Milliardäre aus der katarischen Herrscherfamilie haben ihre Mehrheit an der luxemburgischen BIL-Gruppe verkauft – mit weitreichenden Konsequenzen für die europäische Bankenlandschaft.

Die von katarischen Aktionären kontrollierte Beteiligungsgesellschaft Precision Holding hatte 2012 die Mehrheit an der luxemburgischen Banque Internationale à Luxembourg (BIL) erworben, die sich damals in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Für die 90 Prozent an der schlingernden Bank bezahlten die Kataris damals 740 Millionen Euro (rund 815 Millionen Franken).

Den neuen Eignern gelang es in der Folge, die europäische Bankengruppe wieder auf Kurs zu bringen, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtete. Die BIL ist seit 1984 auch in der Schweiz vertreten.

Einsatz verdoppelt

Die BIL wechselt nun in chinesischen Besitz, wie die beteiligten Firmen am Freitagabend mitteilten. Für stolze 1,5 Milliarden Euro (rund 1,65 Milliarden Franken) übernimmt die an der Hongkonger Börse kotierte Legend Holdings den katarischen Anteil. Die übrigen 10 Prozent verbleiben beim luxemburgischen Staat.

Die Kataris haben innert fünf Jahren ihren Einsatz verdoppeln können, hinzu kommen die Dividenden, die sich die bisherigen Besitzer während dieser Zeit ausbezahlt haben. Die BIL wurde 1856 gegründet und beschäftigt heute weltweit rund 2'000 Personen und verwaltete per Ende 2016 knapp 40 Milliarden Euro an Kundengeldern. Wie luxemburgische Medien berichten, dürfte der neue Besitzer das Institut reorganisieren, was auch zu einem Stellenabbau führte würde.

Besitzer von Lenovo

Legend Holdings BIL 500

(Huges Delcourt, CEO BIL, Li Peng Li, Senior Vice-President Legend Holdings, Luc Frieden, Verwaltungsratspräsident BIL, und George Nasra, CEO Precision Capital)

«Die Übernahme der BIL-Gruppe ist eine wichtige Investition, denn Finanzdienstleistungen zählen zu den wichtigsten Zielsektoren von Legend», sagte Liu Chuanzi, Gründer und CEO der Legend Holdings.

Die Firma Legend Holdings ist eine Investmentgesellschaft, die Beteiligungen an Unternehmen aus dem Finanzsektor, der Landwirtschaft und der IT-Branche hält; am bekanntesten ist Lenovo, Chinas grösster PC-Produzent. Der Vorstoss von chinesichen Konglomeraten in den europäischen Bankensektor ist nicht neu.

Die Chinesen kommen

Unlängst erhöhte der chinesische HNA-Konzern seine Beteiligung an der Deutschen Bank auf 9,92 Prozent, wie auch finews.ch berichtete. Die in Schanghai ansässige Investmentgesellschaft Fosun International stieg für 185 Millionen Dollar bei der Banco Comercial Portugues (BCP) und hält nach diversen Kapitalumschichtungen 16,7 Prozent an der grössten kotierten Universalbank Portugals.

Ebenfalls in Besitz chinesischer Aktionäre ist die frühere, in Lichtenstein ansässige Valartis Bank, die seit diesem Jahr als Bendura Bank firmiert und von der Firma Citychamp Watch & Jewellery Group from Hong Kong (CWJ) wird, wie finews.ch auch berichtete.