Die Anklage warf der Bank vor, vielen US-Bürgern beim Steuerbetrug geholfen zu haben. Nun kommt Wegelin mit 58 Millionen davon. Was stimmt da nicht?
Wegelin & Co. Privatbankiers gaben heute bekannt, dass sie sich sich mit den amerikanischen Justizbehörden in einer gerichtlichen Anerkennung (Plea) einigen konnten.
Es geht um den Vorwurf, dass Wegelin US-Steuerzahlern half, Steuern auf nichtdeklarierten Guthaben zu vermeiden.
Die Übereinkunft wurde vom Richter Jed S. Rakoff vom US-Bundesgericht Manhattan (New York) genehmigt.
Wegelin gestand ein, durch Eröffnung von Konti und Depots und deren Betreuung für amerikanische Steuerpflichtige US-Recht verletzt zu haben. Dafür bezahlt die Bank einen Betrag von 57,8 Millionen Dollar.
Der Betrag setzt sich zusammen
- aus der Wiedergutmachung für mutmasslich entgangene Steuereinahmen (20 Millionen Dollar),
- der Übergabe der durch die Bank zwischen 2002 und 2010 mit US-Kunden erzielten Gewinne (15,8 Millionen Dollar)
- sowie einer Busse (22 Millionen) Dollar.
Die Summe liegt zweifellos klar unter den Erwartungen der meisten Beobachter. Hinzu kommen allerdings Wegelin-Vermögenswerte, die bei Korrespondenzbanken letztes Jahr beschlagnahmt worden waren: Sie beliefen sich auf 16 Millionen Dollar, womit die Gesamtkosten also rund 74 Millionen Dollar erreichen werden.
«Der erste Fall überhaupt»
Der zuständige Staatsanwaltschaft sichtet obendrein einen symbolischen Gewinn. Sie weist darauf hin, dass dies der «erste Fall überhaupt» sei, wo eine ausländische Bank den Verstoss gegen Steuergesetze eingestehe. Preet Bharara, der Leiter der zuständigen Bundes-Staatsanwaltsschaft, nannte den Deal «eine Wasserscheide bei unseren Bemühungen, die Individuen und Banken zur Rechenschaft zu ziehen, welche sich so engagieren.»
Der Deal sieht zudem vor, dass sich die Bank verpflichtet, «für die Aufbewahrung von amerikanischen Kunden- und Bankdaten und die allfällige Herausgabe auf Anweisung schweizerischer Behörden im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens besorgt zu sein», so die Mitteilung des Unternehmens.
Das St. Galler Institut war im Februar letzten Jahres von den US-Behörden angeklagt worden. Kurz zuvor hatte es allerdings fast alle seine Geschäfte in die Bank Notenstein und damit an Raiffeisen überführt.
Wie war das mit den 1,2 Milliarden?
Wegelin, so der amerikanische Hauptvorwurf, soll noch nach dem Steuerverfahren gegen die UBS steuerflüchtige US-Kunden von der Grossbank übernommen haben, zumal in den Jahren 2008 und 2009; insgesamt seien dabei 1,2 Milliarden Dollar vor den Steuerbehörden versteckt worden.
Die Summe entspricht den Assets von US-Kunden, welche Wegelin am Schluss verwaltete. Doch wieviel davon Schwarzgeld war, ist eine andere Frage.
16 Millionen Gewinn in 9 Jahren – rechne
Wenn die entgangenen Steuereinnahmen, wie in der «Plea» festgelegt, tatsächlich 20 Millionen Dollar betrugen, dann war die behauptete Summe von 1,2 Milliarden wohl masslos übertrieben. Und das gilt noch viel stärker, wenn man sich orientiert an den Gewinnen, die Wegelin laut der Vereinbarung mit US-Kunden erzielt haben soll – knapp 16 Millionen Dollar für neun Jahren…
Wegelin wiederum – respektive ihre Vertreter – stellte sich denn lange auf den Standpunkt, dass die Bank nie in den USA tätig war und nach Schweizer Recht völlig korrekt gehandelt habe; folglich weigerte sich Wegelin erst, sich am Verfahren in irgendeiner Weise zu beteiligen.
Sowohl bei Anhörungen im Februar als auch am ersten Prozesstag, der im Mai 2012 in New York hätte stattfinden sollen, glänzte die Bank durch Abwesenheit.
Staatsanwalt Daniel Levy konnte damals lediglich versichern, dass die Anklageschrift und die Vorladung via Schweizer Polizeibehörden der Wegelin-Spitze übermittelt worden war.
«Der Fall ist für die Bank erledigt».
In der Mitteilung vom 3. Januar 2013 heisst es nun, Wegelin habe «seit Beginn des Rechtsstreits betont, Hand zu einer einvernehmlichen Lösung bieten zu wollen, soweit das die Einhaltung Schweizer Gesetze erlaubt.»
Die Übereinkunft wurde von Wegelin-Seite unterzeichnet durch Teilhaber Otto Bruderer. Mit dem Abkommen wird die Strafverfolgung durch die US-Justiz gegen die Bank eingestellt. Formal wird das Verfahrensende durch einen Urteilsspruch des Richters in Rechtskraft erwachsen. Danach ist der Fall für die Bank erledigt, so die Mitteilung.
Die Kosten des Vergleichs werden aus eigens für Rechtsrisiken bereitgestellten Mitteln beglichen. Wegelin wird nach dem Abschluss des US-Verfahrens das Bankgeschäft einstellen.
• Siehe auch: «Wegelin-Mitarbeiter sind noch nicht aus dem Schneider»
• Die Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft in New York