Kaum jemand fürchtete den Austritt Grossbritanniens aus der EU mehr als die Investmentbanker der «City». Jetzt ist er Tatsache – und nicht wenigen droht der Umzug auf den Kontinent.
Die Königin des Investmentbanking, die Wall-Street-Bank Goldman Sachs, hatte es bereits im Vorfeld angekündigt: verabschiedet sich Grossbritannien im «Brexit»-Referendum von der EU, baut sie in London Stellen ab und verschiebt sich nach Paris.
Goldman Sachs wusste sich dabei in guter Gesellschaft. Ohne EU-Zugang macht der teure Standort London für viele internationale Banken nur begrenzt Sinn; denn sie waren just deshalb in der «City», weil sie dort den «EU-Pass» fürs Geschäft in der Union erhielten. Vor diesem Hintergrund will sogar die anglo-chinesische Grossbank HSBC bis zu 1'000 Stellen nach Paris verlegen. Morgan Stanley drohte gar mit dem Abbau von 4'000 Jobs in Grossbritannien.
Bloss nicht nach Paris
Umzug ist demnach noch das glimpflichere Szenario, mit dem Londoner Investmentbanker rechnen müssen.
Wenn es aber nur ums Rechnen, sprich um den Lohn geht, dann wird Paris sicher nicht die erste Wahl sein, wie eine Salär-Umfrage des britischen Lohnspezialisten Emolument bei über 8'000 Bankern in ganz Europa zeigt (siehe Tabelle unten).
In der Stadt der Lichter müssen sich die Investmentbanker aller Grade nämlich auf happige Lohneinbussen gefasst machen. Selbst die gegenüber London um 35 Prozent tieferen Lebenskosten können dies nicht wettmachen.
Als Favorit würde gemäss der Emolument-Rechnung hingegen «Mainhattan» gelten, die deutsche Finanzmetropole Frankfurt am Main. Zwar ist dort der Lohn gegenüber London immer noch tiefer – das wiegen jedoch die um 40 Prozent geringeren Lebenskosten längstens auf. Eigentlich wäre es schon vor dem Brexit für Investmentbanker rentabler gewesen, nach Frankfurt zu ziehen, so die Studie.
Abbau bei UBS und CS
Offen bleibt, ob Fankfurt nun tatsächlich vom britischen Plebiszit profitiert. Ziemlich sicher dürfte sein, dass der Standort nicht die erste Wahl der Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) bei ihren Abbaumassnahmen in London sein dürften.
Beide Grossbanken haben an der Themse zuletzt Stellen gestrichen – die CS gleich Hunderte aufs Mal (finews.ch berichtete hier und hier). Die UBS will ihre Ausgaben bis 2017 um 2,1 Milliarden Franken senken. Bei der CS sollen bis Ende Jahr global 6'000 Stellen wegfallen. Im Vordergrund stehen beim Rückbau in London aber jeweils Backoffice-Verlegungen. Nicht nach Paris und auch nicht nach Frankfurt.
Sondern nach Polen.