Der Credit Suisse ist das lange Schweigen ihres damaligen CEO Ulrich Körner mit zum Verhängnis geworden. Auffällig ist nun, wie der neue Chef der UBS-CS, Sergio Ermotti, pausenlos sendet – als nächstes am WEF in Davos. Trotzdem ist nun etwas anders.
Am diesjährigen WEF, das am (heutigen) Montag in Davos beginnt, stehen sich die Spitzenleute der UBS beinahe auf den Füssen. Die grösste Schweizer Bank wird am Weltwirtschaft-Forum mit ihrem Präsidenten Colm Kelleher, Bankchef Sergio Ermotti sowie den einflussreichen Spartenleitern Iqbal Khan (Globale Vermögensverwaltung), Rob Karofsky (Investmentbank) und Suni Harford (Fondsgeschäft) vertreten sein, wie aus dem Programm hervorgeht.
Für eine geballte Ladung Kommunikation von höchster Stelle ist damit gesorgt – und die Botschaften werden dank der enormen Medienpräsenz in Davos global gehört werden.
Höhepunkt in den Bündner Bergen
Damit erlebt auch ein Trend der vergangenen Monate in den Bündner Bergen seinen Höhepunkt: Die Führungsriege der UBS kommuniziert seit der notfallmässigen Übernahme der Credit Suisse (CS) im vergangenen März wie ein Uhrwerk, und schickt dazu zumeist ihren obersten operativen Chef vor: Ermotti bestreitet Podien, tritt intern regelmässig auf und gibt Medieninterviews, zuletzt sogar im Doppelpack mit Swissmem-Verbandspräsidenten Martin Hirzel.
Die «Message» ist dabei im Wesentlichen immer dieselbe. Ja, der Zwangsverkauf der Credit Suisse (CS) ist ein Erfolg. Natürlich, auch Mitarbeitende der übernommenen Bank haben eine faire Chance auf einen Job. Und nein, die «neue» UBS ist für die kleine Schweiz nicht viel zu gross und zu gefährlich.
Knisternde Hirne
Seltener hält Ermotti strategische Referate, bei der man die Hirne der Bankstrategen im Hintergrund förmlich knistern hört – so der Vortrag vor der Swiss Risk Association, wo der Tessiner laut über Rettungszenarien für sein Unternehmen sinnierte.
Kommunikationsprofis haben sich darauf bereits einen Reim gemacht: Die UBS und ihre Führung hat vom Untergang der CS gelernt.
Unbedachte Äusserungen
Denn dieses «Ende» war zu guten Teilen Kommunikationspannen geschuldet. Damit sind nicht nur die unbedachten Äusserungen eines Führungsmitglied der CS-Grossaktionärin Saudi National Bank gemeint, die im März 2023 den zweiten und für die Bank fatalen «Bank run» auslösten.
Sondern auch das lange Schweigen des damaligen CS-Konzernchefs Ulrich Körner zur neuen Strategie, die er für die krisengeschüttelten Bank ausgearbeitet hatte.
Fatale Funkstille
So herrschte seit dem Antritt Körners als Bankchef im August 2022 Funkstille; die Führung schwieg bis zur Bekanntgabe der Strategie am Investorentag am 27. Oktober 2023 eisern zur Zukunft. Das schürte jedoch das Misstrauen von Kunden und Märkten.
Als dann ein australischer Blogger der Bank eine drohende Insolvenz unterstellte, erfolgte ein erster «Bank run» reicher CS-Kundinnen und Kunden. Ohne die zuvor bereitgestellte Notfall-Liquidität vonseiten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wäre das Institut schon damals untergegangen, wie die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) später eröffnete.
«Dick-Fuld-Effekt» bedürchtet
Doch Körner hüllte sich weiter in Schweigen. Die Bank schickte stattdessen ihren Präsidenten Axel Lehmann vor, der sich in der Folge zu problematischen Beschwichtigungsversuchen hinreissen liess. Diese ramponierten den Ruf der Führung bloss noch mehr und brachten das Institut ins Visier der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) und an der Börse unter Druck.
Im Nachhinein wirft Körners Schweigen Fragen auf. Eine Erklärung von profunden Kennern der Bank lautet, die Kommunikationsstelle habe den «Dick Fuld»-Effekt gefürchtet: Richard S. Fuld Jr. ist der letzte Chef der US-Investmentbank Lehman Brothers – jenes Instituts, das durch seine Pleite im Jahr 2008 beinahe das globale Finanzsystem in den Abgrund riss.
Angst vor Panik
Bis zuletzt wollte Fuld die fatale Lage der Bank nicht anerkennen und hielt sich mit Informationen zurück. Als er dann im September 2008 nicht mehr anders konnte, als an die Öffentlichkeit zu gehen, wurde das am Markt entsprechend gedeutet, und Panik machte sich breit.
Deshalb, so diese Quellen, habe man Körner nicht vorschicken wollen: Weil dies als Alarmsignal hätte gedeutet werden können.
Alles geplant
Die UBS befindet sich nun in einer ganz anderen Lage, und gelangt zu einem ganz anderen Schluss. Die Bank hat bisher bei der Übernahme der CS in hohem Tempo einige Wegmarken erreicht und – die Integration ist Chefsache – Ermotti regelmässig dazu berichten lassen. Daran dürfte sie auch in den kommenden Monaten festgehalten.
Der Fahrplan bis zum endgültigen Verschwinden der CS im Jahr 2026 steht, der Zusammenschluss der Schweiz-Gesellschaften UBS Switzerland und CS (Schweiz) soll noch 2024 erfolgen. Dem Vernehmen nach sind die nächsten Schritte mindestens bis Mitte Jahr haarklein geplant.
Klein-Klein mit Khan und Karofsky
Eine neue Nuance in der Verlautbarungsstrategie zeichnet sich dennoch ab – und wird mit den Auftritten am WEF vertieft werden: Weil jetzt das Klein-Klein in den Sparten, Bereichen und Teams beginnt, erhalten Management-Mitglieder wie Khan und Karofsky bei der Kommunikation nach aussen hin mehr Gewicht.
Den Auftakt machte unlängst Khan mit einem Interview in der «NZZ am Sonntag» (Artikel bezahlpflichtig), wo er sich marketingmässig optimal ausbreiten und sich gleichzeitig mehr oder weniger hinter die Aussagen seines CEO stellen konnte.
Schweigen ist riskanter
Nicht am WEF vertreten ist hingegen die UBS-Schweiz-Chefi Sabine Keller-Busse. Sobald die Integration der CS Schweiz mit den angekündigten Entlassungen beginnt, wird man wohl auch von ihr mehr vernehmen. Ihre Ankündigungen werden vermutlich teils schmerzhaft sein. Aber nicht darüber zu reden, das weiss die UBS seit dem CS-Debakel, ist weitaus riskanter.