Zwei Finanzunternehmerinnen betreiben einen digitalen Vermögensverwalter von Freiburg im Breisgau aus. Die Nähe zur Schweiz ist dabei entscheidend.
Freiburg. Warum Freiburg? Als Finanzzentrum ist Freiburg nicht bekannt. Trotzdem haben sich Salome Preiswerk und Birte Rothkopf dafür entschieden, ihren digitalen Vermögensverwalter Whitebox in dieser Stadt anzusiedeln.
Für das Engagement im Breisgau habe es zwei Gründe gegeben, sagt die Juristin Preiswerk, die früher als Unternehmensberaterin grossen Finanzinstituten mit Rat und Tat zur Seite stand. «Freiburg liegt in Deutschland und in der EU. Dadurch haben wir Zugang zu einem sehr grossen Markt», erklärt sie.
In Basel aufgewachsen
Von Freiburg aus ist es auch nicht weit bis Basel. In der Stadt am Rheinknie ist die Tochter eines Kernphysikers und einer Sozialarbeiterin aufgewachsen. Dort lebt sie noch heute. Mit dem Basler Privatbankier Matthias Preiswerk, Kommanditär bei Baumann & Cie, Banquiers ist sie entfernt verwandt.
Nach Einschätzung von Preiswerk und der Ökonomin Rothkopf ist eine Nachbarschaft zur Wall Street in New York oder der Zürcher Bahnhofstrasse nicht mehr notwendig, um erfolgreich am Finanzmarkt tätig zu sein.
Eigenverantwortlich handeln
Preiswerk hat sich mit Whitebox einen Wunsch erfüllt: «Ich wollte schon immer unternehmerisch tätig sein.» Eigenverantwortlich zu handeln, etwas zu schaffen, habe sie gereizt. Dazu kamen die Erfahrungen, die sie in ihrer Zeit als Beraterin von Banken gesammelt hat.
Neuen Ansätzen, die dank des technischen Fortschritts in der Datenverarbeitung möglich wurden, standen die etablierten Vertreter der Branche lange eher skeptisch gegenüber. Angesichts auskömmlicher Gewinnspannen war der Veränderungsdruck auch nicht sonderlich gross.
Faire Angebote
Damals reifte bei Preiswerk und Rothkopf, ebenfalls eine langjährige Unternehmensberaterin, der Entschluss, sich selbständig zu machen und die Digitalisierung für sich zu nutzen. So wurde das Fintech Whitebox 2014 gegründet, seit 2016 ist das Unternehmen am Markt.
«Wir wollen den Kunden ein faires Angebot machen, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass Whitebox wächst und gedeiht», erklärt Preiswerk. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt Whitebox auf digitale Kommunikation und ETF.
Kosten nach unten gedrückt
Wer bei Whitebox Geld anlegen will, tut das nicht über eine Filiale. Der Kontakt läuft über das Netz und per Telefon. Angeboten werden verschiedene Vermögensanlage-Konzepte, die in verschiedene Risikoklassen eingeteilt sind.
Für Olaf Stotz, Professor für Asset Management und Pension Economics an der Frankfurt School of Finance haben digitale Vermögensverwalter wie Whitebox oder die ebenfalls deutsche Scalable Capital vor allem einen Verdienst: «Sie haben die Kosten für die Vermögensverwaltung nach unten gedrückt und die Marktzutritts-Schranken deutlich gesenkt.»
Schon ab einem Euro im Monat
Geht klassische Vermögensverwaltung in der Regel mit Mindest-Anlagesummen im sechsstelligen Bereich einher, so bieten gewisse digitale Anbieter heute Sparpläne bereits mit einem monatlichen Beitrag von einem Euro oder Franken.
Ob nun der digitale Vermögensverwalter, der sich auf die Anlageempfehlung der Software stützt (Robo-Advisor), oder der menschliche Manager, der allein seinem Urteilsvermögen vertraut, höhere Renditen erwirtschafte, könne man nicht pauschal sagen, so Stotz weiter. «Auch bei der Software kommt es darauf an, wie sie vom Menschen aufgebaut wurde. Da gibt es gute und schlechte Konstrukteure.»
Schweizer und deutsche Investoren
Preiswerk rechnet mit Wachstum. Rund 40 Menschen arbeiten aktuell für das Fintech Whitebox, das von Schweizer und deutschen Investoren finanziert wird. Gelder in dreistelliger Millionenhöhe werden laut Preiswerk verwaltet. Gewinne schreibe man noch keine, man investiere in weiteres Wachstum.
Von Bernd Kramer, Leiter Wirtschaftsredaktion der «Badischen Zeitung» in Freiburg im Breisgau