Der Abbau von Schaltern zugunsten des Online-Kanals hat eine Kehrseite: Kunden brauchen mehr Unterstützung bei Bankgeschäften. Doch zahlreiche Institute sind dafür kaum erreichbar, wie ein Test nun zeigt.
Bei ihren Geldgeschäften sind Schweizerinnen und Schweizer heutzutage oftmals ihre eigenen Banker: Neun von zehn Bankkunden nutzen die E-Banking-Dienste des Instituts ihrer Wahl. Die Verwendung von Smartphones für Bankgeschäfte nimmt rasant zu. Entsprechend dominant ist der Digital-Kanal inzwischen im hiesigen Retailbanking.
Für die Banken verheisst dies einerseits Kostenersparnisse. Mit den sich selbst bedienenden Kunden wird die eigene Organisation entlastet, und die Vor-Ort-Präsenz kann auf einige strategische Plätze reduziert werden. Anderseits bedingt die Verlagerung weg vom Schalterbetrieb auch neue Investitionen: Ein höherer Selbstbedienungsgrad führt oftmals zu zusätzlichen Kundenanliegen und dadurch zu mehr Anrufen bei den Kontaktzentren und Helpdesks der Bank, wie die Wissenschafter am Institut für Finanzdienstleistung Zug (IFZ) der Hochschule Luzern in einem aktuellen Blog-Beitrag festhalten.
Viele Nachzügler
Die Finanzexperten haben es nun in der neuesten Ausgabe einer alle zwei Jahre durchgeführten Erhebung unternommen, die Erreichbarkeit von Schweizer Retailbanken zu testen. Dazu wurden Anfang Jahr die 50 grössten Akteure in Inlandgeschäft untersucht; neu dazugekommen sind ausserdem die Banking-App-Anbieter Flowbank, Neon, Kaspar&, Yapeal, Yuh, Zak sowie Swissquote.
Und es zeigt sich: die Verfügbarkeit von rund der Hälfte der getesteten Häuser ist weiterhin tief, nach den Kriterien der IFZ-Analyse. Diese lauten wie folgt:
- Permanente Verfügbarkeit
- Sehr hohe Verfügbarkeit, täglich, inklusive Samstag und Sonntag
- Hohe Verfügbarkeit unter der Woche, Verfügbarkeit auch am Samstag
- Mittlere Verfügbarkeit unter der Woche, keine Verfügbarkeit am Wochenende
- Tiefe Verfügbarkeit unter der Woche, keine Verfügbarkeit am Wochenende
Neobanken nur während Bürozeiten erreichbar
Unter den Banken, die der am meisten verbreiteten letzten Kategorie angehören, finden sich auch einige grössere Player. So etwa die Basler Kantonalbank deren Tocher Bank Cler, und die St. Galler Kantonalbank. In jener Gruppe findet sich erstaunlicherweise auch die Hypothekenbank Lenzburg, die eigentlich als Fintech-Vorreiterin der Branche gilt. Gemäss der Studie haben zudem die Bernerland Bank, die LLB Schweiz (ehemals Bank Linth), die WIR Bank sowie Waliser Kantonalbank ihre Erreichbarkeiten zwischen 2,5 und 7,5 Stunden pro Woche reduziert.
Damit entfernten sie sich noch weiter vom führende Lager der permanent verfügbaren Adressen. Dazu zählen gemäss der IFZ-Studie die Grossbank UBS und die Basellandschaftliche Kantonalbank; mit einer sehr hohe Verfügbarkeit punkten derweil die Credit Suisse (CS), die Zürcher Kantonalbank, die Genfer Kantonalbank sowie das Online-Haus Flowbank. 16 weitere Banken zeigen eine hohe Verfügbarkeit unter der Woche und sind zusätzlich am Samstag erreichbar.
Wichtig für die Kundenzufriedenheit
Durchzogen ist das Angebot der Neobanken: Während Flowbank sowie Yuh (App-Kooperation von Postfinance und Swissquote) auch zu Randzeiten erreichbar sind, verfügen Zak (Bank Cler), Neon und Kaspar& lediglich über eine Hotline zu «Bürozeiten».
Die Erreichbarkeit sagt noch wenig aus zur Gesamtqualität der Hilfeleistung, wie die Studienautoren einräumen. Als Hygienefaktor ist ein hohe Präsenz für Kundenanfragen dennoch nicht zu unterschätzen. «Eine schnelle und effiziente Lösung von Problemen im Online Banking und Mobile Banking trägt massgeblich zur Zufriedenheit der Kundschaft bei», geben die IFZ-Experten zu bedenken.
Ist KI die Lösung?
Allerdings stellt die Studie fest, dass sich die Öffnungszeiten der Helpdesks für Mobile und Online Banking seit Jahren kaum verändert haben und sogar einen leichten Rückgang zeigen.
Bankkundinnen und -kunden müssen deshalb darauf hoffen, dass Künstliche Intelligenz (KI) und Chatbots im Schweizer Retailbanking rasch mehr Verbreitung finden. Bei einer weiteren rasanten Entwicklung der Technologie können in fünf Jahren mehr als die Hälfte der Anfragen erfolgreich über Bots abgewickelt werden, schätzt hofft man nun immerhin beim IFZ.