Der Online-Händler Amazon wälzt Pläne, eine Art Bankkonto anzubieten. Hat er damit das Potenzial, den ganzen Zahlungsverkehr ähnlich zu revolutionieren, wie er dies bereits mit dem Buchhandel getan hat?
Amazon-Gründer Jeff Bezos führt in seinem «Online-Shop» eigentlich schon lange fast jeden erdenklichen Artikel. Nun will das Unternehmen auch noch eine Art Bankkonto anbieten. Es soll sich an junge Leute und diejenigen Personen richten, die noch kein eigenes besitzen.
Zwar befindet sich das Projekt noch in der Frühphase. Doch stellt sich bereits jetzt die Frage: Hat Amazon das Potenzial, den Payment-Bereich ähnlich umzukrempeln, wie dies bereits mit dem Buchhandel geschehen ist? Und wohin führt das Wachstum von Amazon noch? Roger Niederer, Head Merchant Services bei Six Payment Services, hat für finews.ch einen Reality-Check gemacht. Hier sind seine Erkenntnisse:
Check 1: Wird Amazon jetzt zur Bank?
Amazon möchte nicht selbst zum Geldinstitut werden, sondern das Projekt zusammen mit etablierten Banken angehen. Als Partner ist unter anderem der amerikanische Finanzkonzern J.P. Morgan im Gespräch.
Der Grund dafür dürfte sein: Würde Amazon eine eigene Banksparte aufbauen und entsprechend eine Lizenz beantragen, sähe sich das Unternehmen wesentlich strengeren Regularien ausgesetzt. Diese könnten den aggressiven Wachstumskurs auf anderen Märkten bremsen. In jedem Fall zeigt sich, dass es gut ist, einen starken Payment-Service-Provider an seiner Seite zu haben.
Check 2: E-Commerce-Expansion ohne Grenzen?
Am Anfang verkaufte Amazon überwiegend Bücher. Dann lieferte es seinen Kunden auch CDs und DVDs. Heute kann man sich via «Prime Musik» und «Prime Video» Filme und vieles mehr auf alle Geräte streamen.
Die riesige Auswahl des Onlineshops lässt sich dank Alexa auch per Sprachbefehl bestellen, und sogar die Lieferung der Pakete will Amazon selber übernehmen. Mit Amazon Pay hat das Unternehmen schon länger einen eigenen Bezahldienst, allerdings liess sich der bisher nur mit mässigem Erfolg bei anderen Onlineshops etablieren. Hier stiess auch der Gigant an seine Grenzen.
Unlängst hat das Unternehmen mit seinem Cloud-Dienst «Amazon Web Services» eine weitere lukrative Sparte im Online-Business aufgetan. Die Konto-Pläne sind also nur ein weiteres Glied in einer langen Kette neuer Geschäftsideen. Wo die Reise noch hingehen wird, ist nicht abzusehen. Branchenkenner gehen davon aus, dass langfristig nur jeder zehnte Online-Händler mit seiner jetzigen Strategie konkurrenzfähig bleiben wird.
Check 3: Ist Amazon eine Datenkrake?
Mit dem Vorwurf eine «Datenkrake» zu sein, wird Amazon – genau wie Apple und Google – schon länger konfrontiert. Seit der Einführung der Sprachassistenten ist der Vorwurf aktueller denn je, was Alexa genau speichert und was mit den Aufnahmen geschieht ist für den Nutzer undurchsichtig.
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