Zyniker sagen, sie seien überrascht, dass so viele an die Krypto-Finanzkonferenz CfC in St. Moritz gekommen sind. Andere bemerkten den bescheidenen Ton dort im Vergleich zu früheren Treffen. Das wird als Zeichen dafür gesehen, dass der 2-Billionen-Dollar-Wertverlust von Krypto in der Branche niemanden kalt gelassen hat.
Die Branche befinde sich immer noch in einem «Reinigungsprozess» nach dem Zusammenbruch von FTX, sagte Anthony Scaramucci, Gründer des Hedge-Fonds Skybridge Capital, an einer Podiumsdiskussion am Branchen-Event CfC St. Moritz. Der flamboyante Financier geht auch davon aus, dass es in nächster Zeit zu weiteren Ausfällen kommen wird.
Scaramucci, der kurzzeitig als Kommunikationsdirektor des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump fungierte, unterhielt Geschäftsbeziehungen zu FTX-Gründer Sam Bankman-Fried. Er hatte FTT-Tokens im Wert von 10 Millionen Dollar gekauft und Bankman-Fried im Gegenzug eine 30-prozentige Beteiligung an seinem Hedgefonds gewährt. Scaramucci verbrachte Stunden, ja sogar Tage, im Handelsraum des Unternehmens. Ihm sei dabei aber kein Fehlverhalten der Krypto-Börse aufgefallen.
Raffinierte Betrüger?
Das sei aber an sich auch nicht besonders überraschend. Wie andere raffinierte Betrüger auch – der Hedge-Fonds-Manager zog hier den Vergleich zum verstorbenen Bernard Madoff –, habe Bankman-Fried wohl nur ein paar enge Vertraute in seine Aktivitäten eingeweiht, mutmasste Scaramucci.
Es sei wichtig, sich daran zu erinnern, dass es «keine neuen Geschichten gibt», fügte er hinzu. Im Grunde müsse man sich entscheiden, ob man dabei sein will oder nicht. «Ich bin dabei», sagte er und verwies auf sein Engagement für Krypto.
Als Veteran der Finanzbranche verwies er auf die Ähnlichkeiten mit der Internet-Blase vor über 20 Jahren. «Wenn man damals der Technologie abgeschworen hätte, hätte man massive Gewinne verpasst. Betrüger gab es überall», fügte er hinzu.
Massiver Rückschlag
Dennoch wird die Branche wohl nur mit grosser Anstrengung vom Fall FTX loskommen. Gerade als die anfänglich zögerlichen institutionellen Anleger Appetit auf Kryptowährungen entwickelten, wurde ihre Glaubwürdigkeit erschüttert und ihre Gegner bekamen Munition.
«Der einzige Weg, um Institutionen zurückzugewinnen, ist Vertrauen», sagte Romeo Lacher, Präsident von Julius Bär und Vertreter der traditionellen Finanzwelt an dem Treffen im Engadin.
Zweitbester Zeitpunkt
Der geschäftsführende Partner von Union Square Ventures und frühe Investor von Etsy, Albert Wenger, muss dagegen nicht von der Attraktivität von Kryptowährungen überzeugt werden. «Jetzt ist der zweitbeste Zeitpunkt in der Geschichte, in Bitcoin zu investieren», sagte er am Ende des ersten Konferenztages. Er gab zu, dass er im Jahr 2009, dem vorherigen besten Zeitpunkt, nicht in die Währung investiert hatte.
Andere Teilnehmer betonten, dass der Bitcoin Einbruch von knapp zwei Drittel vergangenen Jahr dazu beigetragen habe, weniger seriöse Projekte aus dem Markt zu drängen, so dass qualitativ hochwertige Gründer mit attraktiven Möglichkeiten zu realistischen Bewertungen übrig bleiben.
Nächste Welle
Andere Redner plädierten darauf, weniger über Technologie zu sprechen und stattdessen greifbare Lösungen für reale Bedürfnisse vorzuschlagen. Sie sagten, dass die nächste Krypto-Welle weniger durch DeFi (Decentralized Finance) und Blockchain-Protokollen, als mehr durch konkrete Geschäftsmodelle angetrieben werden wird.
Es spricht aber auch nichts dagegen, dass diejenigen, die auf dieser künftigen Welle reiten wollen, den bescheideneren Ton beibehalten.