Tidjane Thiam hat sich bei der Credit Suisse als Turnaround-Manager bewährt. Doch das genügt nicht mehr, wie die Forderungen von Firmenraider Rudolf Bohli zeigen. Sie dürften weitere nach sich ziehen.
Tidjane Thiam, der Chef der Credit Suisse, hat sich zu den Forderungen des Zürcher Hedgefonds-Managers Rudolf Bohli für eine Aufspaltung der Credit Suisse (CS) in drei Teile – Investmentbank, Wealth Management, Asset Management – noch nicht geäussert.
Überhaupt ist der CS-Chef in den vergangenen Monaten für seine Verhältnisse überaus schweigsam gewesen. finews.ch nahm die Sendepause und die eingetretene Ruhe nach den turbulenten Monaten zuvor als positives Zeichen für den angestrebten Turnaround.
Die Antwort lautet nein
Vieles deutet darauf hin, dass die CS am kommenden 2. November gute Quartalszahlen ausweisen und weitere Belege dafür liefern wird, dass der Restrukturierungsprozess anhaltend positiv verläuft.
Ob dies allerdings auf längere Sicht für die CS genügt, hat Bohli im Prinzip nun bereits beantwortet. Die Antwort aus Aktionärssicht lautet nein. Denn aus seiner Forderung nach einer Aufspaltung der Bank sprechen zweierlei: eine grosse Unzufriedenheit im Bezug auf die Kursentwicklung der CS-Aktie sowie eine Orientierungslosigkeit was die längere Ausrichtung angeht.
Weitverbreitete Unzufriedenheit
Die CS ist nicht die einzige europäische Bank, bei der das Aktionariat seine Ungeduld manifestiert und ultimative Forderungen nach besseren Geschäftszahlen und einer zukunftsgerichteten Strategie stellt. So steht beispielsweise John Cryan, der Chef der Deutschen Bank, derzeit regelrecht mit dem Rücken zur Wand.
Auch die schwächelnde Commerzbank befindet sich aktuell in einer schwierig-heiklen Situation, wird sie doch von der deutschen Bundesregierung, die noch immer 15 Prozent der Aktien hält, regelrecht in die Arme der französischen BNP Paribas getrieben. Die Vision einer deutsch-französischen Grossbank zur Vertiefung der europäischen Bankenunion schwebt über diesem Ansinnen.
Weitere Aktivisten werden kommen
Bohli ist ein Vorläufer. Ihm würden in den nächsten Monaten weitere Aktivisten bei anderen Banken folgen, hört man bereits aus Finanzkreisen. Der europäische Bankensektor sei mittlerweile zwar stabilisiert, doch leide er weiterhin an Überkapazitäten. Das schaffe viel Potenzial für gezielte Forderungen von Investoren nach mehr Effizienz, strategischen Veränderungen, Auf- und Abspaltungen oder Fusionen.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass zu Thiams grössten Sorgen schon immer die Investoren gehört haben. Mehrfach hat der CS-Chef Geduld von ihnen und Zeit für den Turnaround gefordert; dies als Voraussetzungen für einen höheren Aktienkurs.
Und das ist bitter nötig. Denn seit Thiams Amtsantritt hat sich der Kurs der CS-Aktie wesentlich schwächer entwickelt als der europäische Bankenindex. Ein Grund dafür waren sicherlich die beiden Kapitalerhöhungen, die zu einer massiven Verwässerung des Gewinns beigetragen haben.
Bloss ein Sturm im Wasserglas?
Bohlis Forderungen nach einer Aufspaltung der CS mögen sich als Sturm im Wasserglas erweisen – mit nur 0,2 Prozent Aktien fehlt es dem Zürcher Hedgefondsmanager tatsächlich an der Durchschlagskraft.
Doch die Erwartung, dass die CS endlich ein Zukunftsmodell, also eine langfristige Vision formuliert, ist durchaus berechtigt. Denn Thiams Strategie hat dies bislang vermissen lassen. Sein ambitionierter Plan eines effizienteren Instituts, mit einem Fokus auf das Wealth Management und wachstumsstarke Marktregionen in Asien-Pazifik sowie einer Investmentbank, die ihre Kapitalkosten verdient und einem tief verankerten Schweizer Geschäft vermochte bislang keine Aktionärsfantasien zu wecken.
Mehr als nur McKinsey
Das darf nicht verwundern: Thiam formt mit seinem Dreijahresplan eine Bank, die aus Investorensicht ab 2018 wie ein kleinerer Klon der UBS aussehen wird, wobei die UBS als grösster Wealth Manager der Welt die Anleger auch nicht mehr enorm begeistert. Die Aktie dümpelt mangels Investmentstory seit Jahren unter 20 Franken vor sich hin.
Will Thiam mit «seiner» CS-Aktie nicht ins gleiche Fahrwasser geraten, muss er «seiner» Bank noch einiges an Leben einhauchen. Strategiespiele, wie er sie bei einem seiner früheren Arbeitgeber McKinsey betrieben hat, reichen dafür nicht aus.
Hoffnungen begraben
Die nächstbeste Gelegenheit, um ein diesbezügliches Zeichen zu setzen, hätte er am Investorentag vom 30. November 2017 in London. Der «Financial Times» hatte Thiam diesen Sommer noch gesagt, die Strategie der CS werde auch nach 2018 gleich bleiben. Damit hat der CS-Chef etwelche Hoffnungen auf neue Kursimpulse leichtfertig begraben.
Auch die Stellungnahme der CS am Dienstag auf Bohlis Einstieg und dessen Forderungen schien etwas mutlos: Die Bank sei mit der Umsetzung ihrer Strategie über drei Jahre gut auf Kurs. Sie erwarte, dass der Plan den Kunden und Aktionären einen bedeutenden Mehrwert verschaffen werde.
Bohlis Beispiel zeigt indessen, dass manche Investoren durchaus höhere Erwartungen an Thiam und die CS haben. Thiams Turnaround-Story reicht offensichtlich nicht mehr. Er muss nachlegen.