Die von Spartenchef Iqbal Khan angeführte UBS-Vermögensverwaltung hat zuletzt viel mehr Kundengelder eingesammelt als erwartet. Doch die Integration der Credit-Suisse-Vermögen wird für den Manager keine Spazierfahrt auf glatter See.
Iqbal Khan dürfte sich am gestrigen Dienstag in Gedanken auf die Schulter geklopft haben. Rastlos jettet der Chef der UBS-Vermögensverwaltung-Sparte GWM seit der Übernahme der Credit Suisse (CS) um den Erdball, trifft wichtige Kunden, motiviert seine Private Banker. Dies alles, um in der Integration das Momentum zu erhalten und die Vision vom «Wealth Management Powerhouse» auf den Boden zu bringen.
Sein Einsatz hat sich bezahlt gemacht, betrachtet man dem Ergebnis der kombinierten Grossbank im dritten Quartal: Das abgelaufene Jahresviertel gibt einem Vorgeschmack darauf, was die 5-Billionen-Dollar-Privatbank dereinst leisten könnte.
Alle drei Jahre eine Julius Bär?
Zwischen Anfang Juli und Ende September zog Khans Division alleine Neugelder in der Höhe von 22 Milliarden Dollar an – fast das Doppelte, was aufgrund der bisherigen Angaben zu erwarten gewesen wäre. Künftig könnten es noch viel mehr sein: Analysten glauben, die kombinierte UBS sei nach abgeschlossener Integration in der Lage, pro Jahr 150 Milliarden Dollar Neugeld einzusammeln. Das wären alle drei Jahre eine neue Julius Bär.
Eindrücklich ebenfalls, dass es der Vermögensverwaltung der CS gelungen ist, selber 3 Milliarden Dollar Neugeld zum Ergebnis beizusteuern. Noch im Vorquartal waren dort bei der UBS-Tochterbank 30 Milliarden Dollar abgeflossen, nach 51 Milliarden im ersten Quartal 2023 und einem Minus von 95 Milliarden Dollar Ende 2022. Der «Bank Run» bei der CS scheint damit Geschichte zu sein.
Umschalten auf «Net New Money +»
Da erscheint es fast aberwitzig, dass die UBS bei der Berechnung des Neugelds künftig einen buchhalterischen «Booster» schalten will. Vom vierten Quartal an vermeldet die Grossbank «Net New Money +» und berücksichtig in der Kennzahl neu auch Dividenden- und Zinszahlungen auf den ergatterten Vermögen. Hätte die UBS dies bereits im dritten Quartal so gemacht, hätte sie Nettoneugeld von 39 Milliarden Dollar ausgewiesen und damit die weltweite Nummer eins im Private Banking, die US-Grossbank Morgan Stanley, mit ihren 35,7 Milliarden Dollar bereits überrundet.
Indes, und davor warnte auch der UBS-Finanzchef Todd Tuckner am Dienstag eindringlich: Die Integration der CS ist kein linearer Weg für die UBS. Verluste und Gewinne können sich abwechseln, und das Gleiche gilt für das Neugeld. Den Schwung, den die kombinierte Grossbank bei der unmittelbaren «Rückholung» von geflüchteten CS-Kundengeldern zuletzt an den Tag legte, würden so unversehens verpuffen.
Verzögerung von mehreren Monaten
Mehr noch, angesichts der zahlreichen Abgänge von erfahrenen Kundenberatern und Kadern bei der CS – und zuletzt auch bei der UBS – könnte die sprudelnde Neugeldquelle bald wieder einem Aderlass weichen. Ob und wann dies geschieht, ist dabei ungewiss: Zwischen den Personalabgängen selber und dem dem Vermögen der Private Banker, die Gelder ihrer einstigen Kunden beim neuen Arbeitgeber erfolgreich einzubuchen, liegen oft mehrere Monate.
So gesehen könnte die «zweite Welle» an Abflüssen bei der CS, wie sie Julius-Bär-Präsident Romeo Lacher vergangenen Frühling in den Raum stellte, erst noch zu Rollen beginnen.
Fokus auf das Tagesgeschäft
Das Börsenumfeld bleibt angesichts der hohen Inflation und des unklaren Kurses der führenden Notenbanken ebenfalls unberechenbar. Bei der UBS sanken wohl auch aufgrund der Buchverluste in den Kundenportfolios die investierten Vermögen im dritten Quartal um 157 Milliarden auf 5’530 Milliarden Dollar.
Jene Wellenbewegungen zu verstetigen, darin sieht auch Bankenexperte Christian Hintermann von der Beratungsfirma KPMG die Krux, wie er unlängst gegenüber finews.tv erklärte. «Das Ausmass des positiven Impacts der Transaktion wird deshalb entscheidend davon abhängen, wie schnell es der UBS gelingt, die Unsicherheit bei der Kundschaft und den Mitarbeitenden aus dem Weg zu räumen und den Fokus wieder aufs Tagesgeschäft sowie auf die Arbeit mit den Kundinnen und Kunden zu richten», so der Bankenspezialist.
Die grosse Herausforderung
Vom schwer berechenbaren Integrationsprojekt zum «Wealth Management Powerhouse» mit stetem Wachstum zu gelangen, darin liegt demnach die grosse Herausforderung nicht nur für GWM-Chef Khan, sondern auch für UBS-CEO Sergio Ermotti. Die Details des Fahrplans bis ins Jahr 2024 hat der Tessiner Bankmanager nun Anfang Woche dargelegt.
Nun muss die UBS der Welt und den Märkten beweisen, dass sie in der Lage ist, diese Wegmarken im bisher an den Tag gelegten hohen Tempo zu erreichen.