Die Online-Handelsplattform Galaxus schaltet die Bezahl-App Twint nach einem Knatsch um höhere Gebühren ab. Ein Indiz, dass der Handel den Banken bei ihren Fintech-Plänen noch zu schaffen machen könnte.
«Es hat sich ausgetwintet» – unter dieser Überschrift setzt die Schweizer Online-Händlerin Digitec Galaxus ihre Kunden darüber in Kenntnis, dass sie die Bezahlapp Twint auf Ende Februar abgeschaltet hat. Die Begründung: Twint habe die Übermittlungsgebühr, welche die Plattform zu berappen hat, um ein Vielfaches anheben wollen.
Die genaue Höhe der Gebühr bleibt geheim; wie Beobachter berichten, sollte die neu von Twint eingeforderte Gebühr mehr als das Zehnfache der bisherigen kosten.
Teurer als Kreditkarten?
Twint startete als Debit-App. Doch wie Galaxus am (heutigen) Montag im in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Knatsch nachdoppelte, sind «manche Kreditkarten bei uns günstiger als die Twint-Offerte». Die App, findet Galaxus, habe im Onlinehandel nur eine Daseinsberechtigung, wenn die Dienstleistung klar günstiger sei als die von Kreditkarten.
Die Firma Twint, zu deren Eignern neben der Schweizer Börsenbetreiberin SIX und diversen Schweizer Grossbanken seit 2018 auch die französische Zahlungsdienstleisterin Worldline zählen, bezichtigte Galaxus ihrerseits der «Verbreitung unwahrer Informationen».
Fertig Sonderkonditionen
Twint habe Digitec Galaxus den Vertrag zur Nutzung der App gekündigt, weil die Gegenseite die «faire und bei allen Zahlungsmitteln übliche» Übermittlungsgebühr nicht habe bezahlen wollen. Twint sei im Gegenzug nicht mehr bereit gewesen, die beim Start der App gewährten Sonderkonditionen länger zu gewährleisten.
Nach eigenen Angaben von Twint nutzen 7'000 Händler und 2 Millionen Schweizer Kunden die digitale Brieftasche. Zu den angeschlossenen Unternehmen zählen mit Coop und der Galaxus-Mutter Migros auch die grössten Schweizer Retailer. Das klingt nach viel Marktmacht – und doch tanzt Galaxus ganz offen aus der Reihe, nun, da Twint die gewonnenen Skalen weiter rentabilisieren will.
Steilpass für Apple Pay & Co
Das weist auf einen aufkommenden Konflikt bei der Digitalisierung des Zahlungsverkehrs hin: Die schöne digitale Welt der Banken und Fintechs, die Kunden mit Tiefstgebühren und schnellem Service lockt, hat einen Haken für den Handel – dieser zahlt via Übermittlungsgebühr zunehmend die Zeche. Kommentare auf der Webseite von Galaxus weisen bereits daraufhin, dass da die Faust im Sack gemacht wird.
Eine Belastung des Zahlungs-Dreiecks zwischen Kunde, Handel und Bank ist jedoch sicher nicht im Interesse der Geldhäuser. Denn letztere nutzen Fintech-Tools wie Twint nicht nur als zusätzlichen Service-Kanal, sondern auch als Instrument zur Kundenbindung.
Dies auch mit Blick auf branchenfremde Konkurrenten: Twint war von Anfang an auch als Instrument gedacht, um die Ausbreitung von Angeboten wie Apple Pay im Schweizer Heimmarkt in Schach zu halten. Apple & Co dürften die Abschaltung von Twint bei Galaxus, wo den Kunden jetzt etwas «weggenommen» wird, jedenfalls als Steilpass werten.