Die Fintech-Investitionen sind stark gefallen, das Marktumfeld bleibt schwierig. Ein Teilbereich schreibt aber seinen Wachstumskurs unbeirrt fort.
Für die Fintech-Branche war 2022 ein äusserst schwieriges Jahr. So sanken die weltweiten Investitionen in den Fintech-Markt auf 164,1 Milliarden Dollar. Gegenüber dem Rekordwert von 238,9 Milliarden Dollar im Vorjahr entspricht dies einem Rückgang von über 31 Prozent.
Vor allem in der zweiten Jahreshälfte beschleunigte sich der Rückgang, wie die halbjährliche Studie «Pulse of Fintech» der Beratungsgesellschaft KPMG zeigt. Wurden in den ersten sechs Monaten noch 119,2 Milliarden Dollar eingeworben, waren es in der zweiten Jahreshälfte nur noch 44,9 Milliarden Dollar.
Trotz Horrorjahr auch Lichtblicke
Regional betrachtet bleiben die USA mit 61,6 Milliarden Dollar die dominierende Kraft bei den Fintech-Investitionen. Der asiatisch-pazifische Wirtschaftsraum erreichte mit 50,5 Milliarden Dollar einen Rekord, während die EMEA-Region 44,9 Milliarden Dollar anzog. Insgesamt erhielt der Zahlungsverkehrssektor den grössten Anteil der Fintech-Finanzierung (53,1 Milliarden Dollar).
Trotz des starken Rückgangs war 2022 nicht durchweg ein rabenschwarzes Jahr. Einige Bereiche verzeichneten weiterhin Wachstum. Ein Lichtblick war vor allem der Bereich Regtech, der Rekordinvestitionen in Höhe von 18,6 Milliarden Dollar anzog – deutlich mehr als der Vorjahresrekord von 12,1 Milliarden Dollar. Zwei der drei grössten Fintech-Deals im zweiten Halbjahr 2022 waren Regtech-Deals.
Mehrere Wachstumstreiber
Angesichts des komplexen regulatorischen Umfelds für Finanzdienstleistungen weltweit und der zunehmenden Konzentration auf Rentabilität und Kostensenkung dürften die Investitionen in Regtech weiter zunehmen. Laut KPMG setzen Unternehmen auf Technologien, um ihre Compliance-Aktivitäten zu rationalisieren und zu verbessern.
Da sich viele Unternehmen in der Finanzbranche und darüber hinaus auf Kostensenkungen und die Steigerung des Kundennutzens konzentrieren, werden B2B-Lösungen weiterhin eine wichtige Investitionspriorität darstellen. Auch das Interesse an KI-gestützten Fintech-Lösungen wird laut KPMG zunehmen, insbesondere in Bereichen wie KI-gestützte Datenanalyse, Risikobewertung in Echtzeit und Kundenbindung.
Der Klimawandel hat für Regierungen, Unternehmen und Konsumenten eine hohe Priorität. Daher werden das Interesse und die Investitionen in ESG-orientierte Fintech-Lösungen voraussichtlich deutlich zunehmen.
Vorerst keine Mega-Deals
KPMG erwartet vorerst keine riesigen Fusionen und Übernahmen im Fintech-Bereich. Die Bewertungen dürften im ersten Halbjahr 2023 relativ volatil bleiben, weshalb die Wahrscheinlichkeit von Mega-Transaktionen mit einem Wert von über 10 Milliarden Dollar relativ gering ist.
Die M&A-Aktivitäten könnten laut Studien-Autoren generell zunehmen, wenn sich die Bewertungen stabilisieren und Unternehmen oder grosse Fintechs mit tiefen Taschen nach Möglichkeiten suchen, Unternehmen zu günstigen Preisen zu erwerben.