Seit November vergangenen Jahres steht Anke Bridge-Haux als Chefin der LGT Schweiz an der Spitze der Privatbank. Im Interview mit finews.ch spricht die Bankmanagerin über ihren Start als CEO und über die Pläne der «Fürstenbank».
Frau Bridge-Haux, Sie sind jetzt seit rund sieben Monaten CEO der LGT Schweiz. Wie haben Sie sich eingearbeitet?
Wir haben den Führungswechsel vorausschauend geplant und fokussiert und strukturiert umgesetzt.
Nach meinem Eintritt im September und vor der formellen Amtsübergabe im November hatte ich ausreichend Zeit für die Absprache der Strategie mit meinem Vorgänger Heinrich Henckel.
Zudem habe ich – was mir persönlich sehr wichtig war - frühzeitig die Gelegenheit gesucht, viele Mitarbeitende in der Schweiz persönlich kennenzulernen. Ich bin überzeugt, dass es besser ist, sich persönlich zu kennen und kurze Kommunikationswege zu haben. Und vor allem haben wir den Fokus auf unsere Kundinnen und Kunden gelegt. Ich hatte die Möglichkeit, Kundinnen und Kunden kennenzulernen und mehr über ihre Bedürfnisse und Prioritäten zu erfahren.
Was sind die strategischen Bereiche, auf die Sie den Fokus legen wollen?
Die LGT als Ganzes betrachtet – und auch hier in der Schweiz – hat über mehrere Jahre eine Phase mit starkem Wachstum gesehen. Ich erwarte, dass sich das auch so fortsetzen wird. Aber dieses starke Wachstum müssen wir auch entsprechend absorbieren können.
«Wir treiben Digitalisierungsstrategie gemeinsam voran»
Das bedeutet, dass wir eine gute Plattform brauchen, die entsprechend skalierbar ist. Ganz wichtig ist auch, dass wir unsere Kultur bewahren, stärken und weiterentwickeln, gerade wenn viele neue Kolleginnen und Kollegen zum Team dazukommen.
Strategisch wollen wir Skalierung über Technologie und Digitalisierung erreichen und weiterhin Opportunitäten in unseren Märkten wahrnehmen. Das muss ganz eng verbunden sein mit der Kultur und den Werten, die die LGT als Ganzes auszeichnet.
Wie schätzen Sie die Position der Schweizer LGT innerhalb der Gruppe ein?
Wir sind Teil der Region Europa und wir arbeiten sehr eng mit unserem Partnereinheiten zusammen, namentlich Liechtenstein, Österreich und Deutschland. Das bezieht sich nicht nur auf die Marktbearbeitung, sondern auch auf all die Themen, bei denen ein gemeinsames Vorgehen Sinn macht. So treiben wir zum Beispiel die Digitalisierungsstrategie gemeinsam voran. Aber auch bei der Kundenansprache, der Marktbearbeitung und im Marketing kooperieren wir intensiv.
LGT verfolgt auch hier eine Privatbankstrategie. Was sind Ihre Hauptmärkte und Kundengruppen?
Der Fokus liegt einerseits auf dem Heimmarkt Schweiz, dem Schweizer Onshore-Geschäft, und andererseits auf den europäischen und internationalen Märkten. Das sind einerseits unsere vier Nachbarländer, aber auch Skandinavien und die iberische Halbinsel mit Spanien und Portugal.
Darüber hinaus betreuen wir Kunden aus Zentral- und Osteuropa, Lateinamerika und Asien. Bei den Kundengruppen konzentrieren wir uns auf UHNWI’s (Ultra High Net Worth Individuals), Family Offices, sowie Unternehmerfamilien.
Sie sind nicht die Einzigen, die genau dieses Segment im Auge haben. Was unterscheidet LGT von den Wettbewerbern?
Was uns besonders macht, sind sicher unsere Eigentümerstruktur und unsere Kultur. Die LGT ist seit fast 100 Jahren im Besitz der Fürstenfamilie Liechtenstein, die in den letzten Jahrzehnten die Bank auch geführt und entsprechend sehr stark unternehmerisch eingewirkt hat. Die Fürstenfamilie ist auch prägend für unser langfristiges Denken und unsere Werte, die wir in der Organisation jeden Tag leben.
Diese klare Struktur mit nur einem Aktionär, der auch in die operative Leitung involviert ist, sorgt dafür, dass wir innerhalb der Bank kurze Entscheidungswege haben und schnell handeln können. Das ist aus meiner Sicht ein entscheidender Vorteil, speziell auch in schwierigen Situationen.
«Wir sind im Heimatmarkt überproportional stark gewachsen»
Zu unserer DNA zählt auch das Thema Nachhaltigkeit, dass von der Eigentümerfamilie seit vielen Jahren vorangetrieben wird. Unsere Kundinnen und Kunden schätzen auch den konservativen und ausgewogenen Ansatz, der sich in Krisen sehr bewährt hat. Das gibt ihnen Vertrauen und entsprechend Sicherheit und macht uns in unsicheren Zeiten zu einem verlässlichen, und gefragten Partner.
Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, so anzulegen wie die Fürstenfamilie selbst. Das schafft eine einzigartige Kongruenz zwischen den Interessen der Eigentümerschaft, den Kundinnen und Kunden und den Mitarbeitenden. Und schliesslich heben wir uns auch mit unserer Kompetenz im Bereich Private Markets ab. Diesen Bereich haben wir jahrelang aufgebaut, was insbesondere Family Offices anspricht.
Im Schweizer Markt hat es mit der CS-Übernahme viel Bewegung gegeben. Konnten Sie hier profitieren?
Die LGT Bank wurde vor 21 Jahren in der Schweiz etabliert und hat seitdem ein stetiges und überproportionales Wachstum erreichen können. In der Vergangenheit war das Wachstum gleichermassen verteilt über alle Märkte.
In den letzten anderthalb Jahren haben wir eine Tendenz gesehen, dass unser Schweizer Heimatmarkt im Vergleich zu anderen Märkten überproportional stark gewachsen ist. Natürlich steht das auch in Zusammenhang mit der Dynamik und den Opportunitäten, die sich hierzulande aus den Veränderungen in der Bankenlandschaft ergeben haben.
Welche Bedeutung hat das Ende der CS?
Ich glaube, dass viele zunächst wirklich überrascht waren, dass eine so etablierte und grosse Schweizer Traditionsbank überhaupt in so eine Situation geraten konnte. Aus meiner Sicht hat der Zusammenschluss der CS mit der UBS die Stabilität am Schweizer Finanzplatz wiederhergestellt. Das Management der UBS hat nun Zeit, eine erfolgreiche Restrukturierung durchzuführen.
Für die Kundinnen und Kunden war das immens wichtig, weil es Sicherheit und Stabilität gebracht hat. Sicherheit und Vertrauen sind zentral im Finanzgeschäft. Ich gehe davon aus, dass es noch einiges an Dynamik im Schweizer Markt geben wird.
«Wir haben im französischsprachigen Bereich noch mehr Potenzial»
LGT ist vor allem in der Deutschschweiz präsent, in der Romandie und im Tessin nur mit je einer Niederlassung. Sehen Sie hier noch Potenzial?
Wir sind neben unseren Niederlassungen in Zürich, Basel und Bern auch in Genf und Lugano vertreten. Wir verzeichnen Wachstum in allen Regionen und es gibt immer wieder Opportunitäten, die wir uns anschauen.
Mit unserem Hintergrund und unserem Offering sind wir eine interessante Adresse für Teams, die für Ihre Kundinnen und Kunden eine neue Heimat suchen, die für Stabilität und Kontinuität steht. Mit Blick auf eine ausgewogene Präsenz in der Schweiz würde das auch heissen, dass wir im französischsprachigen Bereich noch mehr Potenzial haben.
Ihr Spezialgebiet bei der CS war die Digitalisierung. Gibt es da bei LGT bestimmte Projekte, die Sie angehen wollen?
Digitalisierung ist aus dem Banking generell und auch aus dem Private Banking nicht wegzudenken. Die Implementierung muss aber immer sehr eng auf die Geschäftsstrategie abgestimmt sein. Die eine Lösung, die zu allem und allen passt, gibt es da nicht. Bei LGT haben wir deshalb eine sehr fokussierte und massgeschneiderte Digitalstrategie.
Wir haben das grob in drei Phase unterteilt. Derzeit sind wir dabei, erprobte Lösungen sehr schnell zu adaptieren, breit auszurollen und von bestehenden Best Practices zu profitieren. In der zweiten Phase werden wir die Leistungsfähigkeit unserer Plattform ausbauen, damit wir sie mit dem Wachstum des Geschäfts skalieren können.
Damit wollen wir Elastizität in unsere operationellen Prozesse bringen und auch unsere Relationship Managerinnen und Manager in ihrer Arbeit unterstützen. Das verändert die Zusammenarbeit, bringt Bereiche näher zusammen und stärkt die interne Innovationskraft.
Die dritte Phase bezieht sich auf die Kundinnen und Kunden und die Personalisierung der Plattform. Da ist zum Beispiel auch im Bereich Private Markets ein verbesserter Zugang geplant.
Das ist aber nicht nur auf LGT Schweiz bezogen?
Wir treiben das konzernweit voran und investieren innerhalb von fünf Jahren 200 Millionen Franken in unser Digitalisierungsprogramm. Bei Technologieinvestitionen ist Skalierung der absolut entscheidende Faktor. Wir arbeiten im Kontext Europa eng mit Liechtenstein, Österreich und Deutschland zusammen, und entwickeln und treiben diese Lösungen gemeinsam. Vieles bezieht sich auf Backoffice-Funktionen und die sind grösstenteils in Liechtenstein angesiedelt.
Wir haben den Vorteil, dass wir global auf einer Kernbankenplattform operieren. Anders ist es in Grossbritannien oder Australien, da wir dort keine Banklizenz haben. Ein Teil der IT ist heute auch in Singapur angesiedelt. Wir haben jetzt fast 50 Prozent unseres Geschäfts in Asien, und die Kundinnen und Kunden dort haben etwas andere Bedürfnisse. In Barcelona haben wir eine Digital Incubator Facility, wo wir an einzelnen Innovationen arbeiten.
Es wird viel über die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) gesprochen. Das soll auch den Finanzsektor revolutionieren. Wie ist hier die Herangehensweise von LGT?
Innovation heisst ja nicht immer alles neu zu erfinden. Es heisst auch, Dinge geschickt zu kombinieren, damit sie zu einer besseren Lösung führen. Die Möglichkeiten, die sich mit KI bieten, werden ein ganz wichtiger Faktor sein, der helfen kann, die internen Prozesse bei Banken zu verbessern. In Zukunft kann das auch zunehmend die Interaktion mit den Kunden unterstützen.
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
KI ist in der Lage, insbesondere bei repetitiven Aufgaben zu unterstützen, die jeden von uns im tagtäglichen Geschäft begleiten. Das kann man effizienter und schneller auf einem schon sehr hohen Qualitätsniveau lösen. Im Private Banking haben wir täglich etwa 2'000 Interaktionen mit Kundinnen und Kunden, die entsprechend protokolliert werden müssen.
Da kann die KI einen ersten groben Berichtsentwurf über den Inhalt und die Kundenwünsche liefern. Das kann die Kundenbetreuerinnen und -betreuer entlasten, und sie haben dann mehr Zeit für andere Aufgaben.
Ich glaube, dass künstliche Intelligenz die nächste Revolution ist. Man muss aber wissen, wie man sie sicher einsetzen kann. Gerade im Private Banking steht die menschliche Beziehung im Vordergrund und die ist schlussendlich ausschlaggebend für die Vertrauensbasis.
Anke Bridge-Haux ist seit November 2023 CEO der LGT Schweiz. Sie ist die Nachfolgerin von Heinrich Henckel, der nach zehn Jahren als CEO in den Verwaltungsrat der Schweizer Einheit wechselte. Bei der Credit Suisse (CS) Schweiz war Bridge Haux zwölf Jahre tätig und sass zuletzt als Leiterin des Bereichs Personal & Business Banking (P&BB) in der Geschäftsleitung. Sie hatte zuvor in den Bereichen Digitalisierung und Produkte verschiedene Leitungsfunktionen inne. Bei der CS hat sie auch 1999 ihre berufliche Karriere gestartet, war dann aber zwischenzeitlich von 2005 bis 2011 bei der UBS.