Die internationale Mediendaten-Firma Gorkana hat finews.ch-Mitgründer Claude Baumann interviewt. Das Gespräch vermittelt einen Eindruck von der Arbeit im laufenden Jahr und den Plänen für 2016.

Herr Baumann, erzählen Sie uns ein wenig über Ihre Arbeit bei finews.ch: Wie ist die Webseite aufgebaut, wer gehört zu Ihrer Leserschaft?

finews.ch ist ein Branchenportal, das sich an die Beschäftigten in Banken, Versicherungen und anderen Finanzinstitutionen richtet. Man bezeichnet uns oft auch als das «Intranet» der Schweizer Finanzbranche, weil man auf unserer Website alles erfährt, was so läuft.

Wir decken alle relevanten Themen ab: News, Stellenwechsel, Expansionen und Jobkürzungen, aber auch People’s Stories, Interviews, Kommentare, Einschätzungen – bis hin zu den beliebten Listicles*.

«Wir sagen oft, wir sind das Unternehmen, das die meisten Sitzungen abhält»

Wir nehmen unsere Leserinnen und Leser sozusagen virtuell an der Hand und begleiten sie durch den Finanzinfo-Dschungel. Wir haben vor sieben Jahren zu viert begonnen, sind jetzt mittlerweile elf Leute, davon sieben Redaktoren. Seit vier Jahren schreiben wir schwarze Zahlen.

*Listicles sind Artikel, die in Form von nummerierten Listen aufgearbeitet sind.

Wann finden Ihre Redaktionskonferenzen statt?

Wir sagen intern oft, wir sind das Unternehmen, das die meisten Sitzungen abhält. Und tatsächlich veranstalten wir neben unserer täglichen Redaktionskonferenz um 9 Uhr mehrmals am Tag Ad-hoc-Sitzungen in ganz kleinen Gruppen, um Einschätzungen abzugleichen, Instant-Ideen für einen Artikel zu entwickeln oder für den nächsten Tag zu planen.

«Das beste am Job ist, dass wir allen nur erdenklichen Menschen Fragen stellen können»

So entstehen überdurchschnittlich viele Beiträge als Gruppenarbeiten. Jeder liefert da und dort dem jeweils zuständigen Redaktor ein «Mosaiksteinchen». So werden unsere Artikel origineller, kompetenter und zeitnaher. Kurzum, sie bieten einen inhaltlichen Mehrwert.

Was, würden Sie sagen, ist das Beste an Ihrem Job?

Allen nur erdenklichen Menschen Fragen stellen zu können. Und als Mitbesitzer von finews.ch natürlich die Freiheit, selber entscheiden zu können – selbst wenn dies stets mit einem gewissen Risiko und der Verantwortung als Verleger sowie als Arbeitgeber verbunden ist.

Welchen Rat würden Sie jungen Journalisten geben, die eine Karriere im Finanzjournalismus anstreben?

Ich will nicht altbacken klingen. Darum beschränke ich mich auf drei Tipps: Erstens, schreiben Sie nie über Dinge, die Sie selber nicht verstehen. Zweitens, schreiben Sie stets weniger als Sie wissen und nicht umgekehrt.

«Ich dachte zunächst, er mache einen Spass»

Und drittens, vermutlich ist es am gescheitesten, wenn Sie für eine Karriere im Finanzjournalismus zunächst bei einer Nachrichtenagentur anheuern. Nirgendwo anders werden Sie das Journalisten-Handwerk besser erlernen.

Sie verfügen über eine langjährige Erfahrung im Journalismus. Was ist Ihre denkwürdigste Geschichte?

Sie ist mir erst kürzlich widerfahren: Im vergangenen Februar interviewte ich einen Hedgefonds-Manager in Singapur. Bei der Gelegenheit erzählte ich ihm, dass wir mit finews.asia demnächst nach Asien expandieren würden. Der Mann fand das hoch spannend und sagte, er würde sich gerne mit 10 Millionen Dollar daran beteiligen, ob das genüge.

Ich dachte zunächst, er mache einen Spass. Doch es war ihm wirklich ernst. Das zeigte mir auch, mit welch astronomischen Beträgen in dieser Branche jongliert wird. Ich sagte ihm, ich würde es mir überlegen. Bis heute bin ich ihm noch eine Antwort schuldig. Vielleicht sollte ich ihn nächste Woche mal anrufen...