Die jüngsten Enthüllungen über die Dreistigkeit mancher Top-Manager innerhalb der Credit Suisse machen eine Erneuerung der Unternehmenskultur unabdingbar. Allerdings wird es damit nicht getan sein. Die Anreizsysteme müssen ebenfalls verändert werden.
Die am Dienstagabend publik gewordenen Verfehlungen der Credit Suisse (CS) in Sachen «Spygate» und «Mosambik» verlängern die Liste an Negativmeldungen, mit denen die Bank mittlerweile seit Jahren aufwartet. Die von den schweizerischen wie auch amerikanischen Behörden festgestellten Mängel sind diesmal dermassen eklatant, dass sie die wildesten Klischees von schlampiger Geschäftsführung übertreffen – und sie kulminieren in einer Verurteilung wie auch in einem weiteren Reputationsverlust.
Trotzdem ist nun etwas anders. Während die CS in der Vergangenheit frühere Gesetzesverstösse und Unzulänglichkeiten kategorisch abstritt und sich nicht einmal davor scheute, eine Beschwerde gegen die Prüfungsbeauftragte der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) vor Bundesgericht einzureichen – sprich: sie klagte gegen den eigenen Regulator –, gibt sie sich nun zum ersten Mal ansatzweise geläutert.
Kriminelle Organisation
Das hat sehr viel mit Unternehmenskultur und Vorbildlichkeit zu tun. Der Gegensatz könnte kaum frappanter sein: Als die CS 2016 eine Busse von 2,6 Milliarden Franken bezahlen musste, um den Steuerstreit mit den USA beizulegen, und von den amerikanischen Behörden als «kriminelle Organisation» gebrandmarkt wurde, brüstete sich der frühere Verwaltungsratspräsident Urs Rohner mit der Feststellung, «eine weisse Weste» zu haben.
Auch die früheren CEOs Brady Dougan und Tidjane Thiam zeigten sich nie einsichtig, wenn die Bank wieder einmal im Schlamassel sass. Deren Amtszeiten werden denn auch firmenkulturell kaum als leuchtende Beispiele in die Annalen der Schweizer Bankengeschichte eingehen.
Dreist und skrupellos
Im Gegensatz dazu spricht der nunmehrige Präsident António Horta-Osório seit seinem Amtsantritt im vergangenen April von einer dringend nötigen Erneuerung der Unternehmenskultur und der Tatsache, dass jeder Angestellter auch ein Risikomanager sein sollte. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf und schafft möglicherweise die Voraussetzung, dass sich die CS im Rahmen ihrer neuen Strategie irgendwann einmal aus der Negativspirale befreien kann.
Allerdings ist dies noch ein langer Weg. Denn zu lange hat innerhalb der CS eine Kultur vorgeherrscht, die das Unternehmertum fördert – wie dies die Bank auch in ihrer Werbung gerne unterstreicht –, allerdings im negativen Sinne; das zeigen die jüngsten Enthüllungen im Zusammenhang mit dem Mosambik-Skandal. Die überaus «unternehmerisch» handelnden CS-Manager frönten einem Geschäftsgebaren, das irgendwo zwischen Selbstüberschätzung und Kaltschnäuzigkeit mäanderte; dreist, skrupellos und sehr oft jenseits der Legalität.
Kreative Energie
Abhilfe wird hier nicht nur eine neue Unternehmenskultur schaffen; parallel dazu muss – elementar wie eh und je – eine Veränderung der Anreizsysteme einher gehen. Eine Veränderung, die es verhindert, dass die «kreative Energie» mancher CS-Banker nicht dauernd überschiesst. Kaum je hat sich das besser gezeigt als jetzt im Mosambik-Skandal – die CS-Banker ignorierten Vorschriften, kamen ihrer Meldepflicht nicht nach und jonglierten mit zweckentfremdeten Krediten.
Daraus lässt sich unschwer folgern, wie wichtig es wäre, die Gehälter im Banking drastisch zu senken; zum einen, weil sie in keiner Weise der erbrachten Leistung entsprechen, und zum andern, manche Mitarbeitenden zu einem Verhalten anstiften, das die Bank am Ende selber in den Ruin treibt.