Während viele Anleger nach den heftigen Kursturbulenzen im letzten Herbst skeptisch sind, halten Fachleute neue Höchstmarken beim Goldpreis ohne weiteres für möglich.
Gold befindet sich im 12. Jahr einer lang andauernden Hausse. Erstaunlich rasch hat der Preissturz im letzten September zu einem Umdenken bei vielen Analysten und Anlegern geführt. Angesichts der zeitweilig hohen Volatilität war schnell einmal davon die Rede, dass Gold nicht länger ein «sicherer Hafen» sei.
Zugegeben, die Rückschläge im September wie auch im November 2011 fielen ungemein massiver aus, als es sich manch ein Anleger je hätten vorstellen können. Doch haben nicht gerade auch eingefleischte «Goldbugs» wie James Turk oder Marc Faber regelmässig vor derlei Einbrüchen gewarnt?
Gold wie einst Aktien
Umso erstaunlicher ist es, wenn manche Auguren, die sich zuvor als grosse Verfechter des Goldes ausgegeben haben, nun vor neuen Engagements warnen. Sie liegen falsch, wie auch das Online-Portal «Mineweb» festhält.
Eher deutet einiges darauf hin, dass sich Gold weiterhin in einer lang andauernden Aufwärtsphase befindet, wie dies ab Anfang der achtziger Jahre bei den Aktien der Fall war.
Die Hausse der Dividendenpapiere dauerte fast zwanzig Jahre – daran vermochten selbst massivste Rückschläge, wie der Crash im Oktober 1987, nichts zu ändern.
Ein seltener Bullen-Markt
Ähnlich verhält es sich mit dem Gold. Das gelbe Edelmetall befindet sich in seinem 12. Haussejahr unverändert in einem noch nie dagewesenen Bullen-Markt.
Zur Erinnerung finden sich nachstehend die Preise für eine Unze Gold zum jeweiligen Jahresende. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es immer wieder Jahre gegeben hat, in denen das Gold keine grossen Sprünge machte, dafür aber konsolidierte, um so Boden für die nächste Avance zu schaffen.
2000 -- 273.60 Dollar
2001 -- 279.00Dollar
2002 -- 348.20Dollar
2003 -- 416.10Dollar
2004 -- 438.40Dollar
2005 -- 518.90 Dollar
2006 -- 638.00Dollar
2007 -- 838.00Dollar
2008 -- 889.00Dollar
2009 -- 1096.50Dollar
2010 -- 1421.40Dollar
2011 -- 1566.80 Dollar
Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation in Europa wie auch in den USA spricht recht wenig dafür, dass sich an dieser Entwicklung nach oben etwas ändert. Denn weder die Vereinigten Staaten noch die Alte Welt scheinen auch nur ansatzweise ihre enormen wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu kriegen.
Sinkendes Vertrauen ins Papiergeld
Die fortgesetzte Abstufung von einzelnen Ländern durch die Rating-Agenturen ist ein weiteres Indiz dafür. Gleichzeitig sinkt weltweit das Vertrauen ins Papiergeld.
Umgekehrt zeigt sich immer deutlicher, wie aufstrebende Volkswirtschaften in Asien permanent Gold zukaufen und horten. Es ist offensichtlich, dass sie sich so auch vor den überdimensionalen Unwägbarkeiten im Westen schützen. Vor allem China macht in dieser Hinsicht von sich reden und deckt sich unaufhaltsam mit Gold ein, wie die Nachrichtenagentur «Bloomberg» berichtet.
Enorme Goldreserven
Dabei gehen die Chinesen neuerdings auch direkt zu den grossen Minengesellschaften und umgehen so angestammte Handelsplätze wie die New Yorker Rohstoffbörse Comex. Darüber hinaus importiert das Reich der Mitte auch enorme Mengen via Hongkong.
Ein Blick auf jene Staaten mit den grössten Goldreserven zeigt klar, wer auf das gelbe Edelmetall setzt. Schwellenländer wie China, Indien und Saudi-Arabien haben ihre Bestände in den letzten zehn Jahren massiv aufgestockt.
Selbst die traditionell nicht sonderlich Gold-affine «Financial Times» (FT) zeigt mittlerweile überdurchschnittlich viel Verständnis für das gelbe Edelmetall. Zum Jahresbeginn schrieb das britische Leitblatt der Finanzwelt: «Es wird einige Zeit dauern, bis die Anleger neues Vertrauen in das Gold finden. Doch dieses Vertrauen wird zurückkehren, weil es an Alternativen fehlt und die Krise fortdauert.»
Zentralbanken und Staatsfonds als Käufer
«Vor allem Investoren aus Asien und dem Nahen Osten, insbesondere Zentralbanken und Staatsfonds, kaufen Gold bei jeder weiteren, sich bietenden Möglichkeit und treiben so den Preis nach oben», schreibt der FT-Goldspezialist Jack Farchy und schliesst mit der Feststellung: «Obschon es im laufenden Jahr zu neuen Rückschlägen kommen dürfte, wird das Gold das bisherige Höchst von 1'920 Dollar übertreffen und erstmals überhaupt die Marke von 2'000 Dollar die Unze übertreffen.»
In Goldbugs-Kreisen geht man selbstverständlich von wesentlich höheren Notierung aus. So diagnostiziert der Australier Alf Field den Beginn einer neuerlichen Avance, die bis 4'000 Dollar pro Unze gehen soll.
Schwarze Schwäne
Neben technischen Überlegungen, basierend auf den Elliott-Wave-Kurven ortet er auch so genannte Black-Swan-Phänomene, also völlig unerwartete Ereignisse, etwa rund um die Euro- und Verschuldungskrise, welche dem gelben Edelmetall im laufenden Jahr einen massiven Auftrieb geben könnten, wie er unlängst an einer Konferenz in Sydney erklärte.
Aber selbst bei bekannten Schweizer Banken, die traditionell eher wenig mit Gold am Hut haben, weil sich damit nicht gerade viel an Kommissionen verdienen lässt, halten den Aufwärtstrend für intakt.
Schweizer Banken bullish
Rohstoff-Experte Tom Kendall von der Credit Suisse beispielsweise hält Preise zwischen 1'650 und 1'850 Dollar pro Unze für gute Einstiegsmöglichkeiten, um an der weiteren Hausse teilzuhaben, wie er in seinem neusten Report schreibt.
Bei der Genfer Privatbank Pictet geht man davon aus, dass die Interventionen der westlichen Zentralbanken Ende letzten Jahres nicht ausreichen werden, um die Finanzmärkte im 1. Quartal 2012 bei Laune zu halten. Eine Verlangsamung in China und in den USA werde die Konjunkturschwäche in Europa begleiten, heisst es weiter.
Weiteres Stimulationspaket treibt das Gold
So steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die USA erneut eine quantitative Lockerung beschliessen könnten. Ein solches Stimulierungspaket würde indessen den Dollar einmal mehr nach unten drücken und das Gold heben, heisst es in den «Perspektiven» von Pictet.
Das Zusammentreffen dieser Faktoren dürfte zu Jahresbeginn für eine anhaltend kräftige Nachfrage nach Gold sorgen, umso mehr als es nach der jüngsten Baisse wieder erschwinglicher geworden ist, folgert man bei Pictet.