Bereits buhlen mehrere Finanzzentren um die junge Kryptofinanz-Branche. Obwohl die Szene im virtuellen Raum operiert, herrscht ein harter Standortwettbewerb. Die Schweiz droht ins Hintertreffen zu geraten – gegenüber Singapur.
Benjamin Lawsky ist streng mit den Banken. Die Credit Suisse wie auch die britische Bank Standard Chartered verdonnerte der Leiter der New Yorker Bankenregulierung zu Bussen von mehreren Hundert Millionen Dollar.
Ganz zahm zeigt sich der gefürchtete Wachhund im Gegensatz dazu, wenn es um Kryptofinanz geht: Lawsky macht sich neuerdings persönlich dafür stark, dass Startups rund um Bitcoin & Co in der Finanzmetropole bessere Bedingungen vorfinden.
Wie der amerikanische Finanznachrichten-Dienst «Bloomberg» berichtet, will Lawsky für die Pioniere des digitalen Finanzwesens nun vereinfachte Lizenzen schaffen. «Es muss einen Weg geben», sagt Lawsky, «dass solche Startups sich an Regeln halten, ohne von Compliance-Kosten erdrückt zu werden.»
Willkommen im «Crypto Valley» Zug
In der aufstrebenden Kryptofinanz sorgen die Schalmeienklänge aus New York für Aufsehen. Denn bisher galten die Gesetzgeber in den USA gegenüber der noch jungen Industrie als besonders feindlich eingestellt. So feindlich gar, dass die amerikanisch dominierte Szene in andere Länder auswich – auch in die Schweiz, wo sich der Kanton Zug bereits zum «Crypto Valley» mausern konnte.
An die 15 Digital-Finance-Startups würden abwägen, sich dort niederzulassen, berichtete unlängst das Wirtschafts-Wochenblatt «Handelszeitung».
Mit Initiativen wie jener Lawskys könnten die Vorteile der Schweiz jedoch schnell dahinschmelzen. Es wird deutlich: Obwohl die Kryptofinanz vorab im virtuellen Raum operiert, hat auch hier ein Wettbewerb der Standorte begonnen. Und wie sich zeigt, muss es die Schweiz dabei nicht nur mit den USA aufnehmen, sondern auch mit aufstrebenden Ländern wie Singapur. Umso mehr ist Tempo gefragt.
Steine in den Weg gelegt
In der Schweiz wurden der Kryptofinanz – Krypto, weil die virtuellen Transaktionen mit Verschlüsselungstechnik gesichert werden – zuletzt eher Steine in den Weg gelegt. So stoppte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) letzten März den Betrieb der ersten Schweizer Bitcoin-Automaten.
Der Grund: Der Zahlungsverkehr-Anbieter Bitcoin Suisse war damals noch nicht offiziell der Finma oder einer Selbstregulierungs-Organisation unterstellt.
Im Juli erhielt Bitcoin Suisse dann doch grünes Licht; sie darf fortan in der Schweiz als Finanzintermediärin und Vermögensverwalterin tätig sein. Hinter den Kulissen laufen derweil die Bemühungen auf Hochtouren, um für den neuen Finanzzweig Rechtssicherheit zu schaffen.
Ermutigende Signale
Federführend mit dabei ist Johann Gevers (Bild), Chef der auf Kryptofinanz-Lösungen spezialisierten Software-Firma Monetas in Zug und Vorstandsmitglied des Schweizer Bitcoinverbands. Gevers rief auch die Digital Finance Compliance Association ins Leben, die sich nun mit den drängensten Rechtsfragen beschäftigt. «Wir bemühen uns derzeit, in der Schweiz einen stabilen Rahmen für die Entwicklungen von Krypto-Währungen zu schaffen», sagte Gevers gegenüber finews.ch. Die Signale, die man diesbezüglich von Aufsicht, Kantonen und Bundesbehörden erhalte, seien «sehr ermutigend».
Finma-Entscheid Anfang 2015
Bis Ende Jahr wird ein Bericht des Bundes erwartet, der den Kurs der Schweiz in Sachen Kryptowährungen festlegt. Auch die Aufsicht soll dann soweit sein. «Bis Anfang 2015 sollten wir mit der Finma eine Übereinkunft bezüglich des rechtlichen Rahmens für Finanzdienstleistungen im Krypto-Bereich erreichen», hofft Digital-Finance-Aktivist Gevers.
Das ist umso wichtiger, als die einfachere Regulation das schlagende Argument für den Schweizer Standort ist. «Das Umfeld für Start-ups ist hier eher schwierig», gibt Gevers zu bedenken. Mit Innovations-Hochburgen wie dem kalifornischen Silicon Valley kann diesbezüglich auch das unternehmerfreundliche Zug nicht mithalten.
Erneuter Wettbewerb mit Singapur
Derweil sind andere Standorte daran, sich für den aufstrebenden Finanzzweig ins rechte Licht zu rücken. Kennern der Szene zufolge ist das vorab Singapur, das über eine anpassungsfähige Aufsicht und ein grosses Reservoir an bestens ausgebildeten IT-Fachkräften verfügt.
Nachdem der asiatische Stadtstaat schon dem Schweizer Private Banking harte Konkurrenz macht, könnte hier schon bald ein neuer Wettkampf entbrennen.