Die Zeiten der exorbitanten Löhne für Bankenchefs sind offenbar vorbei – wobei das Niveau teilweise noch immer in abgehobenen Sphären schwebt. Das wird sich gemäss Salärexperten ändern. Aktionäre und Öffentlichkeit machen immer mehr Druck.
Die globalen Skandale um die Manipulation des Libor-Zinssatzes und der Devisenmärkte durch Handelsabteilungen von Grossbanken haben es gezeigt: Ein CEO mag noch so brilliant sein, er kann krasses Fehlverhalten auch nicht verhindern.
Trotzdem haben nicht viele Banken-Chefs die Konsequenzen gezogen, persönlich Verantwortung übernommen oder deshalb Lohneinbussen in Kauf genommen. «Dabei ist der CEO für die gesamte Kultur in der Organisation verantwortlich», sagte Jon Terry, globaler Chef für Human Resources für Finanzfirmen beim Beratungsunternehmen PwC, gegenüber dem Researchunternehmen SNL Financial Data.
Wann haben Aktionäre genug?
Terry stellt zwar einen allgemeinen Trend zu höherer Lohntransparenz und grösserer Sensibilität im Aktionariat in Bezug auf Cheflöhne fest. Doch zahlreiche Grossbanken würden immer noch ungenügende Renditen zur Deckung ihrer Kapitalkosten erwirtschaften.
«Dabei sind die Lohnkosten insgesamt noch immer sehr hoch», so Terry. «Ich warte noch immer darauf, dass Aktionäre genug haben und ihre Aktien abstossen.»
Durchschnittliche CEO-Löhne in Europas grössten Banken
(ohne Credit Suisse und UBS)
Der Irrglaube an die Brillianz eines Chefs
Luke Hildyard vom Londoner Think Tank High Pay Centre stellte fest, dass um manche Banken-CEO immer noch ein Kult veranstaltet werde. Dem CEO, seinen Fähigkeiten und seinem Einfluss auf das operative Geschäft werde ein zu hoher Einfluss zugemutet.
«Es gibt diesen Irrglauben, es sei die Brillianz eines CEO, dass er die gesamte Organisation voranbringen könne», so Hildyard zu SNL. Dabei zeige sich, dass viele Chefs bei Skandalen die Kontrolle über «ihr Geschäft» gar nicht hätten. «Sie sind keine Götter, werden aber als solche bezahlt», stellt Hildyard fest.
Im Vergleich: Gewinne, CEO-Löhne und Dividendenrendite 2014
Die von SNL erhobenen Daten zu den CEO-Löhnen und der Bankperformence (von finews.ch mit den entsprechenden Daten für die Credit Suisse und die UBS ergänzt) zeigen ein höchst unterschiedliches Bild.
Auffällig ist aus Schweizer Sicht: Brady Dougan, bis Mitte 2015 noch CS-Chef, und UBS-CEO Sergio Ermotti, gehören zu den Spitzenverdienern in Europa, während die Gewinnkraft der beiden Banken eher durchschnittlich ist.
Grosse Diskrepanzen
Das ist allerdings kein Vergleich zu Antonio Horta-Osorio: Der Lloyds-Chef kassierte letztes Jahr über 17 Millionen Franken, während die Bank noch immer im Teilbesitz des Staates ist. Auch Ross McEwan, Chef der teilverstaatlichten RBS, bezog einen deutlich höheren Lohn als beispielsweise der Chef der privaten französischen Groupe BPCE. Diese erwirtschaftete allerdings einen Gewinn von 4 Milliarden Franken, RBS erlitt einen Verlust in gleicher Höhe.
Offenbar hätten Lloyds und RBS bei ihren Lohnberechnungen auch nicht-finanzielle Faktoren berücksichtigt, sagt PwC-Experte Terry, beispielsweise die Fortschritte bei den Restrukturierungen.
Anhaltender Aktionärsdruck
Gegenüber der Öffentlichkeit und dem Aktionariat sind solche Kompensationskriterien zwar schwerer zu vermitteln. Doch sei es eben gerade der Druck von Investoren gewesen, der die Veränderungen in den Salärstrukturen durchgesetzt habe. Terry nennt als Beispiel die längeren Halteperioden für Aktien-Boni oder auch die «Claw-back»-Klausel, bei der Teile eines Salärpakets bei schlechter Performance wieder eingezogen werden können.
Eine Lohn-Studie von PwC zeigte zudem, dass immer mehr der grössten Unternehmen Grossbritanniens die Saläre ihrer CEO auf einem bestimmten Niveau eingefroren haben. Im Jahr 2014 waren es schon 36 Prozent, nach 25 Prozent im Vorjahr.
PwC machte die Prognose, dass der Druck von Aktionären auf die Unternehmen und vor allem Banken weiter anhalten noch mehr Lohntransparenz eingefordert werde.