Der Finanzmarktökonom lässt in einem Gutachten am geplanten Fidleg kein gutes Haar. Es werde den Finanzplatz lähmen und jährlich Milliardenkosten verursachen. Das EFD kontert sofort.
«So stehe ich hier und sage: Nicht so!» Martin Janssen (Bild), Leiter der Ecofin-Gruppe und emertierter Professor für Finanzmarktökonomie, ist ein Mann der klaren Worte. An einer Tagung zum geplanten Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg), die von der Vereinigung der Assetmanagement- und Vermögensverwaltungsbanken (VAV) und dem Beratungsunternehmen zeb/ organisiert wurde, präsentierte Janssen ein Gutachten zum Fidleg, das zurzeit in der Vernehmlassung ist.
Er zerriss es quasi in der Luft. Das über 50-seitige Gutachten, das die ökonomischen Aspekte des Gesetzes beleuchtet, mündet in einer ganzen Anzahl von Schlussfolgerungen, zu denen Janssen zusammenfassend sagte: «Fidleg bestätigt alle Vorurteile gegenüber dem Staat.»
Kosten: Hälfte aller Bankgewinne
Zunächst laufe es marktwirtschaftlichen Prinzipien entgegen, in dem es die Souveränität von Bankkunden und von den Banken selber einschränke. Es werde zu einem riesigen Administrationsaufwand führen und, so Janssen, «den Finanzplatz auf Jahre hinaus stilllegen».
Dann rechnete er vor, dass die Kosten des Gesetzes sich jährlich auf mehrere Milliarden Franken belaufen würden. «Wir sprechen hier von der Hälfte aller Bankegewinne», so Janssen.
Wobei diese Kosten nicht von den Banken, sondern von den Bankkunden getragen werden müssten, denn ihnen würde ein erheblicher Teil des Realzinses «weggenommen».
Keine Garantie für EU-Marktzutritt
Janssen schätzt den Einfluss der Kosten auf 1 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts. Den Schaden hätten die Konsumenten und die kleinen inlandorientierten Banken. «Darum sind die Grossbanken ja auch für Fidleg».
Der Ecofin-Leiter zeigte sich zudem davon überzeugt, dass mit Fidleg der Marktzutritt in die EU so nicht erreicht werde. Stattdessen sollten Banken, die einen EU-Marktzutritt wollten, gleich MiFID II übernehmen können.
Einzige Lösung: «Versenken»
Er hielt dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) zwar zu Gute, dass es bei der Ausarbeitung von Fidleg den Finger zu recht auf wunde Punkte gelegt habe, nämlich den Kundenschutz. Aber in der vorliegenden Form gebe es nur eine Antwort auf den Vernehmlassungsvorschlag: «Versenken.»
Zerknirscht von Janssens Rundumschlag an der Tagung zeigte sich Daniel Roth, der Leiter des Rechtsdienstes im EFD. Er betrat gleich anschliessend das Rednerpult. Eine ganze Anzahl von Janssens Feststellungen im Gutachten seien schlicht falsch, konterte er.
Fidleg kein Gleichmachergesetz
So sei, entgegen Janssens Behauptung, Fidleg ein notwendiger Schritt für den EU-Marktzutritt. Dieser sei unter MiFID II nur möglich, wenn im Heimatstaat gleichwertige Regeln vorlägen. Falsch sei auch, dass Fidleg den Wettbewerb behindere. Das Gesetz sei dafür da, Rechtssicherheit zu gewährleisten und orientiere sich an sachlichen Gesichtspunkten.
Gleich doppelt falsch sei Janssens Folgerung, Fidleg sei ein Gleichmachergesetz, weshalb es die grossen Banken bevorzuge. Roth führte aus, dass Fidleg durchaus zwischen den einzelnen Finanzdienstleistern differenziere, was die Anforderungen an die Aufsicht beträfen.
Möglicherweise ab 2017 in Kraft
Roth wehrte sich auch gegen den Vorwurf, dass Fidleg sich in das Geschäftsmodell der Finanzdienstleister einmische und Kunden von gewissen Dienstleistungen ausschliesse. Fidleg stelle keine Verbote auf, sondern erhöhe die Transparenz.
Die Vernehmlassung zum Fidleg dauert noch bis 17. Oktober. Gemäss Fahrplan soll es spätestens Ende 2015 vom Parlament verabschiedet werden. 2017 würde Fidleg dann in Kraft treten.