Die Rückkehr des Tessiners Sergio Ermotti zur UBS wirkt in der Schweizer Politik zunächst vertrauensbildend. Die Gefahr ist jedoch gross, dass der UBS-Chef auch für politische Ränkespiele vor den Karren gespannt wird.
Nachdem sich die Credit Suisse (CS) in die schützende Obhut der UBS begeben hat, steht der neue Bankenkoloss unter noch schärferer Beobachtung. Dass der wieder zum CEO ernannte Sergio Ermotti das Räderwerk der Schweizer Politik kennt und mit vielen Meinungsmachern bestens vernetzt ist, ist in der politisch aufgeladenen Debatte um die «Monsterbank UBS» nicht zu unterschätzen.
Mit der Rückkehr des Tessiners Ermotti dürfte die UBS die politische Brisanz der Übernahme jedenfalls besser unter Kontrolle haben als mit dem Vorgänger Ralph Hamers. Gegen den Niederländer, der erst im November 2020 als CEO übernommen hatte, wird zudem wegen Verdacht auf Geldwäscherei während seiner Zeit bei der Grossbank ING noch immer ermittelt.
Unterstützung von Bürgerlichen
In dieselbe Richtung deuten auch die ersten Wortmeldungen aus der Politik zum Rückkehrer Ermotti, welche die Pendlerzeitung «20 Minuten» gesammelt hat. SVP-Nationalrat und Banker Thomas Matter bezeichnete die Ernennung als hervorragenden Schritt und schob gleich nach, dass die SVP vom Bundesrat verlangt, dafür zu sorgen, dass die Mehrheit der Verwaltungsräte von grossen Firmen Schweizer Bürgerinnen und Bürger seien.
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann wertete die Ernennung als ein starkes Zeichen an die Politik, um gemeinsam Lösungen zur Bewältigung der Krise zu finden.
Misstrauen von Links
SP-Nationalrätin Sarah Wyss zeigte sich über die Rochade erstaunt und stellte klare Forderungen an Ermotti. Es brauche einen Sozialplan zur Übernahme der Credit Suisse, die UBS müsse die Risiken der neuen Grossbank minimieren und Ermotti müsse die Boni drastisch senken oder verbieten.
Sergio Ermotti (Bild: Keystone)
Schon diese ersten Reaktionen zeigen, dass Ermotti auf dem politischen Parkett zahlreiche glitschige Stellen vorfinden wird. Zugleich schlägt der UBS aus der Bevölkerung ein ziemlicher Gegenwind entgegen, lehnt doch eine Mehrheit den Kauf der Credit Suisse unter Beizug von staatlichen Garantien ab.
Neben Ermotti wird es auch am Schweizer UBS-Vizepräsidenten Lukas Gähwiler liegen, die Sympathien zurückzugewinnen und dafür zu sorgen, dass die UBS nicht zu einem Spielball der Politik wird.
Dampf ablassen
Wie gross das Interesse der Politik ist, lässt sich allein schon daran messen, dass das Parlament an einer ausserordentlichen Session vom 11. bis zum 13. April zur Übernahme der CS durch die UBS und den vom Bund gewährten finanziellen Garantien Dampf ablassen wird.
Zu reden geben werden dort unter anderem die Verpflichtungskredite von 109 Milliarden Franken zur Absicherung des Zusammenschlusses, die der Bundesrat beschloss. Beliebt ist aber in Bundesbern auch die Forderung, dass die UBS das Schweizer Geschäft der CS rasch wieder abspalten soll, um den Wettbewerb auf dem Schweizer Bankenplatz zu stärken und Massenentlassungen zu verhindern.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die systemrelevante UBS ein Klumpenrisiko für die Schweiz birgt. Für viele politische Kommentatoren ist die neue UBS nicht nur «too big to fail», sondern auch «too big to bail out».
Eine PUK wird konkret
Erstmals seit fast 30 Jahren dürfte zudem eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) tätig werden. In der erst fünften PUK in der Geschichte der Schweiz sollen Mitglieder von National- und Ständerat frühestens ab dem Sommer die Rolle der Behörden bei der CS-Rettung detailliert untersuchen.
Die PUK-Mitglieder haben weitreichende Befugnisse und dürfen selbst Protokolle der Bundesratssitzungen oder geheime Informationen einsehen. Zudem können sie Drittpersonen vorladen, in diesem Fall also etwa Spitzenpersonal von UBS oder CS. Falschaussagen vor der PUK sind strafbar.
Politische Ranküne
Eine PUK gilt zwar als schärfste Waffe der parlamentarischen Oberaufsicht, welche die Ereignisse um den Niedergang der zweitgrössten Schweizer Bank schonungslos ans Licht bringen dürfte.
Allerdings geht es bei einer PUK immer auch um eine Machtdemonstration. Zugleich können gewiefte Parteistrategen Symbolpolitik machen und angebliche oder tatsächliche Verfehlungen lange ausschlachten. Angesichts der im Oktober stattfindenden nationalen Parlamentswahlen werden zweifellos zahlreiche Politiker in ihrem Wahlkampf davon Gebrauch machen.
Aufsicht mit schärferen Zähnen
Ermotti wird auch gegenüber den Aufsichtsbehörden einen Eiertanz aufführen müssen. So forderte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) unlängst weitergehende Sanktionsmöglichkeiten wie die Verteilung von Bussen oder Zwangsmassnahmen gegen fehlbare Manager.
Finma-Direktor Urban Angehrn beklagte öffentlich, dass die Hürden bei der Bestrafung von Einzelpersonen sehr hoch seien und die Aufsicht in der Kommunikation der Fälle eingeschränkt sei.