Wegen den Preisschwankungen am Strommarkt aktiviert der Bund einen milliardenschweren Rettungsschirm. Die Versorgerin Alpiq begrüsst den Schritt – dort hat eine Anlagestiftung der Credit Suisse Hunderte Millionen Pensionskassen-Gelder investiert.
Jetzt geht es plötzlich ganz schnell. Per Notverordnung hat der Bund dem Versorger Axpo am (gestrigen) Montag einen Kredit von bis zu 4 Milliarden Franken zur Verfügung stellt, um die Liquidität des für die hiesige Stromversorgung kritischen Unternehmens sicherzustellen. Damit gelangt der umstrittene staatliche Rettungsschirm für die Schweizer Energiebranche erstmals zum Einsatz.
Dies, nachdem es an den europäischen Energiemärkten aufgrund des Krieges in der Ukraine und der Überholung diverser französischer Atomkraftwerke zu starken Preisaufschlägen gekommen ist. Als Folge der überschiessenden Preise müssen die Teilnehmer im Stromhandel für die verkaufte Produktion auf kurze Frist teils milliardenschwere Sicherheiten hinterlegen – ansonsten droht der Ausschluss.
Höchst erfolgreich beim Einsammeln
Axpo hatte sich bis vor Kurzem noch gegen die Idee einer Staatshilfe gewehrt; nun musste das Management in Bern um Hilfe bitten.
Die sich überschlagenden Ereignisse in der Schweizer Strombranche sind auch für das Finanzwesen relevant. Seit Jahren pumpen nämlich Pensionskassen und institutionelle Investoren Gelder in hiesige Kraftwerke und Versorger. Am erfolgreichsten tut dies die CSA Anlagestiftung, die rund 1,7 Milliarden Franken von über 170 Schweizer Pensionskassen in heimische Energieinfrastruktur investiert hat; das Vehikel gehört zur Grossbank Credit Suisse (CS), während die Zürcher Spezialistin Energy Infrastructure Partners (EIP) für die Verwaltung des Portfolios zuständig ist.
Zurückhaltend gegenüber Bundeshilfen
Prominent in diesem Portfolio figuriert die Axpo-Konkurrentin Alpiq. Die Versorgerin mit Sitz in Lausanne, die unter anderem die Atomkraftwerke Gösgen und Leibstadt betreibt, gehört zu 33,3 Prozent der CSA Anlagestiftung.
Im Gegensatz zur Axpo stand Alpiq dem Rettungsschirm des Bundes nicht feindlich gegenüber und begrüsste am Dienstag in einer Mitteilung das Signal, das damit nun gesetzt wird. Gleichzeitig betonte das Unternehmen, zurzeit keine Bundeshilfen in Anspruch zu nehmen. Man bleibe zuversichtlich, dies auch bei weiterhin herausfordernden Marktbedingungen nicht tun zu müssen.
Wegen Sicherheiten tief rot
Allerdings untersteht nun auch Alpiq den Verpflichtungen der Notverordnung. Als Akteurin am Strommarkt hat sie ihre Produktion mittelfristig abgesichert, aber ist trotzdem Teil des Marktes, der derzeit enormen Verwerfungen ausgesetzt ist. Dies zeigte sich überdeutlich im Halbjahresabschluss der Gruppe. So vermochte Alpiq als Profiteurin der Preissteigerungen am Strommarkt den Betriebsgewinn zum Vorjahr um 37 Prozent zu steigern. Wegen den teuren Sicherheiten erlitt das Unternehmen aber einen Reinverlust von 592 Millionen Franken.
Das enorme Minus ist zwar nur buchhalterisch, da die Sicherheiten nach gegebener Frist zu Alpiq zurückfliessen. Doch muss sich noch weisen, wie sich die temporäre Delle auf die Gewinnverteilung Ende Jahr und damit auf Aktionäre wie die CSA Anlagestiftung und deren Pensionskassen-Kunden auswirkt.
Müssen Aktionäre tiefer in die Taschen greifen?
Auch ist unklar, ob die Grossaktionäre Alpiq nochmals Liquidität vorhalten müssen. Im vergangenen Januar, als sich die Turbulenzen am Strommarkt bereits akzentuierten, haben die Eigner zusätzliche Liquidität von 223 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Damals wurde auch eine Erhöhung auf 300 Millionen Franken diskutiert. Ob es nun dazu kommt und auch CSA tief in die Taschen greifen muss, ist unklar.
CSA und EIP äusserten sich auf Anfrage von finews.ch wie folgt: «Die Aktionäre haben Alpiq seit Beginn des Jahres bereits temporär zusätzliche Liquidität zur Verfügung gestellt. Dies verbesserte den Handlungsspielraum von Alpiq und machte das Unternehmen widerstandsfähiger gegenüber den Marktentwicklungen.» Die Aktionäre stünden nun im engen Austausch mit Alpiq und analysierten die Situation laufend.
Alpiq vertraut auf Eigner
Ein Sprecher von Alpiq unterstrich nochmals, dass das Unternehmen alles daran setze, um sich den nötigen Handlungsspielraum aus eigener Kraft zu erhalten. Es befinde sich im steten Austausch mit den Eigentümern. «Die Aktionäre werden Alpiq wie schon zuvor bei Bedarf bestmöglich unterstützen», hiess es.
Sicher ist: die Kunden der CSA Anlagestiftung sind langfristig in Schweizer Energieinfrastruktur «eingelockt». Nun erfolgt für das Vehikel eine erste Feuerprobe – wobei die Pensionskassen nur hoffen können, dass die Zeit etwaige Wunden heilen wird.