Schweizer Banken haben ein grosses Potenzial, sich als Hüter sensibler Daten zu positionieren. Durch einen proaktiven Dialog mit den Kundinnen und Kunden können sie besser verstehen, was spezifische Anliegen und Bedürfnisse auf Kundenseite sind und sich positiv von «Datenkraken» der «New Economy» abgrenzen, schreibt die Bankiervereinigung.
Von Michael Burkhalter, Head Data Insight & Innovation, Credit Suisse SUB
Wussten Sie, dass Sie im Schnitt täglich über ein Gigabyte an Daten erzeugen? Schätzungen gehen sogar davon aus, dass sich diese Datenmenge bis 2025 verdoppeln wird. Wussten Sie auch, dass Ihre Daten im Schnitt von besuchten Webseiten und Online-Services über 50 Mal pro Tag für Auswertungen und Profiling verwendet werden und Sie entsprechend Ihres Datenprofils Inhalte gezielt sehen respektive nicht sehen?
Daten sind, gemäss Definition, primär durch Beobachtungen, Messungen und statistische Erhebungen gewonnene (Zahlen)werte, darauf beruhende Angaben und formulierbare Befunde. Daten haben einen hohen Stellenwert in unserem privaten Leben und den Wertschöpfungsketten in der Wirtschaft, und werden immer wichtiger. Nicht zuletzt durch den viel beschworenen Informationsvorsprung gegenüber Mitstreitern erhält das Thema Daten und insbesondere die Datenanalyse teilweise mystische Bewunderung.
Dies, obwohl die Wissenschaft der Datenanalyse auf faktischen und unumstösslichen Regeln beruht und in ihrer Grundform nicht weiter von dieser Glorifizierung entfernt sein könnte. Dennoch herrscht in unserer Gesellschaft nach wie vor grosse Unsicherheit bezüglich der Angabe und Weitergabe von Daten. Dies zeigt sich an einem einfachen Beispiel: Wir geben ohne Weiteres private und teils sehr sensitive persönliche Daten auf Social Media von uns preis, kommen aber ins Grübeln, wenn wir im Kontext unserer Finanzberatung zusätzliche Daten für das Formular A (wirtschaftlich berechtigte Person) angeben müssen.
Vertrauen ist die Basis einer nachhaltigen Partnerschaft
Diese Diskrepanz verdeutlicht gleichzeitig aber auch, dass Schweizer Banken in dieser Hinsicht ein enorm grosses Potenzial haben, sich als Hüter sensibler Daten zu positionieren. Warum? Kunden vertrauen den Banken ihr Geld an, weil sie sich darauf verlassen, dass Banken damit sorgsam, sicher und in ihrem Sinne handeln. Wie in diesem Blogbeitrag aufgezeigt, kann dieses Vertrauen in Zukunft ein starker Wettbewerbsvorteil sein, wenn wir eben genannte Rolle analog auf die Daten anwenden.
So könnten Banken durch einen proaktiven Dialog mit ihren Kundinnen und Kunden besser verstehen, was deren spezifische Anliegen und Bedürfnisse sind und sich folglich positiv von Datenkraken der «New Economy» abgrenzen. Gleichzeitig erhalten die Banken qualitativ hochwertige und umfassende Daten ihrer Kundinnen und Kunden, mit denen neue und optimierte Geschäftsfelder erschlossen werden können.
Das Zauberwort zur Umsetzung dieser Positionierung heisst Data Analytics, zu Deutsch Datenanalyse. Hierbei handelt es sich um einen stringenten, technischen Prozess der Datenerhebung, von der Inspektion über die Bereinigung und Umwandlung bis hin zur Modellierung und Visualisierung.
Das Ziel ist dabei immer das gleiche: nützliche Informationen zu entdecken, Schlussfolgerungen zu ziehen und die Entscheidungsfindung durch eine leicht verständliche Visualisierung der Ergebnisse zu unterstützen. Die im Leitfaden zum Umgang mit Daten im Geschäftsalltag der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) vorgestellten Anwendungsfälle verfolgen alle diese zu Grunde liegende Vorgehensweise und verbinden sowohl die rechtlichen Anforderungen als auch die genannten spezifischen analytischen Prozesse und deren Umsetzung.
Im Zentrum stehen die Kundinnen und Kunden, nicht Ihre Daten
Der Erfolg respektive der Wert, der durch Datenanalyse erzielt werden kann, hängt stark davon ab, wie dieser Prozess gestaltet wird. Es ist enorm wichtig, einen offenen und konstruktiven Dialog zwischen Auftraggeber und Konsumenten der Datenanalyse (teilweise auch Kunden), Legal, Compliance, Datenschutzbeauftragen und weiteren involvierten Stellen innerhalb der Bank zu etablieren und die jeweiligen Gesichtspunkte mit in den Prozess einzuarbeiten.
Der Einbezug all dieser Anspruchsgruppen ermöglicht es, ein gemeinsames Verständnis der Ziele zu erarbeiten, die erzielten Resultate im richtigen Kontext zu präsentieren und den individuellen Kunden mit seinen Bedürfnissen so in den Mittelpunkt der Arbeiten zu stellen. Dadurch wird nicht nur der Analytics-Prozess kosteneffizient und transparent, sondern wie zu Beginn aufgeführt auch das Verständnis und somit die Akzeptanz der Resultate sowohl intern als auch bei den Kunden gesteigert.
Bei der Credit Suisse Schweiz wird dieser Dialog aktiv geführt und der Umgang mit Daten in einem umfassenden Prozess dokumentiert. Über diesen werden alle wichtigen Stakeholder eingebunden. Zudem erlaubt er es, transparent und effizient die Analytics-Themen zu erarbeiten, zu «reviewen» und zu implementieren. Somit wird sichergestellt, dass auch in Zukunft die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden oberste Priorität haben.
Michael Burkhalter (LinkedIn) ist Data Scientist und Head Data Insight & Innovation im Rang eines Directors bei der Credit Suisse Schweiz. Er ist Mitverfasser des von der Schweizerischen Bankiervereinigung herausgegebenen Leitfadens zum Umgang mit Daten im Geschäftsalltag. Seine berufliche Tätigkeit beschreibt er mit dem Slogan «Turning Data into Insights and Insights into Value».