Der historische Showdown der 167-jährigen Schweizer Grossbank Credit Suisse ging am Dienstag mit immenser Enttäuschung und Bitterkeit sowie mit einer Inflation an Entschuldigungen über die Bühne des Zürcher Hallenstadions. 

Mit grossen Emotionen und ebenso grosser Konsternation verlief die letzte Generalversammlung (GV) der Credit Suisse (CS) am Dienstag in Zürich.

Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, als ein Aktionär feststellte, dass die CS die Finanzkrise von 2008 so gut gemeistert habe, während damals die UBS mit Steuergeldern gerettet werden musste. «Wir waren da oben», sagte er, und die bittere Realität sei nun, dass die CS von der UBS übernommen werde.  

Anwesende Aktionärinnen und Aktionäre ohne Einfluss

Anwesend waren insgesamt 1'748 Aktionärinnen und Aktionäre, die allerdings nur 13 Millionen Aktienstimmen vertraten.

Demgegenüber vereinigte der unabhängige Stimmrechtsvertreter 1'565 Aktionärinnen und Aktionäre mit 1,578 Milliarden Aktienstimmen. Die einschlägig bekannten Aktionäre, namentlich aus dem Nahen Osten, machten sich zu keinem Zeitpunkt bemerkbar. 

«Alles Verbrecher»

Stellvertretend für die meisten Voten der CS-Kleinaktionärinnen und -aktionäre waren die Äusserungen einer jungen Frau, wonach die CS-Topmanager seit 2013 mehr als 32 Milliarden Franken an Boni erhalten hätten und allein im vergangenen Jahr 7,3 Milliarden Franken Verlust erzielt hätten. Mit System sei der Laden ausgeräumt worden, sagte sie weiter und erntete dafür aus dem Publikum einige Zustimmung, wie «Alles Verbrecher. Ihr gehört hinter Gitter. Brot und Wasser».

Gleichzeitig warnte die Aktionärin vor der geplanten «Monster-UBS»: «Mit dieser Fusion erhalten wir noch eine grössere Gangster-Bande», sagte sie. Wir müssen unser kollektives Stockholm-Syndrom überwinden. Wir brauchen keine solche Banken. Und Bonus-Zahlungen gehören verboten.»

Immensen Schaden für das Ansehen der Schweiz

Insgesamt verlief die GV langfädig und über mehr als vier Stunden - gleichzeitig aber auch erstaunlich gesittet, obwohl die Emotionen bisweilen hoch gingen. «Rohner und Konsorten haben einen immensen Schaden für das Ansehen der Schweiz angerichtet», stellte ein Aktionär fest und meinte damit den früheren, langjährigen CS-Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner (2011 bis 2021) und folgerte: «Ein Lehrling hätte die CS mit seinem Lehrlingslohn nicht schlechter geführt.»

CS-Präsident Lehmann leitete die GV mit ruhiger Hand, wirkte aber fragil und ohne grosse Ausstrahlung. Er entschuldigte sich mehrmals für die Vorgänge innerhalb der CS in den vergangenen Jahren und erhielt dafür auch Applaus von den Aktionärinnen und Aktionären. Konzernchef Ulrich Körner rang sich ebenfalls zu einem «mea culpa» durch.

Lehmann steht in seiner Funktion als Präsident trotz der jüngsten Ereignisse weiterhin in der Pflicht. Denn bis zum Vollzug der Übernahme der CS durch die UBS gilt die Bank als eigenständige Einheit, wie er betonte. Er rechnet mit dem Vollzug «hoffentlich» im zweiten Quartal 2023.  

Vergütungsbericht hauchdünn angenommen

Im Rahmen der Abstimmungen sorgte vor allem die Konsultativabstimmung über den Vergütungsbericht 2022 für Aufsehen, da sie nur knapp angenommen wurde. Die Ja-Stimmen beliefen sich auf 50,06 Prozent der Stimmen; also fast gleich viele lauteten auf Nein. Das ist angesichts der grossen Frustration der Aktionärinnen und Aktionäre nicht ganz überraschend.

Bei der Wahl des Verwaltungsrats traten fünf Bisherige nicht mehr an, nämlich: Shan Li, Seraina Macia, Blythe Masters, Richard Meddings und Ana Paula Pessoa.

Fixe Vergütung der Geschäftsleitung abgelehnt

Um die Geschäfte ordnungsgemäss weiterzuführen, braucht die CS als statutarisches Minimum sieben Verwaltungsräte. Neben CS-Präsident Axel Lehmann (gewählt mit Ja-Stimmen: 55,67 Prozent), wurden Mirko Bianchi (Ja-Stimmen: 52,39 Prozent), Iris Bohnet (Ja-Stimmen: 51,76 Prozent), Clare Brady (Ja-Stimmen: 54,64 Prozent), Christian Gellerstad (Ja-Stimmen: 50,05 Prozent), Keyu Jin (Ja-Stimmen: 52,05 Prozent) und Amanda Norton (Ja-Stimmen: 55,94 Prozent) gewählt.

Lehmann muss sich etwas überlegen

Bei der fixen Vergütung der Geschäftsleitung stimmten nur 48,43 Prozent der Aktionärinnen und Aktionäre dem Antrag des Verwaltungsrats zu, 48,21 Prozent stimmten dagegen. Damit wurde die Vergütung der Geschäftsleitung abgelehnt.

Mit anderen Worten: Die Mitglieder der Geschäftsleitung erhalten für die verbleibenden Monate bis zur Integration in die UBS keinen Lohn mehr. Dazu erklärte Lehmann: «Wir werden uns überlegen, wie wir nun vorgehen.» Ein CS-Sprecher präzisierte gegenüber finews.ch, dass man nun nach Arbeits- und Obligationenrecht eine Lösung werde finden müssen.

Das Ende

Die Vergütung des Verwaltungsrats wurde hauchdünn mit 50,42 Prozent angenommen. Mit stockender Stimme sagte Lehmann abschliessend: «Das war die letzte ordentliche Generalversammlung der Credit Suisse Group.» Sie endete am 4. April 2023 kurz vor 15:30 Uhr.