Der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn betont, dass das Finanzsystem nach wie vor in Scherben liege und der Aufschwung abgewürgt werden könnte.
Noch seien die Banken nicht über den Berg, zumal der Löwenanteil der Abschreibungen auf toxische Papiere erst noch im neuen Jahr komme, sagte der Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung am Wochenende in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Laut Sinn wurden erst 42 Prozent der notwendigen Abschreibungen in den Bilanzen der westeuropäischen Banken offengelegt.
Mit den Abschreibungen kommt laut Sinn eine weitere Kreditklemme auf uns zu. Um die Eigenkapitalvorgaben von Basel II nicht zu verletzten, müssten die Banken mehr Eigenkapital bilden. Sie könnten die Liquidität, die die Zentralbanken bereitstellten, deshalb nicht vollumfänglich als Kredite an Firmen weitergeben. Damit seien die für den Aufschwung nötigen Investitionen gefährdet.
Aktuelle Kernkapitalquote zu tief
Statt sich mit billigem Geld der Notenbanken zu refinanzieren, sollten die Banken lieber Aktien ausgeben, fordert Sinn. Fänden sich keine Käufer, solle der Staat einspringen. Um für die Zukunft einen höheren Eigenkapitalpuffer zu haben, müssten die Mindesteigenkapitalquoten zudem heraufgesetzt werden. Klar sei, dass die derzeitige Kernkapitalquote von 4 Prozent des Basel-Systems zu tief sei.
Eine Kernquote von 8 Prozent, die komfortabel erscheine, ergäbe in der Bilanz nämlich erst eine Eigenkapitalquote von weniger als 2 Prozent. «Das sind gefährlich niedrige Eigenkapitalwerte. Sie erzeugen unseriöse Geschäftsmodelle für die Banken, die zum Zocken verleiten, um hohe Renditen zu erzielen», wird Sinn zitiert. Die Chance, bei den Banken eine Änderung des Geschäftsmodells durchzusetzen, sei jedoch leider verpasst worden.