Die Serie der Bancomat-Sprengungen in der Schweiz reisst nicht ab. Zuletzt traf es die Neuenburger Kantonalbank in La Brévine. Jetzt zieht die Bank die Reissleine und schränkt den Service für Kunden ein.

Die Neuenburger Kantonalbank (BCN) hat einige ihrer Geldautomaten bis auf Weiteres ausser Betrieb genommen. Betroffen sind im Kanton die Standorte in Les Verrières, Les Ponts-de-Martel, Couvet und Les Eplatures Est in La Chaux-de-Fonds. Die Bancomaten werden geleert und abgeschaltet, schrieb das Geldhaus in einer Mitteilung vom Montag.

Damit reagierte die BCN auf die Sprengung ihres Bancomaten in La Brévine NE in der Nacht auf Montag. Das ist eine weitere Eskalationsstufe, nachdem die Bank bereits zuvor Massnahmen getroffen hatte und etwa die Geldbeträge, die in den Geräten vorhanden sind, deutlich reduziert hatte.

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Tatort in La Brévine (Bild: Police neuchâteloise)

Nun auch Verletzter

Durch die Explosion in La Brévine entstand erheblicher Schaden und ein in der Nähe der Bankfiliale wohnhafter junger Mann wurde verletzt. Er erlitt einen schweren Schock und wurde von einer Ambulanz ins Spital gebracht, wie die Kantonspolizei Neuenburg am Montag mitteilte. Die Täter flüchteten demnach ohne Beute.

Auch die Jurassische Kantonalbank hatte zuvor bereits mehrere Bancomaten abgeschaltet und auch die Migros-Bank hat an einigen Standorten die Zeiten, in denen ihre Automaten zugänglich sind, eingeschränkt.

2022 mit Sprengungs-Rekord

In den vergangenen Jahren hatte es eine steigende Zahl von entsprechenden Angriffen auf Geldautomaten gegeben. Dabei kam es häufig zu hohen Sachschäden, nicht nur an den Bancomaten selbst, sondern auch an den betroffenen Gebäuden.

Allein im Mai wurden in der Schweiz sieben Bankomaten gesprengt. Laut dem Bundesamt für Polizei Fedpol gab es hierzulande im Jahr 2022 eine rekordhohe Anzahl von Angriffen. Gezählt wurden rund 30 Attacken durch Gas und Sprengstoff. Im vergangenen Jahr waren es 23 Fälle. Aufbruchsversuche oder das Herausbrechen der Automaten wurden demgegenüber in diesen vergangenen beiden Jahren 26 beziehungsweise neun gezählt.

Ziel der oft als organisierte Banden agierenden Täterschaft sind vor allem freistehende Automaten und abgelegene Standorte. Das Fedpol vermutet hinter Angriffen mit Sprengstoff mehrheitlich Täterkonstellationen aus Rumänien und den Niederlanden. Sprengungen mit Gas würden vor allem serbische und rumänische Tätergruppierungen verüben.

Expertengruppe soll «Best Practice» finden

Das Problem hatte sogar schon den Bundesrat beschäftigt. In einer Antwort auf ein Postulat von FDP-Nationalrat Olivier Feller verwies die Regiegung auf Expertentreffen zwischen Behörden und Bankvertretern. Damit sollen Massnahmen schweizweit koordiniert werden. Dabei gehe es darum gemeinsame, konkrete «Best Practices» zu entwickeln, die sowohl an die Schweizer Verhältnisse als auch an den Standort des jeweiligen Geldautomaten angepasst sind und schnell umgesetzt werden können.

Das Fedpol verweist etwa auf die in den Niederlanden angewandten Strategien. Die Anzahl der Geldautomaten-Angriffe seien dort dank enger Zusammenarbeit zwischen den Bankvereinigungen und den Strafverfolgungsbehörden minimiert worden.

Als Gegenmassnahmen kommen dabei neben der Senkung des Bar-Bestands auch sogenannte «dye-packs» oder «glue-packs» in Frage, also Farb- und Klebstoffkartuschen, die die Geldscheine bei einer registrierten Attacke unbrauchbar machen. Doch ensprechend ausgestattete Automaten sind in der Schweiz noch nicht weit verbreitet und die Umrüstung teuer.

Verlagerung wegen Fahndungsdruck

Der höhere Druck der Verfolgungsbehörden in den Niederlanden hatte in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich die organisierten Banden stärker Richtung Deutschland, Belgien oder eben auch der Schweiz orientiert haben.

Laut den Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gibt es hierzulande aktuell noch 6’120 Geldautomaten. 2020 waren es noch rund 7'200.