Die Kombination aus finanzieller Performance und einem umfassenden Verständnis dessen, was langfristig mit unserer Welt auf dem Spiel steht, werde die Bedeutung von ESG-Investitionen zusätzlich stärken, sagt Anne-Laurence Roucher, Deputy CEO des französischen Asset Managers Mirova.
Die Corona-Pandemie hat die Art und Weise wie Investoren ihr Geld anlegen, grundsätzlich verändert. Vor allem hat Covid-19 drei Aspekte ins Sichtfeld gerückt, die bis dato viele Anlegerinnen und Anleger verdrängt hatten: Erstens: Die Globalisierung von Wirtschaft und Handel zeitigt bisweilen unerfreuliche Nebenwirkungen. Zweitens: Unser Verhältnis zur Natur muss überdacht werden. Und drittens: die Erkenntnis, dass unser Gesellschaftsmodell langfristig nicht nachhaltig funktionieren kann.
Zu diesen Schlüssen kam Anne-Laurence Roucher, Deputy CEO von Mirova, einer Tochtergesellschaft des französischen Vermögensverwalters Natixis Investment Managers, an einem kürzlichen Online-Forum. Insofern lasse sich Covid-19 durchaus als Weckruf für künftige Katastrophen interpretieren, die möglicherweise noch schlimmere Folgen mit sich bringen könnten, wie sie weiter ausführte.
Langjährige Erfahrung
Roucher lieferte dazu auch ein Stichwort: Klimakrise. «Wir müssen die bisherige Abschöpfung der Natur gründlich hinterfragen. Denn deren unerfreulichen Nebenwirkungen sind nicht immer offensichtlich: Sie könnten uns aber eines Tages mit aller Härte treffen. Vor diesem Hintergrund verändern sich zwangsläufig auch die Prioritäten der Investorinnen und Investoren. Mirova als Pionier in nachhaltigen Anlagen ist insofern gut positioniert und setzt ESG-Kriterien nicht bloss als Marketing-Massnahme ein, sondern aufgrund einer langen Erfahrung, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt.
ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und ordnungsgemässe Unternehmensführung. Nach diesen Kriterien werden heute nachhaltige Anlagen ausgewählt, wobei die Definition dieser drei Themen nicht einheitlich ist. Umso wichtiger ist eine langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet – nicht zuletzt auch, um Vergleichsmöglichkeiten zu haben.
Wirkung zählt immer mehr
Roucher stellt sich im Zusammenhang mit künftigen Investitionen vor allem eine Frage, wie sie anlässlich des Natixis-Forums weiter ausführte: Welche Branchen und im Besonderen welche Unternehmen bieten morgen das grösste Potenzial, weil sie den epochalen Wandel antizipieren. Damit einher geht der ESG-Ansatz – sofern er korrekt und diszipliniert angewendet respektive umgesetzt wird. «Wir sind nicht deshalb nachhaltig, weil wir glauben, dass dies kurz- bis mittelfristig zu einer finanziellen Outperformance führen wird. Wir sind nachhaltig, weil wir an den langfristigen Impact von ESG glauben», sagt die Expertin von Mirova.
Unter diesen Prämissen kommt Roucher denn auch zum Schluss, dass mit zunehmender Differenzierung der ESG-Investitionen die Wirkung, die über die eigentliche Investition und deren Rendite hinausgeht, immer relevanter wird, besonders für institutionelle Investoren, die einer noch grösseren Verantwortung ausgesetzt sind.
Soziale Komponente
Ein Beispiel dafür sind die sozialen Ungleichheiten, die im Zuge der Bewältigung der Corona-Pandemie entstanden. Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen, die systemrelevante Dienstleistungen zum Beispiel in der Gesundheitsversorgung erbringen, kämpfen an vorderster Front gegen die Pandemie und sind einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Davor müssen sie entsprechend geschützt und honoriert werden. Derweil können viele höhere Einkommensklassen ihre Arbeit sicher von zu Hause aus erledigen. Solche sozialen Überlegungen müssen künftig auch in eine nachhaltige Anlagestrategie einfliessen.
Fachleute sind sich einig: Die Kombination aus finanzieller Performance und einem umfassenden Verständnis dessen, was langfristig auf dem Spiel steht respektive herausschaut, wird die Bedeutung von ESG-Investitionen zusätzlich stärken.