Der Nationalbank-Chef verteidigte sich an der geldpolitischen Medienkonferenz gegen ein zu spätes Eingreifen beim Kollaps der Credit Suisse. Ein wachsames Auge sollte hingegen auf die Marktmachtt des neu entstehenden Bankenkolosses geworfen werden.
Für einen Notenbank-Präsidenten machte Thomas Jordan an der Medienkonferenz Donnerstag zur jüngsten Leitzinserhöhung eine deutliche Ansage: Die UBS müsse alles dafür tun, dass die Übernahme durch die Credit Suisse ein Erfolg werde. Das sei wichtig für die Schweizer Grossbank, aber auch für die Schweizer Volkswirtschaft und für die internationalen Finanzmärkte.
Die ersten Marktreaktionen auf die privatwirtschaftliche Übernahme der gestrauchelten Bank seien positiv, ergänzte Jordan. Die UBS wird aber unter verschärfter Beobachtung auch der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sein und darf deshalb «nicht ruhen». Mit diesem Slogan hatte sich die UBS nach der staatlichen Rettung in der Finanzkrise 2008 wieder aufgerappelt.
Mobile Banking kein Auslöser
Angesprochen auf den Bankrun bei der Credit Suisse, schloss Jordan die neuen Möglichkeiten durch das digitale und mobile Banking als Grund aus. Als Ursache machte Jordan stattdessen einen Verlust an Vertrauen in verschiedenen Banken aus, in dessen Strudel auch die Credit Suisse geriet.
In einer solchen Krise können auch strenge Kapitalvorschriften und Liquiditätshilfen einen Kollaps kaum mehr verhindern.
Zeit gekauft
Am Mittwoch der vergangenen Woche bestand im Urteil des SNB-Präsidenten indessen noch keine direkte Gefahr für eine Ansteckung der Credit Suisse, die gegenüber den gefährdeten amerikanischen Banken nicht direkt exponiert war. Um eine unkontrollierte Situation zu verhindern, sei aber eine rasche Liquiditätshilfe notwendig geworden, sagte Jordan.
Damit haben sich die mit der Rettung beauftragten Akteure die nötige Zeit erkauft, um einen Ausweg zu suchen. Die Rollenteilung zur Sicherung der Finanzstabilität dabei war klar. Die SNB stellte im Rahmen ihres Mandats Liquidität zur Verfügung, die Finma fungierte als Überwachungsbehörde und das EFD war für die Regulierung und den Einsatz von Steuergeldern zuständig.
Kein verspätetes Eingreifen
Die Vorwürfe, dass die SNB und die Behörden zu spät eingegriffen haben, sind für den Nationalbankpräsidenten ungerechtfertigt. Die Nationalbank sei immer wieder mit den Behörden und der CS in Kontakt gestanden, weil ein plötzlicher Vertrauensverlust nicht ausgeschlossen werden konnte.
Eine Liquiditätshilfe auf Vorrat wäre aber gemäss Jordan keine gute Idee gewesen. Sie hätte falsch interpretiert werden können und den Sturm auf die Bank faktisch sogar auslösen können. Deshalb müsste eine solche Unterstützung immer durch weitere Massnahmen begleitet werden.
Kein Druck aus dem Ausland
Jordan verneinte, dass bei der Notrettung aus dem Ausland Druck ausgeübt worden war, der den Entscheid beeinflusst hätte. Ihm sei kein Druck aus dem Ausland bekannt, und es seien alle Optionen geprüft worden. Allerdings war der Zeitdruck gross und es musste bis am Sonntag vor der Wiedereröffnung der Märkte am Montag eine Lösung gefunden werden.
Angesichts des fragilen Umfelds und der Bankenkrise in den USA, sei klar geworden, dass eine Abwicklung nicht funktionieren würde. Sie hätte die Bankenkrise zweifellos noch verschärft.
Die Politik mischt sich ein
Nicht spekulieren wollte der Nationalbankchef, ob eine Abspaltung der in der UBS integrierten CS im Inland dereinst eine Option würde. Eine Abspaltung sei derzeit kein Thema, sagte er.
Verschiedene Parteien haben sich indessen bereits positioniert und fordern, das Schweizer Geschäft der CS vom neuen Bankenkoloss abzutrennen. Dazu wird in der Wirtschaftskommission des Ständerats einen Antrag eingereicht, der bereits in der für April geplanten ausserordentlichen Session behandelt werden soll.
Zu hohe Bankenkonzentration?
Für Jordan ist allerdings die Grösse der neuen UBS durchaus relevant. Die UBS werde sehr gross sein, weshalb der Wettbewerb in der Schweiz genügend sichergestellt werden müsse. Diese neue Situation müssten die Aufsichtsbehörden prüfen und die Systemstabilität auf die neu entstandene Situation ausrichten.
Gegenwärtig müssen sich gemäss Jordan die Behörden darauf konzentrieren, die Finanzstabilität aufrechtzuerhalten und die Umsetzung der Fusion zu begleiten. Ausserdem sehen bereits die geltenden Kapitalvorschriften vor, dass die Kapitalpolster einer systemrelevanten Bank progressiv ansteigen, je grösser die Bank ist. Dies dürfte die UBS dazu bewegen, ihre Bilanz darauf auszurichten und riskantere Geschäfte eher zu meiden.
Vorbehalte gegen Trennbankensystem
Kritisch äusserte sich Jordan zur Einführung eines Trennbankensystems in der Schweiz. Gerade die jetzige Bankenkrise in den USA zeige deutlich, dass Krisen an verschiedenen Stellen auftreten. Deshalb gebe es auch in einem Trennbankensystem keine absolute Sicherheit. Zudem würden die Universalbanken gerade davon leben, dass sie eine möglichst breite Dienstleistungspalette anbieten können.
Zur Vermeidung von Ansteckungen braucht es der SNB zufolge hingegen eine Liquiditätsversorgung, die nicht nur in der Schweiz und ihrer Währung funktioniert. Mindestens so wichtig ist gemäss Andréa Mächler deshalb ein funktionierendes Netzwerk von Zentralbanken, die den Liquiditätsbedarf in verschiedenen Währungen decken können.