Nächstes Jahr soll die Schweizer Bank der Credit Suisse an die Börse. Der IPO ist aus der Not geboren – trotzdem bietet er eine hoffnungsvolle Vision, sagt ein einflussreicher Investmentbanker gegenüber finews.ch.
Seit dem letzten Wochenende ist das Swiss Banking um ein Schwergewicht reicher – mit der Credit Suisse (Schweiz) AG lancierte die Credit Suisse (CS) ihre neue Rechtseinheit im Heimmarkt. Entgegen der Annahme, dass es sich dabei um eine rein inländische Angelegenheit handelt, führte der Start gerade auch im Ausland zu zahlreichen Reaktionen: Mit Blick auf den für Ende 2017 angekündigten Teilverkauf an der Börse (IPO) wird die neue Schweizer Bank auch zum Gut der globalen Finanzmärkte.
Wilde und milde Kinder
Angesichts der Tatsache, dass der Börsengang im Wesentlichen aus der Kapitalnot des Mutterhauses geboren ist, fielen die Kommentare überraschend wohlwollend aus. Als «mild child», als zahmes Kind, bezeichnete etwa die britische «Financial Times» die neue Inland-Bank der CS (Artikel bezahlpflichtig). Und hoffte, dass diese im Gegensatz zum «wild child» Credit Suisse die Investoren künftig mit Langeweile einlullen werde.
Ins selbe Horn stiessen auch die Bonitäts-Experten der renommierten Rating-Agentur Fitch. Sie gingen zum Wochenstart davon aus, dass die CS-Tochter «solide Erträge» erwirtschaften wird.
Zuger Regenmacher
Noch weiter denkt einer der einflussreichsten Investmentbanker in der Schweiz, Pascal Ravery. Der 59-jährige gebürtige Franzose machte bei Goldman Sachs und später bei J.P. Morgan Karriere, wo er zuletzt als CEO und Präsident des Schweiz-Geschäfts amtete. Heute führt er mit Lakeside Capital Advisers in Zug sein eigene Ein-Mann-Beratungsfirma und bewegte allein im ersten Jahresviertel 2016 ein Marktvolumen von nicht weniger als 46,6 Milliarden Dollar, wie auch finews.ch berichtete.
Raverys Meinung zählt – auch deshalb, weil Verwaltungsräte sich just an unabhängige «Regenmacher» wie ihn wenden, wenn sie grosse Transaktionen wie einen Börsengang planen.
Blaupause für gesündere Bank
Bezüglich des Teilverkaufs der CS Schweiz gibt sich Ravery positiv. Noch mehr: Ihm zufolge könnte die neue Schweizer Einheit eine interessante Blaupause dafür werden, wie eine «gesündere» Credit Suisse dereinst aussehen könnte. Denn da sei nun eine Universalbank, die auf die Schweiz fokussiert sei, keine Altlasten mehr zu bewältigen habe, gut kapitalisiert da stehe und Bardividenden auszahlen könne.
Dinge also, von denen das Mutterhaus mitunter noch ein gutes Stück entfernt ist – die letzten Quartalszahlen zeigten eine Bank, die hinter den ehrgeizigen Zielen ihres CEO Tidjane Thiam teils deutlich hinterherzuhinken scheint.
Der geplante Börsengang könnte die Vision einer besseren Zukunft auch an die Finanzmärkte tragen, so Ravery weiter. Die CS-Schweiz-Aktie würde den Investoren demnach zeigen, zu welcher Bewertung die Aktie des Mutterhauses handeln könnte, wenn dessen Probleme dereinst allesamt beseitigt sind.
Thomas Gottstein hält Kurs
Das könnte mit ein Grund sein, weshalb man bei der Grossbank zumindest vordergründig eisern am für den nächsten Herbst geplanten Börsengang festhält. Schweiz-Chef Thomas Gottstein hat dazu eigens den bisherigen Leiter der CS-Investmentbank in der Schweiz, Marco Illy, als seinen persönlichen Berater zu sich geholt, wie es hiess.
Seit dem letzten Quartalsbericht hat sich auch die Wortwahl von CEO Thiam bezüglich der Schweizer Bank verändert: Aus dem vorsichtigen «möglichen Börsengang» ist der handfestere «Börsengang» geworden. Man darf diesbezüglich auf den nächsten Auftritt Thiams am Investorentag vom 7. Dezember gespannt sein.