Die neue Führung der anglo-chinesischen Grossbank will Zehntausende Stellen streichen. Was das für die Schweizer HSBC-Tochter bedeuten könnte – und für die Angestellten anderer Grossbanken.
Das Holzschlag von «Projekt Eiche» ging offensichtlich nicht tief genug: Auf den aktuellen Abbau von 4'700 Stellen kommen bei der HSBC nochmals 10'000 zu eliminierende Jobs obendrauf. Dies berichtete die britische Finanzzeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) mit Verweis auf anonyme Quellen.
In die Nesseln greifen
Die anglo-chinesische Grossbank mit Hauptquartier in London mochte die Massnahme auch gegenüber finews.ch nicht kommentieren. Es ist jedoch davon auszugehen, das der Zeitungsbericht zutrifft. Nach dem Rauswurf des früheren CEO John Flint will Interimschef Noel Quinn offenbar nicht länger mit harten Massnahmen zuwarten. «Wir wussten seit Jahren, dass wir die Kostenbasis angehen müssen – jetzt ist der Entschluss gefallen, in die Nesseln zu greifen», werden Insider im Zeitungsbericht zitiert.
Denselben Quellen zufolge könnte es offenbar die HSBC-Belegschaft in Europa besonders treffen. Dahinter steht ein simples Zahlenspiel: Die Bank zählt in dieser Region noch viel Personal, das zweistellige Wachstum kommt jedoch von anderswo – aus Asien. Dort erzielte das Institut im letzten Semester auch fast 80 Prozent des Vorsteuergewinns.
Durchzogenes Schweizer Geschäft
Fällt damit das Sparbeil auch bei der HSBC Private Bank Schweiz, die etwas weniger als 1'000 Mitarbeitenden beschäftigt und seit dem letzten Herbst vom Ex-Coutts-Banker Alexander Classen dirigiert wird? Die regionale Ausrichtung würde dafür sprechen, ebenso der durchzogene Geschäftsgang: Das Jahr 2018 beschloss die Schweizer Privatbank mit einem Vorsteuerverlust von 100 Millionen Dollar; im ersten Halbjahr 2019 konnte dann immerhin ein Gewinn von 11 Millionen Dollar verbucht werden.
Vergangenen August wurde zudem bekannt, dass die Schweizer Tochter insgesamt 294,4 Millionen Euro zahlt, um den Steuerstreit mit Belgien beizulegen. Dies wird das Ergebnis erneut belasten.
Abbau ringsum
Anderseits befindet sich die hiesige Einheit mit ihrem Fokus auf die Vermögensverwaltung auf der «sicheren Seite» innerhalb den Strukturen des Konzerns. Unter dem ehrgeizigen Ex-Goldman-Sachs-Banker António Simões soll das Wealth Management bei der HSBC deutlich ausgebaut werden, und das Schweizer Geschäft wurde unlängst enger in die Sparte eingebunden. Deshalb macht man sich hierzulande nicht zu grosse Sorgen wegen des neuen Sparprogramms, wie im Umfeld der Bank zu erfahren war.
Über die HSBC hinaus dürfte der drohende Stellenabbau jedoch ein Omen für Grossbanker sein. Die Deutsche Bank hat letzten August bekanntgegeben, 18’000 Stellen zu streichen. Grössere Abbauprogramme haben auch die britische Barclays, die französische Société Générale und die amerikanische Citigroup angekündigt. Die Grossbanken kämpfen derzeit mit einem toxischen Mix aus tiefen Zinsen, schwierigen Börsen und zurückhaltenden Anlegern sowie neuen Vorschriften.
Sinkt die Hemmschwelle?
Dieses Umfeld belastet auch das Geschäft der Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS). Keines der beiden Häuser ist bis jetzt mit einem umfangreichen Stellenabbau an die Öffentlichkeit gegangen. Doch mit den neuesten Entwicklungen bei der Konkurrentin HSBC dürfte die Hemmschwelle dazu nun tiefer liegen.