Nach der Amtsübernahme musste Avaloq-CEO Juerg Hunziker einige Turbulenzen meistern. Wie er sich mit dem Firmengründer Francisco Fernandez zusammenraufte und die Zukunft des Unternehmens sieht, sagt er im Interview mit finews.ch.
Juerg Hunziker, haben Sie sich bei Avaloq gut eingelebt, seitdem Sie den CEO-Job vom Gründer Francisco Fernandez übernommen haben?
Es braucht schon Zeit, bis man sich findet und gut eingelebt hat. Dabei hilft es, dass dieses Jahr viel ruhiger ist als 2018. Es war für uns sehr wichtig, das IT-Projekt mit Raiffeisen abzuschliessen. Wir kennen gegenseitig unsere Stärken und Schwächen und wir ergänzen uns gut.
Wie schwierig war es, von jemandem zu übernehmen, der die Firma seit der Gründung geführt hat?
Es ist aussergewöhnlich, dass ein Gründer so lange die vollständige Kontrolle über ein Unternehmen behält, ohne externe Investoren. Ich denke, da muss man automatisch zu jemandem werden, der nicht auf alle hören kann, sondern einfach die eigene Vision verfolgt.
«Wir haben Stunden mit Diskussionen verbracht»
Das nach 30 Jahren loszulassen braucht Zeit und ich glaube, wir haben es gemeinsam geschafft.
Was war für Sie in dieser Übergangszeit die grösste Überraschung?
Ich hatte unterschätzt, wie viel Zeit und Energie es braucht, sich aneinander zu gewöhnen. Wir haben Stunden mit Diskussionen verbracht, ganz ähnlich wie in einer Ehe. Die Partnerschaft mit Raiffeisen kam als zusätzliche Unsicherheit hinzu.
Wie hat sich das auf den Geschäftsgang ausgewirkt?
Francisco und ich verwenden inzwischen etwa drei Viertel unserer Zeit auf Firmenangelegenheiten und den Rest für einander. Es gibt viel zu erklären und man muss gut zuhören können, um einander zu verstehen.
«Wir haben den Verlust des Geschäfts der BSI verdaut»
Zu Beginn haben wir uns bis zur Hälfte der Zeit mit uns selbst beschäftigt. So haben wir jetzt eine Beziehung, welche auf Vertrauen und Respekt basiert.
Wie viel Wachstum erwarten Sie nächstes Jahr?
Der Umsatz sollte im hohen einstelligen Prozentbereich wachsen. Wir haben den Verlust des Geschäfts der BSI verdaut und haben keine nennenswerten Kunden verloren.
Und die Pipeline ist gut gefüllt?
Sie sieht gesund aus und es sind Namen dabei, die wir vor ein paar Jahren nicht erwartet hätten. Bislang waren die bankeigenen Technologien unsere grössten Konkurrenten
«Viele Banken sehen sich im Retailgeschäft durch neue Konkurrenten bedroht»
Jetzt sehen wir aber immer grössere Banken, die zugeben, dass ihnen die Ressourcen fehlen, um neue Systeme zu bauen.
Können Sie das genauer erklären?
Wir erwarten, dass wir etwa zehn Kunden pro Jahr dazu gewinnen, mehrere auch in den nächsten Monaten. Chancen gibt es in ganz Europa und in Asien. Viele Banken sehen sich im Retailgeschäft durch neue Konkurrenten wie N26 bedroht und konzentrieren sich mehr auf das Geschäft mit wohlhabenden Kunden. Das ist für uns eine Möglichkeit zu wachsen.
Welches sind Ihre Wachstumsmärkte?
In Grossbritannien bin ich optimistisch, was unsere Chancen angeht, nicht zuletzt aufgrund des Brexit.
«Wir haben noch nicht den Mut gefunden, den US-Markt anzugehen»
Auch die Benelux-Staaten und Österreich sind vielversprechend und wir haben ein grosses Projekt mit der Apobank in Deutschland. Südostasien, Hongkong und Australien sind für uns ebenfalls grosse Märkte.
Was ist mit dem grössten Vermögensverwaltungsmarkt überhaupt, den USA?
Ich sage immer, dass wir mit unseren existierenden Projekten genug zu tun haben. Wir haben es auf dem Radar, aber wir haben noch nicht den Mut gefunden, die USA anzugehen.
Es war ein Rückschlag für Avaloq, Arizon zu verlieren.
Wir haben die zweitbeste Lösung gefunden. Vielleicht hat es einfach nicht sein sollen.
«Ein Börsengang ist eine Option»
Aber der Verkauf an Raiffeisen war eine vernünftige Lösung und wir arbeiten gut zusammen.
Ihr Geschäftsmodell verändert sich von einem hochmargigen Software-Lizenz-Modell zu einem, das auf Dienstleistungen basiert. Wie wirkt sich das auf die Profitabilität aus?
Im Service-Geschäft kann man nicht dieselben Margen erreichen wie mit Lizenzen – das ist einfach nicht möglich. Falls es keine dramatischen Veränderungen bei der Regulierung gibt, sollten wir unser Ziel einer Marge von etwa 20 Prozent in zwei bis drei Jahren erreicht haben.
Was heisst das für die Exit-Strategie von Warburg Pincus, den Private-Equity-Aktionär von Avaloq?
Wir wollen unseren Aktionären, unseren Angestellten und unseren Kunden gerecht werden. Ein Börsengang ist eine Option, aber wir schliessen auch nicht aus, dass es eines Tages zu einer Partnerschaft oder einem Verkauf kommen könnte.
Was für Partner kämen in Frage?
Wir sehen immer mehr Finanzunternehmen, welche ihre Wertschöpfungskette ausbauen wollen, um so ihre Kunden besser einzubinden.
«Die Digitalisierung von Vermögenswerten ist unausweichlich»
Es kämen aber auch Dienstleister aus anderen Industrien wie Telekommunikation in Frage.
Welche Rolle spielen Krypto-Währungen in ihrem Geschäft?
Man kann von Krypto-Währungen halten, was man will. Wir glauben, dass die Digitalisierung von Vermögenswerten unausweichlich ist. Unsere Kunden müssen in der Lage sein, diese auch auf digitalem Weg zu überwachen – ob es sich dabei um Währungen oder Finanzinstrumente handelt. Ansonsten können sie die Portfolios nicht bewerten, oder die Asset Allocation ist unvollständig.
Sie haben eine Partnerschaft mit Metaco für Krypto-Lösungen. Wie sehr interessieren sich die Banken dafür?
Einen Kunden haben wir bereits, ein zweiter wird bald dazukommen.
«Avaloq steht nicht zum Verkauf»
Manche Banken sind da sehr offen, für andere sind Krypto-Währungen immer noch ein Tabu.
Die Avaloq-Resultate von 2018 zeichnen das Bild eines Unternehmens im Umbruch. Was muss noch getan werden, damit sie für einen Verkauf bereit sind?
Francisco Fernandez und ich sind hier einer Meinung: Es geht nicht darum, etwas zu verkaufen. Auf die sehr lange Frist, wird ein zukünftiger Investor, Eigentümer, oder Unternehmer voraussichtlich noch mehr aus Avaloq machen wollen. Wir schmücken hier keine Braut. Wir wollen weiter daran arbeiten, etwas mit Substanz aufzubauen. Deshalb steht Avaloq auch nicht zum Verkauf.
Juerg Hunziker ist seit Januar 2018 CEO von Avaloq. Er übernahm den Job vom heutigen Verwaltungsratspräsidenten Francisco Fernandez, welcher die Firma seit der Gründung geführt hatte. Hunziker stiess 2016 nach über 25 Jahren beim amerikanischen Branchenriesen FIS zu Avaloq. Seinen Einstieg in die Finanzindustrie fand er 1984 als Währungshändler bei der UBS.