Reuss_WasserViele Anleger sind vermehrt auf der Suche nach neuen Investment-Chancen. Ist die Energie-Branche eine Option für künftige Renditen?

Tiefe Zinsen, volatile Märkte und zunehmende Überhitzungssignale aus den Schwellenländern machen es für viele Investoren schwierig, zuverlässige und vor allem auch nachhaltige Anlagen zu finden.

Vor diesem Hintergrund und aus Anlass seines zehnjährigen Bestehens organisierte der Aargauer Vermögensverwalter Reuss Private vergangene Woche einen Wirtschaftsapéro. Der erste Anlass dieser Art stand unter dem Thema «Strommarkt in Bewegung: Wohin geht die Reise?»

Mehr Strom produzieren

Giovanni_LeonardiZur Einleitung präsentierte Giovanni Leonardi (Bild), CEO des Schweizer Energiekonzerns Alpiq, einige Herausforderungen in Sachen Strommarkt. Dabei zeigte er auf, wie sehr das Thema politisiert wird und gleichsam mit vielen Missverständnissen einher geht.

Für Leonardi kommt es entsprechend einem Spagat gleich, einerseits den CO2-Ausstoss über die nächsten Jahre massgeblich zu senken, wenn zugleich der Energie-Verbrauch weltweit weiter zunimmt. Darum, so Leonardi weiter, müsse die fossile Energie, die nach wie vor einen sehr hohen Anteil am Verbrauch ausmache, effizienter eingesetzt und durch mehr Stromkapazitäten ersetzt werden. «Wir müssen deshalb sicher mehr Strom produzieren», sagte der Alpiq-CEO und betonte dabei auch, dass die Schweiz unter diesen Prämissen ein bilaterales Strom-Abkommen mit der EU anstreben müsse.

Korrektur erhofft

«Die Schweiz muss als Stromdrehscheibe Europas verstärkt werden», sagte Leonardi. «Wir haben wertvolle Spitzenenergie aus unseren Stauseen, und die EU will den Transit. Darum müssen wir uns austauschen, und das heisst, dass wir in einem gemeinsamen Markt ähnliche Spielregeln brauchen.»

Leonardi wies weiter darauf hin, dass der Strom in der Schweiz immer noch relativ günstig ist, und dies obwohl die Preise gestiegen seien. Allerdings seien es dabei vor allem die Abgaben und Gebühren, die zugenommen hätten, insbesondere dort, wo der Staat das Sagen habe.

«Doch der gleiche Staat drückt die Preise bei der Produktion von Strom, indem nicht der Marktpreis gilt, sondern die Gestehungskosten massgebend sind», so Leonardi weiter, der sich nun von der Revision des Stromversorgungsgesetzes 2015 eine gewisse Korrektur erhofft.

Zwei neue Kernkraftwerke nötig

Abschliessend unterstrich der Alpiq-CEO, wie wichtig die Versorgungssicherheit sei, die indessen nicht von selbst komme. Vielmehr brauche es einen Mix an Energiequellen, zu denen sicherlich Wind, Sonne und Wasser gehörten, aber genauso die Kernenergie. Vor diesem Hintergrund sagte Leonardi: «Wir brauchen zwei neue Kernkraftwerke. Das ist die einzige Chance, um genügend Strom zu produzieren – CO2-frei.»

Weiter forderte Leonardi, dass die Verfahren in der Schweiz beschleunigt würden. Denn nur so liessen sich die erforderlichen Investitionen für ein zeitgemässes Übertragungsnetz tätigen. Und, fügte der CEO noch an: «Man kann nur investieren, wenn man auch Geld verdient.» Also sei ein fairer Strompreis gefragt, der einher gehe, mit einer zurückhaltenden Regulierung.

Anlagemöglichkeiten im Energiesektor

Dominique_Candrian_2Im zweiten Teil des Wirtschaftsapéros beschrieb der Finanzexperte Dominique Candrian (Bild) verschiedene Anlagemöglichkeiten im Energiesektor. Er ist Gründer und CEO der Firma EIC Partners, die über verschiedene Fonds entsprechende Investments tätigt.

Als eine vielversprechende Anlagegruppe nannte Candrian die Lieferanten von Solar- und Windanlagen, die auf Grund hoher Wachstumsraten auf Jahre hinaus grundsätzlich attraktive Investmentchancen bieten würden. Bei der Titelselektion gelte es allerdings, im Hinterkopf zu behalten, dass der Druck zu Preissenkungen global zunehmen werde. Deshalb, so Candrian weiter, konzentriere er sich auf Unternehmen, die in ihrem jeweiligen Segment die Kostenführerschaft hätten.

Ergänzungen zu Solar- und Windkraft

Eine zweite Investmentchance bietet der Ausbau der assoziierten Netzinfrastruktur. Interessant seien in diesem Zusammenhang Energieversorger, die mit diesem Vorhaben betraut worden seien. Sie würden von der attraktiven Kombination hoher Wachstumsraten einerseits und regulierter Erträge andererseits profitieren. «Bei der Aktienwahl gilt es aber zu berücksichtigen, dass bei weitem nicht alle Netzprojekte auch effektiv realisiert werden», unterstrich Candrian.

Eine dritte Anlagechance ergebe sich schliesslich aus der zunehmenden Bedeutung der Regelenergie, sagte der EIC-Partners-Chef. «Flexibel einsetzbare Kraftwerke bilden die natürliche Ergänzung zu Solar- und Windkraft. Wegen der schwer voraussehbaren Produktionsmengen werden die Spot-Strompreise in der Zukunft jedoch stärker schwanken», betonte Candrian.

Hohe Dividenden in Europa

In einem solchen Umfeld könnten vor allem Pumpspeicher-Kraftwerke attraktiv betrieben werden, was wiederum ein Anlagethema sei, mit dem sich eine gewisse Diversifikation erzielen lasse, sagte Candrian.

In Anbetracht der grossen Entwicklungsrisiken bevorzuge er aber Versorger, die abgeschriebene Anlagen betreiben würden, unterstrich Candrian.

Abschliessend wies Alpiq-CEO Giovanni Leonardi auch noch auf die künftige Attraktivität grosser staatlicher Stromversorger in Europa hin. Denn angesichts der hohen Staatsverschuldung würden die einzelnen Regierungen alles daran setzen, aus allen möglichen Quellen Geld zu schöpfen.

Das dürfte sich in diesem Fall in Form hoher Dividenden niederschlagen. Ein Umstand, an dem Privatanleger durchaus profitieren könnten, folgerte Leonardi.

Weitere Veranstaltungen geplant

Adriano_LucatelliDem ersten Wirtschaftsapéro von Reuss Private im ehemaligen Kraftwerk an der Reuss bei Bremgarten sollen weitere Anlässe zu aktuellen Themen folgen.

Wie von Reuss-Private-CEO Adriano Lucatelli (Bild) zu erfahren, könnte die eine oder andere Veranstaltung auch einmal in Zürich stattfinden.


Ebenfalls zum Thema: «Negative Strompreise als Knappheitssignal?»

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