Das vergangene Geschäftsjahr ist für PWC so gut ausgefallen, dass sich die Beratungsfirma in der Schweiz nun in der Spitzenposition sieht. Dabei hat die Finanzbranche eine wichtige Rolle gespielt, sagt Managing Partner Gustav Baldinger zu finews.ch.
Digitale Transformation, Konsolidierung, Regulation – was vielen Firmenchefs Kopfzerbrechen bereitet, erweist sich für Berater als ein höchst fruchtbares Umfeld. Das lässt sich bei der «Big Four»-Beratungsfirma Pricewaterhouse Coopers (PWC) Schweiz beobachten: Dort kletterte der Bruttoumsatz in der Sparte Beratung zum Vorjahr um ganze 30 Prozent, wie sich dem Jahresergebnis per Ende vergangenen Juni entnehmen lässt.
Architekt des Wachstums
In der Wirtschaftsprüfung legte die Kennzahl zum Vorjahr um 10 Prozent zu, in der Steuer- und Rechtsberatung immerhin um 6 Prozent. Vor diesem Hintergrund kam der Brutto-Dienstleistungsertrag ennet der Milliardengrenze bei 1'109 Millionen Franken zuliegen; das Resultat liegt finews.ch vor.
«Es gab mehrere Treiber», blickt Gustav Baldinger (Bild unten) auf die vergangenen Monate zurück. Der Managing Partner und Leiter Wirtschaftsberatung bei PWC Schweiz gilt als Architekt der jüngsten Erfolge der Beratungsparte. Aus seiner Warte entwickelte sich nicht nur das gesamtwirtschaftliche Wachstum generell positiv; zusätzlich hätten viele Unternehmen in die digitale Transformation und Technologie investiert, insbesondere in die Cloud.
(Bild: PWC)
Gedränge an der Spitze
Darüber hinaus sei das Transaktionsgeschäft erstaunlich stark gewesen – und nicht zuletzt habe die Firma viele Aufträge ausführen dürfen, die auf regulatorische Treiber zurückzuführen waren.
Alles in allem betrachtet sich die lange zweitplatzierte PWC neu als Schweizer Marktführerin in allen drei Geschäftsbereichen, also in der Wirtschaftsberatung, der Wirtschaftsprüfung sowie der Steuer- und Rechtsberatung. Dies ist allerdings ein «Claim», den mit Deloitte noch in weiteres «Big Four»-Beratungsunternehmen hierzulande für sich in Anspruch nimmt.
Wachstum mit Kunden aus der Finanzbranche
«Als Gesamtfirma und in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung sind wir mit grossem Abstand im direkten Vergleich führend», betont Baldinger. Im Advisory-Bereich habe man insbesondere bei den Dienstleistungen für die Finanzbranche Wachstum verzeichnen konnten, so der Managing Partner, der nun schon mehr als zwei Dekaden für PWC Schweiz tätig ist.
Das fällt ins Gewicht. Ihm zufolge sind Finanzdienstleister der grösste und wichtigste Industriesektor für die Beratungsfirma in der Schweiz. Rund ein Drittel des Geschäfts wird dort erzielt. Dort findet sich auch ein prominentes Mandat, das zuletzt zu reden gab: PWC wirkt als externe Revisorin der Credit Suisse (CS). In dieser Funktion attestierte sie der kriselnden Grossbank im Bericht für das Jahr 2022, dass deren Geschäft fortgeführt werden könne. Indes, kurz nach dem Attest musste das Geldhaus im vergangenen März von der Konkurrentin UBS zwangsweise übernommen werden.
Gehemmt bei der Megabank
Der Untergang der CS bringt auch PWC in eine neue Ausgangslage. «Was die Credit Suisse betrifft, werden wir in gewohnt hoher Qualität das Audit 2023 umsetzen», erklärt Baldinger. Aufgrund dieser Aufgabe darf PWC aber aktuell kaum Beratungsleistungen anbieten. «Erst, wenn unser Audit-Mandat vorbei ist, werden wir im Verlaufe des 2024 die UBS mit Beratungsthemen nachhaltig unterstützen können.»
Bei der Begleitung der Integration der CS in die UBS ist laut Medienberichten die internationale Beratungsfirma Oliver Wyman derzeit im Lead.
Verzögerungen spürbar
Doch Baldinger und seine Kollegen haben nicht nur dieses eine Eisen im Feuer. Das Wachstum sei aktuell zwar nicht mehr bei allen Services genau gleich hoch, berichtet der Managing Partner. Jedoch lege insbesondere der Markt für Wirtschafts- und Steuerberatung zu; dies dank Themen wie Cloud, Cyber, und Data. Für Nachfrage sorgten auch Unternehmensrestrukturierungen sowie regulatorische Themen.
«Teilweise spüren wir – bei internationalen wie auch bei Middle Market-Unternehmen – Verzögerungen im Entscheidungsprozess sowie eine Konsolidierung und Aufteilung von einzelnen Phasen bei strategischen Projekten», gibt der Chefberater zu bedenken. Es gebe jedoch auch Gegentendenzen. Etwa, dass Unternehmen jetzt die Transformation beschleunigen, um als Gewinner in den nächsten Wachstumszyklus zu gehen.
50 Millionen Franken für Künstliche Intelligenz
Viel erhofft sich Baldinger von Zukunftstechnologien. «Klar ist: neue Technologien wie Generative Künstliche Intelligenz oder auch Cyber werden alle Funktionen der Unternehmen durchdringen und auch uns als Big-Four-Branche massiv prägen.» Dort sehe er eine sehr grosse Chance für die Beratung, da sich Unternehmen anpassen und sich unter anderem ethischen Themen in Bezug auf Generative Künstliche Intelligenz stellen müssten.
Dabei, so zeigt sich, rät PWC nicht nur ihren Firmenkunden zu Investitionen, sondern unternimmt dies auch selber. Allein in der Schweiz will das Beratungsunternehmen in den nächsten drei Jahren rund 50 Millionen Franken in das Thema Künstliche Intelligenz stecken.