Raiffeisen vollzieht mit dem Verkauf von Notenstein La Roche eine strategische Kehrtwende. Doch von CEO Patrik Gisel ist es vor allem ein taktischer Schachzug zur Stärkung seiner angeschlagenen Position.
Wie Raiffeisen den Verkauf ihrer lange gehätschelten Privatbank Notenstein La Roche an Vontobel der Öffentlichkeit am Donnerstag mitteilte, ist eine sehr eigenwillige Interpretation des Vorganges: «Raiffeisen baut das eigene Anlagegeschäft aus», hiess es da.
Tatsächlich ist das der Plan von CEO Patrik Gisel: Anstatt weiterhin mit einer feinen Privatbanken-Tochter vergeblich auf Kundenfang zu gehen, sollen dies nun die schweizweit 255 Raiffeisen-Genossenschaftsbanken verstärkt tun.
Die Botschaft an die Genossenschafter
Insofern war die Kommunikation von Raiffeisen und CEO Gisel zum Notenstein-Verkauf klar nach innen gerichtet. Die Botschaft aus der Zentrale in St. Gallen an die Genossenschafter in der Schweiz: Wir übergeben euch Kompetenzen, Autonomie und Selbstständigkeit in einem wichtigen Geschäftsfeld, dessen Strategie mit Notenstein La Roche ein Irrtum war.
Der Notenstein-Verkauf muss im Lichte der Vorgänge bei Raiffeisen, des mutmasslichen Betrugsskandals von Gisels Vorgänger und Ziehvater Pierin Vincenz, der internen Untersuchung durch Bruno Gehrig und Anwälte der Kanzlei Homburger sowie des laufenden Finma-Enforcementverfahrens interpretiert werden – auch wenn Gisel sagte, Vincenz habe mit dem Verkauf gar nichts zu tun.
Manch einer hätte gerne einen Rücktritt Gisels gesehen
Denn im Mittelpunkt des Skandals steht aus strafrechtlicher Sicht zwar Vincenz, aus Sicht der Raiffeisen-Genossenschafter ist es aber CEO Gisel. So hätte es wohl mancher Genossenschafter gerne gesehen, wenn mit Verwaltungsratspräsident Johannes Rüegg-Stürm im vergangenen März auch gleich Gisel den Hut genommen hätte.
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