Die Credit Suisse mache mit der Integration der Neuen Aargauer Bank einen grossen Fehler: Das sagt nicht nur Oswald Grübel, der gleiche Pläne einst begraben hatte. 200'000 Kunden stehen für die Grossbank auf dem Spiel.
Die Credit Suisse (CS) müsse nun mit den Kunden der Neuen Aargauer Bank (NAB) gut kommunizieren, sagte Schweiz-Chef André Helfenstein gegenüber der «Aargauer Zeitung» zum Risiko einer Abwanderungswelle der NAB-Kunden. «Wichtig sind hervorragende Angebote.»
Wenn sich da die CS nur nicht verrechnet. Zunächst: Von den hervorragenden Angeboten der Grossbank haben viele NAB-Kunden wohl noch nie etwas vernommen. Auch nicht so potente Kundschaft wie Roland Brack, den Schweizer E-Commerce-Pionier und Multimillionär. Ihm seien als langjährigem NAB-Kunden nie zusätzliche Dienstleistungen der CS angeboten worden, sagte Brack an einem Bankenanlass vom vergangenen Dienstag.
Einzigartige Marke gegen austauschbare Bankdienstleistungen
Der 48-Jährige Besitzer von Brack.ch, der Online-Detailhändler knackt demnächst die Milliarden-Umsatzgrenze, liess offen, ob er die NAB-Integration in die CS mitmachen werde.
Das Risiko ist gross, dass ein guter Teil der 200'000 NAB-Kunden das nicht tun wird. Was die CS vergisst: eine eigenständige und Identität stiftende Bankmarke lässt sich nicht durch austauschbare Bankdienstleistungen ersetzen. Oder anders gesagt – die «Suisse», welche die CS in ihrem Namen so stolz vor sich her trägt, mag für einen NAB-Kunden, dem der «Aargau» im Namen seiner Bank wichtig ist, keinen Ersatz darstellen. Das ist die Krux des Schweizer Föderalismus.
Grübel hörte auf die Aargauer
Das hatte auch Oswald Grübel eingesehen, der zwischen 2003 und 2007 CEO der CS gewesen war. Grübel hatte offenbar einen fixfertigen Zehn-Punkte-Plan, die NAB zu integrieren. Doch dann liess er diesen fallen, wie er gegenüber der «Aargauer Zeitung» sagte.
«Wir sprachen zu meiner Zeit über diese Idee, kamen aber zur Überzeugung, dass ein solcher Schritt nicht klug wäre.» Es sei ein grosser Fehler, die Marke NAB aufzugeben, sagte er nun zur Zeitung.
«Jeder zweite NAB-Kunde springt ab»
Grübel hatte damals auf Aargauer gehört. Der langjährige NAB-Verwaltungsrats-Präsident Josef Bürge hatte ihn gewarnt. «Ich sagte damals Oswald Grübel, dass jeder zweite NAB-Kunde abspringen würde.» Er habe stets für die Eigenständigkeit und für den «Aargau» im Namen gekämpft, so Bürge.
Auch Grübels Nachfolger Brady Dougan sowie Tidjane Thiam beliessen die NAB in ihrer Eigenständigkeit – trotz einfach ersichtlichem Synergiepotenzial im Falle einer Integration. Der jetzige CS-CEO Thomas Gottstein hat anders entschieden.