Die 1994 von den Brüdern Kurt und Pius Fisch gegründete Fisch Asset Management AG hat sich einen Namen als Wandelanleihen-Spezialistin gemacht. Im Büro beim Bahnhof Tiefenbrunnen unterhielt sich finews.ch mit Verwaltungsratspräsidenten Pius Fisch und CEO Torsten von Bartenwerffer über die Ursprünge des Unternehmens und seine Kultur, aber auch darüber, wie es durch das garstige Marktumfeld der letzten Jahre gekommen ist, das zu einer Halbierung der Kundengelder geführt hat. Heute betreut der Zürcher Vermögensverwaltungsgesellschaft rund 6 Milliarden Franken.

Meine Herren, vor dreissig Jahren haben Sie, Pius Fisch, mit Ihrem Bruder Kurt die Finanzboutique Fisch Asset Management gegründet. Wie ist es dazu gekommen?

Pius Fisch: Bereits unser Vater hatte ein Kleider- und Schuhgeschäft, wir wissen also aus der Familie, wie es ist, wenn man sein Geld mit Kunden verdienen muss. Mein Bruder Kurt, der bei der SKA seinerzeit wohl den ersten Wandelanleihenfonds der Schweiz geleitet hatte, unterbreitete mir die Idee mit einer Finanzboutique, die Fondslösungen anbietet. Wir haben uns schon als Kinder immer gut verstanden, und deshalb habe ich ja gesagt. Unsere Grundidee war, dass wir uns ausschliesslich auf Wandelanleihen und institutionelle Kunden konzentrieren – und sonst nichts anderes tun. Dieser Markt ist eine enge Nische, und Wandler sind ein spezielles Instrument, so dass die meisten Kunden auf Beratung angewiesen sind.

Wie ging es weiter?

Fisch: Zu Beginn hatten wir keinen einzigen Kunden, dann kamen Vermögensverwalter zu uns. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre waren wir noch zu viert. Dann haben wir uns entschieden zu wachsen und zwei Fonds für Pensionskassen aufgelegt, die es heute noch gibt. Wir mussten zuerst erklären, dass Wandler nicht zur Kategorie der alternativen Anlagen gehören, sondern in die Anlageklasse der Aktien respektive Obligationen gehören. Wir sind mit zweimal 40 Millionen Franken gestartet, damals ein riesiger Erfolg, auch dank unseres intensiven Marketings. Um 2000 folgte die Expansion nach Deutschland. Dort profitierten wir nach dem Platzen der Dotcom-Blase davon, dass wir eher konservativ unterwegs waren und anders als die Konkurrenz keine Wandler der vormaligen «High-Flyer» in unseren Fonds hatten.

Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Fisch: Man muss die tägliche Arbeit seriös und mit Freude machen, die Leute gerne haben, mit sich selber ehrlich und lernfähig sein. Dazu gehört, sich bewusst zu sein, dass die Interessen des Einzelnen mit denen des Unternehmens sehr oft nicht deckungsgleich sind. Bei unserem Job ist es zentral, Prinzipien zu haben. Diese müssen allen bekannt sein, und es darf keine Ausnahmen geben. Die Prinzipien selber müssen immer wieder hinterfragt und gegebenenfalls auch geändert werden. So wissen die Mitarbeiter, woran sie sind. Ich habe auch immer nur starke Personen eingestellt, die auf ihrem Gebiet mehr wissen und können als ich. Das führt zwar mitunter zu harten Diskussionen, bringt das Unternehmen aber weiter.

«Ich habe immer nur starke Personen eingestellt, die auf ihrem Gebiet mehr wissen und können als ich» 

Torsten von Bartenwerffer: Für uns als kleines Unternehmen ist Transparenz zentral. Unsere 70 Mitarbeiter wissen genau, was gut und was weniger gut läuft. Die Regelwerke und Strukturen haben wir so gestaltet, dass die Gleichbehandlung gewährleistet ist – die Umsetzung im Alltag ist natürlich manchmal doch etwas schwieriger.

Fisch: Bei uns werden beispielsweise alle Verwaltungsrat- und Geschäftsleitungsprotokolle offengelegt, weil wir wollen, dass sich die Mitarbeiter als Unternehmer fühlen. Ebenfalls dazu gehört die Mitarbeiterbeteiligung. Mein Bruder und ich halten zwar noch die Mehrheit an der Gesellschaft, aber unser Anteil nimmt ab. Wir pflegen auch eine offene Diskussionskultur – mein Bruder und ich waren, als wir noch für Grossunternehmen tätig waren, schlechte Netzwerker, weil wir immer alles allen sofort ins Gesicht gesagt haben.

Der Markt für Wandelanleihen hat zwei schwierige Jahre hinter sich. Bis und mit der Coronakrise lief der Markt heiss, viele Schuldner konnten sich über das Instrument sehr günstig Kapital beschaffen. Seither haben die Bewertungen korrigiert, der Emissionsfluss war bis vor kurzem fast versiegt, und dank der wieder positiven Zinsen sind normale Obligationen attraktiv. Wie gehen Sie mit solchen Zyklen um?

Von Bartenwerffer: In der Tat war das eine Durststrecke. Wie alle Obligationen haben auch die Wandler unter dem Zinsanstieg gelitten. Dazu ist gekommen, dass viele Unternehmen in der Coronakrise aufgrund der fiskal- und geldpolitischen Anreize andere Arten von Finanzierungen vorgezogen hatten, so dass es 2022 und 2023 nur wenig neue Wandler gab. Und es gilt die Regel: je mehr Emissionen, desto besser für den Markt. Als aktiver Manager leben wir davon, dass das Universum wächst und sich verändert. Unser Markt war schon immer Zyklen unterworfen, und wahrscheinlich war nach dem absoluten Spitzenjahr 2020 auch eine gewisse Korrektur, eine Mean Reversion, fällig. Aus heutiger Sicht spricht aber wieder vieles für das Instrument.

«Je mehr Emissionen, desto besser für den Wandelanleihenmarkt. Als aktiver Manager leben wir davon, dass das Universum sich verändert» 

Fisch: Die Zeit ohne Zinsen war grundsätzlich auch für Wandelanleihen schlecht, weil ihnen damit ein wichtiges Element fehlte. Und ja, es ist wirklich ein zyklisches Geschäft. Ich erinnere mich noch gut an das Jahr 2007, das für Wandler ganz schlecht war. Ein Kunde verdoppelte daraufhin für 2008 seine Quote, weil er an das Instrument glaubte, und lag damit goldrichtig.

Weshalb ist das Volumen in Ihrem Flaggschiff Convertible Global Defensive Fund so stark geschrumpft?

Von Bartenwerffer: Die schlechte Marktentwicklung führte leider zu grossen Abflüssen beispielsweise von Pensionskassen, von denen alle Anbieter betroffen waren. Bei unserem Fonds kam erschwerend dazu, dass der Tech-Anteil gering ist und er deshalb unterdurchschnittlich abgeschnitten hat. Immerhin sind heute keine zittrigen Hände mehr investiert. In unserer Branche ist es zu einer Bereinigung gekommen. Einige Konkurrenten haben den Laden dicht gemacht, andere haben Wandler im Asset-Mix marginalisiert. Wir bieten zwar auch nicht nur Wandelanleihen an, das Instrument bleibt aber für uns zentral. Und als Folge dieser Entwicklung konnten wir in den letzten Monaten Spezialisten rekrutieren, die früher gar nicht auf dem Arbeitsmarkt waren. Wenn der Markt wieder anzieht, wird es schwierig sein, an uns vorbeizukommen. Und wir sind überzeugt, dass die Bodenbildung heute abgeschlossen ist.

«Es wird schwierig werden, an uns vorbeizukommen»

Und warum sollen die Kunden überhaupt wieder zurückkehren?

Von Bartenwerffer: Weil Wandler langfristig ein ausgezeichnetes Risiko-Rendite-Verhältnis haben, aufgrund von Marktineffizienzen strukturell eine ansprechende riskoadjustierte Rendite bieten. Aber Sie schneiden ein wichtiges Thema an. Wenn Wandler für zwei drei Jahre unattraktiv erscheinen und es dazu zu einem Generationenwechsel bei institutionellen Anlegern kommt, besteht die Herausforderung für uns darin, dem Kunden aufzuzeigen, weshalb das Instrument im Portfoliokontext sinnvoll ist, auch wenn andere Anlagekategorien wie beispielsweise Private Debt derzeit viel trendiger sein mögen.

Sie mussten aber auch Personal abbauen. 2020 hatten Sie 91 Mitarbeiter, heute noch 66.

Von Bartenwerffer: Nachdem wir 2020 noch aufgebaut hatten, mussten wir aufgrund der schlechten Marktentwicklung die Effizienz steigern und unsere Kapazitäten anpassen, auch ausserhalb des Portfolio Managements. Das ist nichts, was man sich wünscht, war aber im Interesse des Unternehmens und der Mitarbeiter, die geblieben sind.

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CEO Torsten von Bartenwerffer (Bild: Fisch Asset Management)

Die meisten agilen Finanzboutiques landen irgendwann in den Fängen grosser Akteure. Bereuen Sie es nicht ein bisschen, Herr Fisch, das Unternehmen auf dem Höhepunkt 2019/2020 nicht verkauft zu haben?

Fisch: Wir haben uns die Frage damals natürlich auch gestellt, aber wir sind gerne Unternehmer, und was hätten wir danach machen sollen? Im aktuellen sehr anspruchsvollen Marktumfeld sind wir gefordert. Wir sind jedoch gut aufgestellt, und wir wollen unabhängig bleiben. Zentral ist: Geld ist für einen Unternehmer ein sehr wichtiges Mittel, aber nicht das Ziel an sich. Wir wollten nie einfach möglichst rasch möglichst viel verdienen. Geld ist das Resultat unternehmerischen Handels, nicht das Ziel.

«Wir haben zwei Gründer, die mit Leib und Seele Unternehmer sind und uns auch in schwierigen Zeiten die Mittel zur Verfügung stellen»

Von Bartenwerffer: Wenn wir Leute anstellen und diese uns fragen, weshalb sie zu uns kommen sollten, gebe ich immer die gleiche Antwort. Wir haben erstens ausgezeichnete Mitarbeiter, nicht nur im Portfolio- sondern beispielsweise auch im Riskmanagement. Zweitens verfügen wir über eine hervorragende Infrastruktur, z.B. das Portfoliomanagementsystem von Blackrock. Und wir haben zwei Gründer, die mit Leib und Seele Unternehmer sind und uns auch in schwierigen Zeiten das Balance Sheet respektive die Mittel zur Verfügung stellen. Das gibt Stabilität und unterscheidet sich fundamental von der Situation, wenn man ein Private-Equity-Haus im Nacken hat, dem man alle zwei Wochen die Zahlen rapportieren muss.

Sie bieten heute nicht nur Wandelanleihenfonds an, sondern auch hochverzinsliche Unternehmensanleihen und Schwellenländeranleihen. Ist das nicht eine Abkehr vom Image des Pure Player, das Sie lange gepflegt haben?

Fisch: Wir haben uns 2006/2007 für diese Diversifikation entschieden. Das ist sinnvoll, weil wir so das vorhandene Knowhow nutzen können. Das Preisverhalten der Instrumente und die benötigten Analysekompetenzen sind nicht deckungsgleich, aber doch recht ähnlich. Wir machen aber weiterhin keine Aktien und schliessen in Lokalwährungen denominierte Instrumente aus.

Von Bartenwerffer: Analytisch setzen sich Wandler aus Obligationen und Aktien zusammen, dazu kommt die Konvexität, d.h., Wandler profitieren in der Regel mehr von steigenden Aktienkursen, als sie im umgekehrten Fall einbüssen. Die Übergänge zu Corporate Bonds sind fliessend. Doch es gibt viele Sachen, wo wir zwar anfragt werden, die wir aber nicht machen wollen. Dazu gehören Private Debt und das Segment der regulatorisch getriebenen Contingent Convertibles von Banken.

«Bei uns ist Handwerk gefragt, es gibt weniger Glamour als im Aktienbereich»

Was braucht es, um als Portfoliomanager erfolgreich zu sein?

Fisch: Ganz zu Beginn, 1994, habe ich hautnah miterlebt, wie der Dollarkurs absackte. Das setzte viele Akteure unter Stress. Sie gingen viel zu früh wieder rein. Die Angst, eine Erholung zu verpassen, war grösser als die Angst, noch mehr zu verlieren. Ein Portfoliomanager, der unter Stress steht, ist ein schlechter Portfoliomanager, weil er die Opportunitäten nicht mehr richtig nutzen kann.

Von Bartenwerffer: Bei uns ist Handwerk gefragt, es gibt weniger Glamour als im Aktienbereich, wo es täglich neue spannende Stories gibt. Es kann nicht jedes Jahr gut laufen, aber die Performance muss über die Zeit höher sein als die Benchmark. Das gelingt im Fixed-Income-Bereich – ganz anders als bei Aktien, wo es praktisch unmöglich ist, den Markt über die Zeit zu schlagen – mehr als der Hälfte der aktiven Manager.


Vor der Gründung von Fisch Asset Management war Pius Fisch als Jurist bei der Zürich-Versicherung tätig. Bis 2018 war er zugleich Verwaltungsratspräsident, Geschäftsleitungsmitglied und Chef der Rechtsabteilung – heute konzentriert er sich auf den Vorsitz des Verwaltungsrats.

Die Firmengründer Pius und Kurt Fisch haben in den vergangenen Monaten auch die Weichen für einen Generationenwechsel gestellt und weitere wichtige Einstellungen vorgenommen. So hat Pius' Sohn Alexander Fisch Einsitz im Verwaltungsrat genommen, der zudem mit Stefan Mächler verstärkt wurde. Mächler ist noch bis Ende März 2025 CIO bei Swiss Life Asset Managers. 

Torsten von Bartenwerffer ist seit dem 1. November 2023 CEO von Fisch Asset Management, nachdem er schon zuvor über zwei Jahre für das Unternehmen tätig war. Zu seinen früheren Karrierestationen zählen die deutsche Feri Gruppe, Aquila Capital Hamburg, die einstige Credit-Suisse-Tochter Clariden Leu und die Grossbank UBS.

Mitarbeit: Dominik Buholzer