Die Aussichten in der Schweizer Finanzbranche lösen beileibe keine Begeisterungsstürme aus. Doch viele Banken könnten ihre Chancen besser nutzen.

Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat zusammen mit der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) eine neue Studie zum Schweizer Bankenplatz und seinen Zukunftsperspektiven publiziert – es ist im Prinzip dieselbe Studie, wie sie bereits 2011 erstellt worden war. Immerhin haben sich die Perspektiven in den vergangenen drei Jahren etwas verbessert.

Konkret: Die Autoren gehen davon aus, dass sich bis 2018 die Bruttoerträge vom gegenwärtigen Niveau von 54,4 Milliarden Franken jährlich um 2,5 Prozent erhöhen werden. Von 2010 bis 2013 belief sich das Wachstum auf nur 1,1 Prozent pro Jahr.

Alles hängt am Private Banking

Die Stärken und Herausforderungen sind hinlänglich bekannt: Das Private Banking ist und bleibt Stütze des Finanzplatzes, das Privat- und Firmenkundengeschäft ist solid. Regulierung, der internationale Marktzugang und der Standortwettbewerb werden die Banken anhaltend fordern – soweit alles wenig überraschend.

Die Studienverfasser haben aber «substanzielle Zusatzopportunitäten» ausgemacht, die von Banken bislang ungenutzt oder zu wenig ausgeschöpft werden. Diese Opportunitäten könnten die Bruttoerträge kumuliert um jährlich rund 3,5 Milliarden Franken erhöhen – das wären 6,5 Prozent mehr. Das sind diese Opportunitäten:

Private Banking, UHNWI-Segment: 750 Millionen Franken
Die Studie empfiehlt den Banken, die Kundenoffensive im Segment der äusserst vermögenden Kunden durch Bündelung von Produkt-Know-how und -Expertise sowie durch ein verbessertes Leistungsangebot und dezidierte Betreuungsmodelle «lückenlos aufzugreifen». Dabei sei ein Zusammespiel mit dem Firmenkundengeschäft und dem Investmentbanking anzustreben – um ein besseres Cross-Selling zu erreichen.

Private Banking, Wealth Planning: 130 Millionen Franken
Banken sollten ihre Beratungskompetenz und ihr Leistungsangebot rund um Themen wie Nachfolgeplanung, Erbschaft und Sicherstellung des eigenen Lebensstandards ausbauen. Dadurch könnten Banken eine höhere Marktdurchdringung realisieren.

Private Banking, Schwellenländer: 590 Millionen Franken
In den Schwellenländern liegt das Wachstum. Doch müsse die Schweiz als Offshore-Bankenplatz ihre Stärken besser ausspielen und eine dezidierte Strategie verfolgen, welche sich auf Schwellenländer ausrichte.

Private Banking, unabhängige Vermögensverwalter: 220 Millionen Franken
Banken könnten ihr regulatorisches Know-how den unabhängigen Vermögensverwaltern andienen – insbesondere im Lichte der verschärften Aufsicht.

Private Banking, Digitalisierung: 360 Millionen Franken
Klassische Kundenbedienungsmodelle müssten durch digitale Technologien ergänzt werden. Informationen zu Portfolioentwicklung und Anlagevorschlägen würden zu Ertragssteigerungen führen. Kundenbedürfnisse könnten schneller und genauer analysiert werden.

Privatkundengeschäft, Vertriebskanäle und Vermögensplanung: 370 Millionen Franken
In diesem Kontext müssten alternative Vertriebskanäle integriert werden. Weiterhin müsste neben den klassischen Bankdienstleistungen verstärkt die Vorsorgeplanung angeboten werden.

Firmenkundengeschäft, Auslandsaktivitäten und Rohstoffhandel: 480 Millionen Franken
Schweizer Untenrehmen, insbesondere im KMU-Bereich, müssten bei ihren Auslandaktivitäten ganzheitlich begleitet werden: Bei Finanzierungen in anderen Währungen, Liquiditätsbündelung und Finanzmanagement sowie Garantien.

Sodann könnten in der Finanzierung des internationalen Rohstoffhandels noch immer Marktanteile gewonnen werden. Allerdings sei dieses Geschäft nicht mehr ganz so attraktiv, da die Eigenkapitalanfoderungen sich tendenziell verschlechtert hätten.

Asset Management, Investment Management und institutionelle Kunden aus dem Ausland: 450 Millionen Franken
Obwohl die vor zwei Jahren lancierte Asset-Management-Initiative der Bankiervereinigung und der SFAMA noch wenig Erfolg zeitigt, halten die Autoren an ihrer Prognose fest: Die Initiative könnte neue Asset Manager in die Schweiz bringen und eine stärkere Abdeckung der Investment-Kompetenz hierzulande ermöglichen. 

 

Investmentbanking, engere Einbindung: 160 Millionen Franken
Auch eine Investmentbank würde von einer Verzahnung mit dem Firmenkundengeschäft profitieren. Zusätzlich müsste die Attraktivität der Kapitalmarktfinanzierung erhöht werden, etwa mit der Abschaffung der Stempelsteuer oder mit Anpassungen bei der Verrechnungssteuer.

Regulierung bleibt das Schreckgespenst

Diese nicht genutzten Opportunitäten könnten in der Zukunft noch grössere Relevanz erlangen, sind die Autoren überzeugt. Nämlich dann, wenn die Anforderungen an das Bankengeschäft weiter zunehmen respektive die Kosten erhöhen. Und diese Mehrkosten werden voraussichtlich substanziell ausfallen:

  • Eigenmittelverordnung: Der Verband Schweizerischer Kantonalbanken schätzt die Umstellungskosten auf 50 bis 100 Millionen Franken.
  • Fidleg, Kundenschutz: Hier gehen die Schätzungen der Kosten weit auseinander. Professor Martin Janssen schätzte die jährlichen Kosten von Fidleg auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziehungsweise die Hälfte der Bankgewinne, also rund 5 bis 6 Milliarden Franken.
  • MiFID: Es existieren Schätzungen zu den Umsetzungskosten von MiFID in der EU, die, auf die Schweiz angewendet, jährlichen Kosten zwischen 45 und 980 Millionen Frankenentsprechen würden.
  • Steuern: Die Umsetzungskosten von Fatca sowie des OECD-Standards zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) werden von der Bankiervereinigung auf 200 bis 300 Millionen respektive 300 bis 600 Millionen Franken geschätzt.