Tim Leissner ist eine Schlüsselfigur im 1MDB-Korruptionsskandal. Der ehemalige Südostasien-Chef von Goldman Sachs will mit den USA zusammenarbeiten – und seine eigene Haut retten.
Tim Leissner arbeitet an einem neuen Deal: Der deutsche Starbanker soll mit den US-Untersuchungsbehörden zusammenarbeiten und sich im Gegenzug gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen schuldig bekennen. Dies berichteten verschiedene Medien in Malaysia sowie das «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig).
Leissner ist neben dem inzwischen inhaftierten malaysischen Ex-Präsidenten Najib Razak sowie dem Chefberater des 1MDB-Staatsfonds, Jho Low, wohl die dritte Schlüsselfigur in der 1MDB-Affäre: Jenem gigantischen Korruptionsskandal, der auch die Schweizer Falcon Private Bank und die Tessiner Bank BSI nahe an den Abgrund brachte.
Milliarden sofort umgeleitet
Denn Leissner emittierte für den Staatsfonds Anleihen in der Höhe von knapp 6 Milliarden Dollar. Gemäss bisherigen Erkenntnissen floss ein Grossteil dieser Gelder sofort auf Bankkonten, die eine Verbindung zu Najib und Razak aufwiesen. Leissner gilt wiederum als enger Vertrauter von Low und zeigte sich mit seiner Frau Kimora Lee Simmons in der Öffentlichkeit mit dem Ehepaar Razak.
Für Goldman Sachs war der 1MDB-Deal höchst lukrativ, spülten die Bond-Emissionen und -Verkäufe der Wall-Street-Bank doch annähernd 600 Millionen Dollar in die Kassen. Goldman Sachs soll inzwischen auch Teil der Untersuchungen in Sachen 1MDB sein.
Gefälschtes Empfehlungsschreiben
Leissner hatte Goldman Sachs im Jahr 2016 nach dem Platzen der 1MDB-Bombe verlassen müssen. Er ist in den USA mit einem zehnjährigen Berufsverbot belegt worden. Leissner hatte einen mit Goldman-Insignien gefälschten Empfehlungsbrief für Jho Low an die Banque Havilland geschrieben. Diese hatte es aber abgelehnt, den 1MDB-Drahtzieher als Kunden anzunehmen.
Gegen den Deutschen war – wie auch gegen Jho Low – bislang nicht offiziell ermittelt worden. Doch in einer österreichisch-amerikanischen Aktion haben Beamte Leissner vor rund zwei Monaten angehalten und wegen seiner 1MDB-Vergangenheit einvernommen.
Angehalten auf dem Weg nach Österreich
Leissner soll dabei auf dem Weg zu seinem Haus in Österreich gewesen sein. Nach einer Absprache mit Jho Low solle sich Leissner dann entschlossen haben, mit den US-Untersuchungsbehörden einen Deal einzugehen.
Das Vorgehen passt zu Leissner, einem flamboyanten Investmentbanker, der während seiner diversen Aufenthalte in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur die High-Society aufmischte und die Beziehungen zu Razak und Low knüpfte.
Ein pünktlicher Partylöwe
Ein Partylöwe sei er gewesen, heisst es in Bankerkreisen. Jedoch einer, der pünktlich zum Meeting am nächsten Morgen erschienen sei, egal wie lange die Nacht gedauert habe. Leissner passte mit seinem Auftreten so gar nicht zur Goldman-Sachs-Kultur. Er sei vielmehr ein Showman gewesen, sagte ein früherer Mitarbeiter zur «Financial Times», die ihn als getriebenen Banker beschrieb, der keine Party ausgelassen habe.
Die anderen Goldman-Partner seien peinlich berührt gewesen, als sich Leissner mit seiner Glamour-Ehefrau in Los Angeles auf Parties zeigte und abgelichtet wurde.
Eingekaufter Doktortitel
Showman allein zu sein und als Investmentbanker ein Vermögen anzuhäufen, das reichte Leissner aber nicht. Seiner Legendenbildung half er nach, indem er sich bei manchen offiziellen Auftritten als «Dr. Tim Leissner» ankündigen liess. Seine inzwischen gelöschte Goldman-Biografie wies einen Doktortitel in Betriebswirtschaft der «University of Somerset» auf.
Nur existiert eine Bildungsinstitution mit diesem Namen nicht. Jedoch gab es einst eine Somerset University, welche im Jahr 1992 in Grossbritannien gebüsst worden war, weil sie akademische Titel verkaufte.
Heiratsantrag in der Business Class
Vielleicht drückte Leissner bei seiner akademischen Ausbildung etwas zu sehr aufs Tempo und half etwas nach. Weder er noch Goldman Sachs kommentierten den zweifelhaften Doktortitel jemals. Warten und Geduld waren jedenfalls nicht unbedingt die herausragenden Stärken des Tim Leissner.
Seine Frau Kimora traf er erstmals auf einem Flug von Hongkong nach Kuala Lumpur. Das Treffen begann mit einem Streit der beiden um den besten Sitz in der Business Class – und endete kurz vor der Landung in der malaysischen Hauptstadt mit einem Heiratsantrag Leissners.