Der Schweizer Finanzplatz hat am Schwarzgeld gut verdient, muss in Zeiten der Weissgeld-Strategie Einbussen hinnehmen – und hofft nun auf die grüne Finanz. Zu Recht?
Ist es ein Trumpf fürs Swiss Banking, dass der Finanzminister einst eine landwirtschaftliche Genossenschaft leitete und damit die Natur aus nächster Nähe kennt?
Für mehr Nachhaltigkeit im Finanzwesen hat sich Bundesrat Ueli Maurer jedenfalls wortreich ins Zeug gelegt: Die Thematik biete «unglaubliche Chancen» fürs Finanzzentrum, liess er sich unlängst in einer Grussbotschaft an die Branche zitieren.
Rasantes Wachstum
Das bundesrätliche Versprechen ist zwar noch nicht eingelöst. Doch mittlerweile mobilisiert der Ruf nach einem Anlagestil, der Umwelt und Gesellschaft sowie gute Geschäftsführung (ESG) fördert, längst nicht nur die Produkteabteilungen von Banken – sondern auch die Branchenlobby, Behörden und Politik.
Derweil nimmt das Volumen der in Nachhaltigen Anlagen investierten Vermögen rasant zu. Vor dem Hintergrund der weltweiten Klimadebatte fordern Kunden immer lauter nach entsprechenden Angeboten – und die Regulatoren sind ebenfalls hellhörig geworden. Dennoch ist unklar, ob «Sustainability» zum Business-Treiber taugt: Folgt auf die Ablösung der Schwarzgeld-Ära durch die Weissgeld-Strategie nun die «grüne» Welle am Finanzplatz?
Doppelt so viel wie der Rest der Welt
Die Zahlen zumindest sind ermutigend. Laut Berechnungen der Branchen-Vereinigung Swiss Sustainable Finance (SSF) waren Ende 2018 rund 717 Milliarden Franken der Anlagen in der Schweiz nach ESG-Kriterien angelegt. Dies entspricht 20 Prozent der Anlagen, bei denen die Finanzinstitute beim Anlageentscheid mitreden können – das ist knapp das Doppelte des globalen Durchschnitts, der bei 11 Prozent steht.
Mehr ist drin. Die Vermögen in hiesigen Nachhaltigen Anlagen legten 2018 um 83 Prozent (siehe Grafik unten). Dies ist aber nur ein Bruchteil der rund 2,27 Billionen Franken, die Ende 2019 nur schon die in der Schweiz verwalteten Auslandsvermögen ausmachten.
Jahrhundertealte Banken machen mobil
Eindrücklich ist auch die Aufbruchstimmung in der Branche. Jahrhundertealte Privatbanken wie Lombard Odier suchen sich als Vorreiter zu profilieren. Die Marktführerin UBS will ESG-Investments im «industriellen» Masstab fertigen, während alteingesessene Spezialisten wie die Globalance Bank, Robeco SAM, Blue Orchard, Responsability oder Forma Futura Invest ins Scheinwerferlicht rücken.
Diverse Lobbyorganisationen wie die SSF, der Fondsverband Sfama und der Schweizerische Versicherungsverband propagieren die Thematik, die Schweizerische Bankiervereinigung hat dazu gar eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) erkennt den Klimawandel sowohl als Risiko wie auch Chance für die unterstellten Unternehmen.
Vorsprung auf Zeit
- Seite 1 von 2
- Weiter >>