Vor wenigen Wochen blitzte Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner bei Grossaktionären mit dem Wunsch einer Verlängerung seiner Amtszeit ab. Wertvolle Zeit ging verloren. Nun muss er unter widrigsten Umständen einen Nachfolger suchen.
Als Urs Rohner im Frühling 2011 von den Aktionären zum Präsidenten der Credit Suisse (CS) gewählt wurde, kannte er die Bank schon im Detail: Er hatte bereits zwei Jahre als Vizepräsident gedient und davor fünf Jahre lang im Top-Management der Bank gearbeitet.
Seinem Nachfolger mutet er im Gegensatz dazu einen Sprung ins kalte Wasser zu. Mit der Generalversammlung der CS Ende April beginnt der 60-jährige Rohner sein letztes Jahr an der Spitze der Bank. Doch offenbar ist die Nachfolgeplanung noch nicht weit fortgeschritten.
Keine Verlängerung
Tatsächlich schrieb die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) Anfang dieses Monats, Rohner habe noch im Februar bei Grossaktionären der Bank eine Verlängerung seiner Amtszeit über die Beschränkung von zwölf Jahren hinaus beliebt machen wollen. Ironischerweise betont der Präsident in seinem Aktionärsbrief vom Mittwoch, diese Beschränkung habe er selbst eingeführt.
Allerdings sei der Zürcher, der ein solches Ansinnen gegenüber der britischen Zeitung deutlich bestritt, damit bei den Aktionären abgeblitzt. Namentlich Blackrock, die den Präsidenten in seinem Machtkampf gegen den zurückgetretenen CEO Tidjane Thiam eigentlich unterstützte, machte diesen Rückhalt von Rohners pünktlichem Rücktritt abhängig. David Herro von Harris Associates drohte gar mit der Abwahl von Rohner, sollte dieser Thiam entlassen.
Hohe Anforderungen
Nun bleibt dem Governance and Nominations Committee im Verwaltungsrat, dem der Präsident selbst vorsteht, weniger als ein Jahr, um einen Nachfolger zu finden, der die vielen Stakeholder des Unternehmens zufriedenstellt.
Eine interne Nachfolge ist höchst unwahrscheinlich: Im Verwaltungsrat findet sich keine geeignete Persönlichkeit, für ein «Cooling Off» wie es Rohner als Vizepräsident machte, bleibt keine Zeit. Entsprechend ist es auch unwahrscheinlich, dass zunächst ein Übergangs-Präsident ins Amt gehievt wird, so wie dies mit Hans-Ulrich Dörig im Jahr 2009 der Fall gewesen war.
Neben der erforderlichen Zeit – Präsident einer Schweizer Grossbank ist ein Vollzeitjob – und den fachlichen Qualifikationen, muss der Kandidat oder die Kandidatin bereits in der Schweiz wohnen oder zumindest gewillt sein, hier einen Grossteil des Jahres zu verbringen. Zudem darf die Person nicht zu alt sein, um der Bank im Idealfall ebenfalls ein gutes Jahrzehnt lang dienen zu können.
Eingeschränkter Kandidatenkreis
Durch die Scharmützel mit Thiam und den Aktionären, die den geschassten CEO zum Teil öffentlich unterstützten, hat Rohner wichtige Zeit bei der Suche nach einem Nachfolger verloren. Nun macht ihm die Coronavirus-Pandemie zusätzlich einen Strich durch die Rechnung: Persönliche Interviews werden in den nächsten Monaten schwierig, zudem wird kein hochkarätiger Manager der Finanzbranche angesichts einer ausbrechenden Weltwirtschaftskrise seinen Posten verlassen wollen.
Damit ist der Kandidatenkreis weiter eingeschränkt. Regelmässig genannt wird Philipp Hildebrand, der vor acht Jahren als Präsident der Schweizerischen Nationalbank zurücktreten musste und derzeit bei Blackrock in der Geschäftsleitung sitzt.
Über alle Zweifel erhaben
Auch der frühere UBS-Manager Ulrich Körner gilt als Kandidat. Alexander Gut, bereits Verwaltungsrat der CS und Sohn des Ehrenpräsidenten der Bank, nahm sich derweil selbst als Kandidat aus dem Rennen.
Angesichts der Unruhe, die unter Rohners und Thiams Führung an der CS-Spitze herrschte, ist es umso wichtiger, dass der Nachfolger des Präsidenten über alle Zweifel erhaben ist. Er oder sie soll auch mit einer Aussage glaubwürdig sein, wie sie Rohner 2014 nach einem Schuldeingeständnis und einer Rekordbusse der Bank machte.
«Persönlich haben wir eine weisse Weste», sagte er damals.