger, CEO der SIX Group, wenige Monate zuvor erklärt.
Gewonnen haben nun die Nutzer und Händler. Denn Twint ist bereits an Tausenden von Kassen in der Schweiz als Terminal installiert wie auch im Schweizer E-Commerce etabliert.
Längeres Powerplay vermieden
Paymit ist bei den Nutzern zwar mindestens so beliebt, bietet hingegen bislang erst die Peer-to-Peer-Bezahllösung. Doch es scheint, als ob mit der Lösung ein längeres Powerplay zwischen den beteiligten Banken zugunsten der Detailhändler vermieden worden ist.
Mit UBS, Raiffeisen und Zürcher Kantonalbank sowie der SIX auf der Paymit-Seite und Postfinance, Valiant und mehreren Kantonalbanken auf der Twint-Seite war ein längeres Seilziehen um die dominante Lösung absehbar gewesen – auch nachdem sich die Partner im März dazu durchgerungen hatten, einen gemeinsamen Weg zu beschreiten.
Credit Suisse schaltete sich ein
Beide Seiten haben bereits Millionen in die Entwicklung ihrer jeweiligen Lösung gesteckt. Dass Coop und Migros Twint favorisieren scheint klar: Das Terminal steht bereits und ein weiteres an jeder Kasse wäre schwer praktikabel und wenig nutzerfreundlich.
Dass sich auch die Credit Suisse, die zuvor keine der beiden Lösungen favorisiert hatte, mit eingeschaltet hat, zeigt, dass Twint nun den Rückhalt hat, den es brauchen wird.
Dominieren werden wohl andere
Denn es ist klar: Mobiles und kontaktloses Bezahlen wird stark aufkommen. Und dominiert wird dieses nicht von Banken und ihren Apps. Sondern von den Betreibern mobiler Betriebssysteme und Smartphone-Riesen: Also Apple, Google und Samsung.
Android-Pay hat diesen Monat seinen Start in Europa angekündigt, Apple Pay steht in der Schweiz in den Startlöchern. Die Zeit hat also gedrängt, die Kräfte auf Schweizer Boden zu vereinen. Mit einer bereits etablierten Lösung wie Twint, sinkt die Gefahr der Banken, im Bereich Zahlungstransaktionen eine Kundenschnittstelle zu verlieren.
Die fünf Grossen sind dabei
Gegründet wird ein eigenes Unternehmen namens Twint, das den bisherigen CEO Thierry Kneissler behält. Beteiligt sind die fünf grössten Banken sowie die SIX. Swisscom ist strategischer Partner. Der Verwaltungsrat wird von Jürg Weber präsidiert, der bei der SIX die Division Payment leitet.
Das neue Unternehmen wird in Zürich angesiedelt sein, wahrscheinlich bei der SIX, wo Paymit bislang zu Hause war. Was mit dem Twint-Personal in Bern geschieht, ist noch nicht klar. Doch sei ein Stellenabbau derzeit kein Thema, hiess es.
Umfassendes Rebranding
Vorgesehen ist, dass beide Systeme bis Herbst 2016 auf eine gemeinsame Plattform migrieren. Für die bisherigen Nutzer beider Apps ändert sich nichts. Die Banken können, wie bisher mit Paymit, ihre eigene Applikation im Co-Branding herausgeben. A propos Branding: Die neue Twint-App wird völlig neu gestaltet, das Twint-Grün wird also verschwinden.