Der UBS hat bei der Übernahme der Credit Suisse vorab deren Vermögensverwaltung im Blick. Doch das vermeintliche Filetstück nimmt sich nun schon deutlich weniger appetitlich aus.

Für jene Beobachter, die sich von der kombinierten UBS/CS bereits ein internationales «Wealth Management Powerhouse» erhoffen, dürften die Quartalszahlen der Credit Suisse (CS) vom Montag ein Dämpfer sein. Wie auch finews.ch berichtete, sind in der Vermögensverwaltung zwischen Januar und März mehr als 47,1 Milliarden Franken an Kundengeldern abgeflossen, wobei auch der Schweizer Heimmarkt betroffen war. Im Fondsgeschäft (CSAM) flossen bei der Grossbank 11,6 Milliarden Franken ab.

Hohe Ambitionen

Schlimmer noch: Die Abflüsse gingen zwar gegenüber der für die CS fatalen Tagen um den 19. März zwar zurück. Der Trend konnte jedoch seither nicht umgekehrt werden, wie das Institut weiter festhielt. Der Volumenschwund wird sich nun auch in Zukunft bemerkbar machen – die Bank rechnet aufgrund der Verminderung der verwalteten Vermögen und Einlagen mit einem Rückgang des Zinserfolgs und der wiederkehrenden Kommissions- und Gebührenerträge. Das habe im zweiten Quartal 2023 einen erheblichen Verlust im Wealth Management zur Folge.

Mit anderen Worten, der UBS schwimmen ausgerechnet in der für die Käuferin werthaltigsten CS-Sparte die Felle davon. Zur Erinnerung: Bankpräsident Colm Kelleher stellte seinen Aktionäre mit der Übernahme eine 5-Billionen-Dollar-Vermögensverwalterin im Private Banking und Asset Management in Aussicht. Damit solle weltweit die zweitgrösste Kraft im Wealth Management und das drittgrösste europäische Fondshaus entstehen, wie die UBS-Führung am 19. März vor Investoren ausführte (siehe Grafik unten).

Zum Vergleich: Ende 2022 zählte die Grossbank investierte Vermögen von 3,9 Billionen Dollar.

UBSCS Tab 500

(Grafik: UBS)

An der Personalfront Klarheit schaffen

Nun erhalten Kelleher & Co. dieses vermeintliche «Filetstück» der Transaktion angebrannt auf den Teller. So hat die CS im vergangenen Quartal eine Wertberichtigung der Sparte Wealth Management durchgeführt und den Goodwill der Division um 1,3 Milliarden Franken auf Null abgeschrieben – dies ebenfalls als Folge der milliardenschweren Abflüssen von Kundengeldern. Die CS hat zwar «proaktive Massnahmen» versprochen, um das Kundengeschäft zu schützen. Dennoch muss die Käuferin UBS nun zusehen, wie dieses im Wealth Management weiter abnimmt, noch bevor die Übernahme formell abgeschlossen ist.

Für die UBS, die am (morgigen) Dienstag ebenfalls Quartalszahlen präsentiert, besteht deshalb eine hohe Dringlichkeit, sich diesen Abflüssen entgegenzustellen. Insbesondere könnte dies erreicht werden, wenn die Grossbank an der Personalfront Klarheit schafft: Wie finews.ch recherchierte, finden sich zahlreiche Teams bei der CS in einer Art Warteschlaufe, solange nicht klar ist, wer die Führung übernimmt und wie es um die berufliche Zukunft bei der UBS/CS bestellt ist. Da UBS-Chef Sergio Ermotti erklärt hat, jeder Angestellte der kombinierten Bank werde gleich behandelt, dehnt sich die Unsicherheit auch auf die Mitarbeitenden der Käuferbank aus.

Schwindende Marge

Rein auf dem Papier kommt der UBS hingegen zugute, dass sie die CS mit 3 Milliarden Franken zu einem enormen Abschlag allein zum damaligen Börsenwert von 7,4 Milliarden Franken erwerben konnte. Wie Analysten der amerikanischen Grossbank J.P. Morgan jüngst vorrechneten, hätte die Käuferin selbst dann nicht zu viel bezahlt, wenn die CS im Wealth Management, dem Fondsgeschäft und der Schweizer Bank die Hälfte aller Kundengelder verlieren würde.

Das klingt nach einer weiten Marge – doch nachdem sich im ersten Quartal die insgesamt verwalteten Vermögen zum Vorjahr um 19 Prozent reduziert haben, ist diese bereits stark geschrumpft.