Die US-Bundesstaatsanwaltschaft hat vier Banker der CS angeklagt und zur Verhaftung ausgeschrieben. Sie sollen zum Betrug der USA beigetragen haben.
Es geht um drei Schweizer und einen italienischen Staatsbürger, in seiner Mitteilung nennt das amerikanische Justizministerium die Namen: Marco Parenti Adami, Emanuel Agustino, Michele Bergantino und Roger Schärer. Alle vier arbeiten oder arbeiteten für die Credit Suisse.
Der Vorwurf: Sie sollen sich in illegalen grenzüberschreitenden Bankgeschäften betätigt haben, welche ihren amerikanischen Kunden halfen, Einkommenssteuern zu verstecken; dabei hätten sie für die US-Kunden geheime Konti bei der Credit Suisse und auch bei anderen Banken betreut («maintaining secret bank accounts at the bank and other Swiss banks»).
Zwei Generationen von Steuerflüchtlingen
Die Credit Suisse wird vom Justizministerium nicht namentlich genannt (die Rede ist stets von «the bank» respektive einer internationalen Grossbank mit Sitz in Zürich); dieses Vorgehen war schon im Fall des Steuerstreits um die UBS gängig.
Im Herbst 2008 habe die nicht genannte Bank Tausende geheimer Konti für Kunden in den USA geführt, mit insgesamt mehr als drei Milliarden Dollar an Assets under management.
Bemerkenswert ist die Feststellung des Justizministeriums, dass die conspiracy, die nun untersucht und verfolgt werden soll, bis aufs Jahr 1953 zurückgehe und «zwei Generationen von US-Steuerflüchtlingen» betreffe.
Betrugsschema bei anderen Banken fortgesetzt
Marco Pesenti Adami, einer der Angeklagten, ist Head Department bei Credit Suisse in Genf; zuvor war er Senior Relationship Manager und zuständig für die Betreuung institutioneller italienischer Kunden. Er ist italienischer Staatsbürger. Laut dem Justizministerium in Washington betreute er auch reiche US-Kunden in Nordamerika, und ihm unterstanden andere Banker mit ähnlicher Kundschaft.
Roger Schärer habe für die Bank in New York gearbeitet, so die Mitteilung zu einem anderen Betroffenen. Dabei habe er US-Steuerzahler durch die Betreuung geheimer Konti unterstützt.
Die beiden anderen Angeklagten – Emanuel Agustino und Michele Bergantino – seien für die Bank in die USA gereist, um amerikanischen Steuerzahlern beim Management ihrer geheimen Konti zu helfen. Agustino habe die Bank inzwischen verlassen, «um das Steuerbetrugsschema bei zwei weiteren Schweizer Privatbanken fortzusetzen». Nach Credit Suisse arbeitete er – so ist dem Handelsregister zu entnehmen – für die Zürcher Privatbank Maerki Baumann.
Ein Michele Bergantino arbeitet (laut Handelsregister-Einträgen) derzeit für die Vontobel Swiss Wealth Advisors, nachdem er zuvor für die Credit Suisse Private Advisors tätig gewesen war.
Betont muss werden, dass die Unschuldsvermutung gilt.
Scheinkonti in Steueroasen
Das Justizministerium wirft allen Angeklagten vor, ihre amerikanischen Kunden zu Auslandsreisen veranlasst zu haben – auf die Bahamas oder in die Schweiz –, um dort mit ihnen geheime Bankgeschäfte zu betreiben. Auch hätten sie unter anderem in Steueroasen Scheinkonti für die Kunden gegründet.
Und nachdem die Credit Suisse beschlossen habe, die geheimen Konti von US-Kunden zu schliessen, hätten die vier Banker ihre Kunden ermutigt und ihnen dabei geholfen, Gelder zu anderen Banken in Hongkong oder in der Schweiz zu verschieben. Zugleich hätten sie die Kunden davon abgehalten, sich beim letztjährigen Amnestieprogramm der US-Steuerbehörde IRS zu beteiligen.
Keiner der vier Angeklagten sei verhaftet, so ein Sprecher des Justizministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur «Bloomberg». Sie zitiert auch CS-Sprecher Marc Dosch mit der Aussage, die Bank kooperiere bei den Ermittlungen mit den Behörden.
Erwähnt werden muss, dass die US-Behörden zudem vor rund zwei Wochen einen CS-Angestellten verhaftet haben, Christos Bagios; auch ihm droht nach amerikanischen Medienberichten eine Anklage wegen Beihilfe zur Steuerflucht (mehr dazu hier).
«Ich wäre schockiert»
In diesem Fall war bislang unklar, ob sich die Ermittlungen eher gegen die UBS oder gegen CS richtet – denn der Verdächtigte arbeitet einerseits im Kader von Credit Suisse Private Advisors, allerdings erst seit zwei Jahren. Zuvor war er 15 Jahre lang im Wealth Management der UBS. Das Setting der neuen Anklage deutet allerdings darauf hin, dass nun eher die CS im Visier steht – auch in diesem Fall.
«Bloomberg» zitiert Bill Sharp, einen spezialisierten Steueranwalt in Florida, mit der Aussage: «Ich wäre schockiert, wenn das Justizministerium nicht eine Strafklage gegen Credit Suisse prüfen würde. Es geht um Schlüsselmanager und Repräsentanten der Bank, die anscheinend illegale Handlungen auf amerikanischem Boden ausübten.»
Anders wird dies bei der Credit Suisse gesehen. Bei der Grossbank sieht man sich nicht unter Verdacht. «Die Untersuchung zielt nicht auf die Credit Suisse. Wir arbeiten mit den Behörden bei deren Untersuchung gegen diese vier Personen zusammen», heisst es seitens der Credit Suisse.