Barend Fruithof war Top-Manager bei der Raiffeisen, der Credit Suisse und zuletzt bei Julius Bär. Nun verlässt er das Banking. Im Interview mit finews.ch spricht der 50-Jährige darüber, was ihn zum Branchenwechsel bewogen hat.

Er hat im Dreck gewühlt – buchstäblich. Barend Fruithof ist nicht das, was man als klassischen Karriere-Banker bezeichnen kann. Der 50-jährige Schweizer mit holländischen Wurzeln ist in seine berufliche Laufbahn mit einer Landwirtschaftslehre gestartet. Er hat in bäuerlichen Betrieben gearbeitet, hat Kühe gemolken, bevor er sich zum Betriebsökonom weiterbildete und über Umwege ins Bankfach wechselte.

Auch dort verlief seine Laufbahn nicht geradlinig: Von der Zürcher Kantonalbank als Geschäftsleiter zu Viseca Card Services (heute Aduno) und weiter zur Raiffeisen Gruppe, wo er Finanzchef war und ab 2008 Leiter des Schweizer Firmenkundengeschäfts bei der Credit Suisse. Er galt als heisser Anwärter für den Chefposten des gesamten Schweiz-Geschäftes.

Ein Coup à la Fruithof

Doch Fruithof überraschte die Branche mit einem Wechsel zu Julius Bär ins Private Banking, jener Disziplin, die in seiner Bankerkarriere noch fehlte. Den Sitz in der Geschäftsleitung der noblen Zürcher Privatbank hielt er nur für ein paar Monate. Fruithof fiel einer Reorganisation zum Opfer und zog die Konsequenzen.

Diese Woche folgte ein weiterer Coup à la Fruithof: Er übernimmt den CEO-Posten der Aebi Schmidt Gruppe, einem auf Land- und Nutzfahrzeuge spezialisierten Unternehmen im Mehrheitsbesitz von Peter Spuhler. Fruithof ist einer der ganz wenigen Banker, welche die Industrie komplett wechseln.  finews.ch erreichte ihn auf seiner Fahrt ins bernische Burgdorf, wo Aebi ein grosses Werk hat.

Herr Fruithof, gehen Sie mit dem Wechsel zur ASH Group, die bekannt ist für ihre Landmaschinen, sozusagen «back to the roots»?

Das würde ich so nicht sagen. Sicherlich hat die Aufgabe als CEO der Gruppe auch ein wenig mit meinen früheren Tätigkeiten in der Landwirtschaft zu tun. Mein Herz hängt an dieser Branche. Aber die ASH Group ist weit mehr als ein Unternehmen, das die in der Schweiz bekannten Aebi Landfahrzeuge herstellt. Die Gruppe ist breit diversifiziert, bietet von Bahntechnik über Reinigungs- auch Räummaschinen an – und das global. Was mich reizt, ist die Gesamtverantwortung für eine weltweit tätige Firma zu übernehmen.

War es Ihr Ziel, nach dem Ausscheiden bei Julius Bär, eine Tätigkeit ausserhalb des Bankings anzunehmen?

Ich habe mir selber eine Auslegeordnung gemacht, wie ich meine Laufbahn weiterführen könnte. In dieser Auslegeordnung waren auch Jobs im Banking, die mich gereizt hätten. Gleichzeitig habe ich immer auch den Wunsch gehabt, eine interessante Aufgabe ausserhalb der Finanzbranche zu finden. Der CEO-Posten bei der ASH Group ist somit ein Glücksfall. Mit gefällt auch, dass das Unternehmen in privaten Händen ist.

Dennoch: Sie waren über 20 Jahre lang sehr erfolgreich im Banking. Warum der Wechsel in eine komplett andere Branche?

Mit 50 Jahren bin ich noch jung genug, aber auch bereits erfahren genug, eine solche Herausforderung anzupacken und etwas völlig Neues zu beginnen. Im Banking habe ich einiges erreicht und als Finanzchef, Firmenkundenchef und Private Banker viele Möglichkeiten ausgeschöpft.

«Es gab Optionen im Banking»

Ich glaube nicht, dass ich in einem fortgeschritteneren Alter das Risiko genommen hätte, in eine andere Industrie zu wechseln. Diese ist mir ja auch nicht gänzlich unbekannt. Als Leiter des Schweizer Firmenkundengeschäfts der Credit Suisse hatte ich einen guten Einblick in andere Branchen und in die Welt von Unternehmen wie die ASH Group. Das hat mich immer begeistert.

Bot das Banking für Sie keine Zukunftsperspektive mehr?

Doch durchaus. Es gab verschiedene mögliche Optionen im Banking für mich. Aber die Funktion, die mir wirklich zugesagt hätte, war nicht darunter. Für mich bleibt Banking eine hervorragende Branche mit äusserst interessanten Tätigkeitsfeldern. Meines Erachtens gibt es keine andere Branche, in welcher man so nahe an Kunden herankommt und mit ihnen zusammenarbeiten kann. Nach 20 Jahren Banking reizt es mich aber, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Diesen Reiz verspürte ich schon bei der CS, wo ich mit vielen Unternehmern einen engen Kontakt pflegen konnte. Zudem spielte die Aussicht eine bedeutende Rolle, mit dem Mehrheitsaktionär Peter Spuhler zusammenarbeiten zu können. Er ist ein hervorragender Unternehmer.

Wie lautet ihr Zustandsbericht zur Lage auf dem Schweizer Finanzplatz, nachdem Sie ihn nun verlassen?

Der Schweizer Finanzplatz hat seine Hausaufgaben gemacht. Die grosse Mehrheit der Banken ist sehr gut positioniert. Die Branche beschäftigt hervorragende Leute. Wenn sich die Regulierung nun in einem vernünftigen Rahmen entwickelt, bin ich sehr zuversichtlich, dass das Swiss Banking und der Finanzplatz weiterhin eine sehr hohe Bedeutung haben werden.

Sie waren zuletzt Private Banker und Chef von Kundenberatern. Sehen Sie irgendwelche Parallelen zu Ihrem neuen Job?

Ja. Die ASH Group beschäftigt rund 500 Vertriebsleute, die einen engen Kundenkontakt pflegen. Hier bringe ich selber viel Know-how mit, wie der Umgang mit Kunden, die Dienstleistungsmentalität. Eine wichtige Grundlage für die CEO-Position ist auch mein Finanzhintergrund. Ich war Finanzchef der Raiffeisen Gruppe und habe die Viseca Card Services aufgebaut.

Es ist sehr selten, dass Bankmanager die Industrie komplett wechseln, wie Sie das tun. Woran liegt das?

Ich denke, es gibt grundsätzlich wenige Leute, die in ihrem Berufsleben überhaupt einmal die Industrie wechseln. Das ist kein Banker-Phänomen. Wenn man einmal Know-how in seiner Branche aufgebaut hat, versucht man gezielt davon zu profitieren.

«Für den Vorruhestand fühle ich mich zu fit»

Das tut man am ehesten in seiner angestammten Branche. Entsprechend habe ich auch grossen Respekt vor der neuen Aufgabe. Ich würde mich aber nicht als Banker mit einem typischen Lebenslauf bezeichnen und habe verschiedene Stationen durchlaufen. Wenn ich ein Leben lang Private Banker gewesen wäre, hätte ich den CEO-Posten bei der ASH Group kaum bekommen.

Andere Banker, die aussteigen, werden Investoren, verwalten Geld für Family & Friends. Das war keine Option?

Nein, für den Vorruhestand fühle ich mich zu fit. Meine Motivation ist es, nochmals Leute unternehmerisch zu führen, in einer Struktur mit mehreren Hierarchiestufen, und sie für eine Strategie zu motivieren. Als Vermögensverwalter oder Investor hätte ich das nicht gekonnt.

Können Sie sich eine Rückkehr ins Banking irgendwann mal wieder vorstellen?

Momentan werde ich vor allem damit beschäftigt sein, die neue Position in den Griff zu bekommen. Da bleiben keine Gedanken an einen anderen Job oder eine Rückkehr ins Banking. Doch wie heisst es: Sag niemals nie. Banking als Industrie fasziniert mich nach wie vor. Aber bei der ASH Group habe ich nun eine Tätigkeit und Perspektiven gefunden, die mich begeistern.