Das Bankhaus hat sich den Spitzenplatz in einem neuen Index gesichert, der auf die Stärke und Aktivierung der Marke abstellt.

Die Ergebnisse des erstmals veröffentlichten Swiss Private Banking Identity Index (SPBIx, PDF auf Englisch) sind unerwartet, insbesondere angesichts der gemischten Bilanz der Bank im Wealth Management.

Vontobel wird traditionell nicht als reine Privatbank wahrgenommen. In den letzten Jahren hat sich ihr Privatkundengeschäft vor allem durch Übernahmen erheblich vergrössert – einige davon sorgten für Diskussionen.

Umstrittene Übernahmen

Die Übernahme von Notenstein La Roche im Jahr 2018 und die Akquisition von IHAG im vergangenen Jahr riefen Stirnrunzeln am Markt hervor.

Die Privatkunden-Sparte von Vontobel, geleitet von Co-CEO & Head Private Clients Georg Schubiger, bekundet seit Langem Schwierigkeiten, leistungsstarke Kundenberater zu halten. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der Abgang von vier ehemaligen La Roche-Partnern in Basel, die 2019 nach der Fusion die Bank umgehend wieder verliessen, sobald es ihr Vertrag erlaubte (finews.ch berichtete).

Problem mit Top-Talenten

Ähnlich verliess der auf Osteuropa spezialisierte Private Banker Eric Benischke, der 2020 von der Banque Internationale à Luxembourg kam, die Bank im vergangenen Jahr.

Mit Kundenvermögen von 225,9 Milliarden Franken (30. Juni 2024) ist Vontobel die kleinste der grösseren Schweizer Privatbanken – im Vergleich zu den über 2,5 Billionen Dollar im Private Wealth Management (PWM) von UBS, fast 700 Milliarden Franken bei Pictet und knapp 500 Milliarden Franken bei Julius Bär.

Bescheidene Neugeldzuflüsse

Die Neugeldzuflüsse waren in jüngster Vergangenheit eher verhalten – rund 1 Prozent im ersten Halbjahr 2024 und negativ in den beiden vorangegangenen Halbjahren.

Ausserdem operiert Vontobel mit einer Cost-Income-Ratio von 76,1 Prozent (erstes Halbjahr 2024) – einer der höchsten in der Branche. Zum Vergleich: Bei Julius Bär liegt sie bei 70,9 Prozent, wobei die Bank unter neuer Führung ihre Kostenprobleme beherzt angehen möchte.

Ranking von 59 Banken

Vor diesem Hintergrund wirft die Spitzenplatzierung von Vontobel im SPBIx-Index Fragen darüber auf, wie bedeutungsvoll der Index für den Erfolg im Private Banking tatsächlich ist.

Der SPBIx, entwickelt von den Markenexperten Markus Kramer und Jean-François Hirschel, bewertet 59 Schweizer Privatbanken anhand von fast 30 markenbezogenen Parametern.

Identität und Aktivierung

Der Index untersucht zwei Hauptdimensionen: Identität – also wie klar eine Bank ihren Zweck, ihre Werte und ihre Differenzierung artikuliert – und Aktivierung, die misst, wie effektiv diese Attribute in die Kundeninteraktion und Marktpräsenz umgesetzt werden.

«Unsere quantitative Analyse stellt einen klaren Zusammenhang zwischen Markeneffizienz und Unternehmensleistung her», sagt Mitautor Jean-François Hirschel. Seiner Analyse zufolge weisen die bestplatzierten Banken im SPBIx signifikant höhere Wachstumsraten bei Schlüsselkennzahlen wie verwalteten Vermögen (AUM) und Neugeldzufluss pro Vollzeitmitarbeiter auf.

Die Top 10

Im ersten SPBIx-Ranking liegt Vontobel an der Spitze, gefolgt von Pictet und Banque Heritage. Die vollständigen Top 10 lauten:

  1. Vontobel
  2. Pictet
  3. Banque Heritage
  4. PKB Private Bank
  5. UBS
  6. Piguet Galland
  7. Zürcher Kantonalbank
  8. Graubündner Kantonalbank
  9. Lienhardt & Partner
  10. EFG

finews.com hat die Autoren kontaktiert, um die Ergebnisse – insbesondere betreffend Vontobel – zu diskutieren. «Die Spitzenplatzierung spiegelt die Exzellenz in der Markenidentität und -aktivierung wider, basierend auf unseren 30 objektiven Kriterien», schreiben die Autoren. «Die klare Zweckformulierung, das kohärente Wertesystem und die konsequente Markenaktivierung über verschiedene Touchpoints hinweg haben Vontobel die höchste Gesamtwertung eingebracht.»

«Essenzielle Grundlage»

Hirschel und Kramer räumen ein, dass «die Wahrnehmung in der Branche davon abweichen kann», und betonen, dass «unsere Methodik ausschliesslich externe Marken- und Kulturelemente anhand öffentlich verfügbarer Informationen bewertet». Laut Hirschel und Kramer ist «eine klar formulierte Identität eine entscheidende Grundlage für zukünftigen Erfolg – und Vontobel hat diese essenzielle Basis geschaffen».

Kritiker könnten dagegenhalten, dass der Index Branding zu stark gewichtet und operative Realitäten vernachlässigt. Der Erfolg im Private Banking hängt in erster Linie von leistungsstarken Kundenberatern ab – nicht nur von der Markenwahrnehmung. Der Abgang wichtiger Talente und die hohe Cost-Income-Ratio lassen Zweifel aufkommen, ob eine starke Marke allein langfristigen Erfolg im Private Banking garantieren kann.

Trotzdem bietet der SPBIx einen frischen Blick auf die Schweizer Privatbanken-Landschaft. In einer Branche, die mit Konsolidierung, steigenden Kosten und veränderten Kundenerwartungen konfrontiert ist, werden Markenidentität und Differenzierung immer wichtiger.

Vontobel berichtet morgen

Die Autoren erwarten, dass starke Marken im Private Banking künftig «an Bedeutung gewinnen, da die Branche mit Generationenwechseln und digitaler Transformation konfrontiert ist». Die institutionelle Identität spiele auch eine wachsende Rolle in den Beziehungen zu den Kunden.

Ein erster Test dieser Hypothese erfolgt morgen, wenn Vontobel seinen vollständigen Jahresbericht 2024 vorlegt.